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Rottweiler Arzt beklagt sich über Regress-Zahlung von 85.000 Euro. KV will gegen Ärztemangel vorgehen.

Kreis Rottweil - Die Geschichte über Leo Bartle, einen Allgemeinmediziner, der mit der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) im Clinch liegt, hat hohe Wellen geschlagen. Nun reagiert die KV auf die Vorwürfe.

Der Rottweiler Arzt Leo Bartle hatte den Umstand beklagt, dass er aufgrund des Ärztemangels im Kreis Rottweil immer mehr Patienten aufgenommen und behandelt habe und nun eine Regress-Zahlung von 85.000 Euro leisten solle. Grund waren laut KV-Schreiben "zeitlich auffällige Tage mit mehr als 14 Stunden pro Tag".

Zum laufenden Verfahren dürfe man natürlich nichts sagen, reagiert Kai Sonntag, Leiter der Stabsstelle Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Baden-Württemberg, darauf, wohl jedoch zum grundsätzlichen Prozedere.

Für die Leistungen von niedergelassenen Ärzten bei Patienten der gesetzlichen Krankenversicherung gebe es einen eigenen Gebührenkatalog. Die Leistungen seien mit Zeiten hinterlegt.

"Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind gesetzlich verpflichtet, die Abrechnungen ihrer Mitglieder auf Korrektheit zu überprüfen. Das ist richtig so, weil es sich um Versichertengelder handelt und es Deckelungen gibt. Es steht nur eine bestimmte Geldmenge zur Verfügung. Wenn ein Arzt zu viel abrechnet, steht dafür den anderen weniger zu", so der Pressesprecher. Natürlich stelle das eine Belastung für die Mitglieder dar und führe keineswegs zu Freude, räumt Sonntag ein.

Klage gewinnt meist die KV

Im Gebührenkatalog gebe es auch Leistungen, die eine bestimmte Zeit voraussetzen, die sich der Arzt nehmen muss. Dazu zählten beispielsweise Gespräche, die der Arzt abrechnen darf, wenn sie etwa mindestens zehn Minuten dauern.

Die Prüfung der Abrechnung erfolge dann über mehrere Schritte. Einer davon seien Plausibilitäten. "Da schauen wir, ob die hinterlegten Zeiten mit der vorgelegten Abrechnung plausibel sind. Wenn wir hier auf eine Auffälligkeit stoßen, schreiben wir den Arzt an und bitten ihn um eine Erklärung. Das kommt häufig vor. In den meisten Fällen gibt es auch eine schlüssige Erklärung. Ist das nicht der Fall, kommt der Fall in den Plausibilitätsausschuss", erklärt der Pressesprecher.

War es bisher nur ein reines Verwaltungsverfahren, so seien jetzt auch niedergelassene Ärzte der entsprechenden Fachgruppe beteiligt, "um die Erfahrung aus der Praxis mit einfließen zu lassen".

Der Arzt habe dann noch einmal die Möglichkeit, sich zu dem Sachverhalt zu äußern. Wenn der Plausibilitätsausschuss immer noch keine schlüssige Erklärung sehe, ergehe ein Bescheid. In der Regel würden dann die beanstandeten Leistungen aus der Abrechnung gestrichen und müssten zurückgezahlt werden. Dagegen könne der Arzt in Widerspruch gehen. Dann werde noch einmal darüber entschieden. Danach stehe dem Arzt das Klageverfahren offen – wie in jedem Verwaltungsverfahren, teilt der Pressesprecher mit und fügt hinzu: "Es kommt sehr selten vor, dass wir verlieren."

Nach Meinung der KV spiegle das Verfahren Transparenz wider und gebe dem Arzt die Möglichkeit, den Sachverhalt zu erläutern. Ein faires Verfahren – oder? "Zumindest wäre uns nicht bekannt, dass jemand einen anderen Vorschlag hat, wie das sonst gestaltet werden könnte – außer, man lässt es ganz und verzichtet auf eine Prüfung", so Sonntag.

Sechs Gemeinden fördern

In Sachen Ärztemangel geschehe auch etwas, meint der Pressesprecher auf Nachfrage. Landesweit habe man den Notfalldienst reformiert und damit die Attraktivität von Niederlassungen, auch im Kreis Rottweil, verbessert.

Zudem biete man eine Niederlassungs- und Kooperationsberatung an. "Voraussetzung ist allerdings, dass die Mitglieder uns in ihre Planungen einbeziehen, wozu sie nicht verpflichtet sind und was keineswegs immer der Fall ist", erklärt Sonntag.

Ein weiterer Punkt sei die verbesserte Vergütungssituation für die Hausärzte und die Kinderärzte, indem sie seit 2014 von den Budgets befreit seien. Das wirke sich gerade auch im ländlichen Raum aus, da dort die Praxen groß seien.

Allgemein werde die Weiterbildung zum Facharzt der Allgemeinmedizin gefördert, was sich bereits positiv auf die Zahlen ausgewirkt habe, so der KV-Vertreter.

Darüber hinaus gebe es ein Förderprogramm, bei dem es um die Niederlassung oder die Vergrößerung einer Praxis gehe. Rottweil habe man im Zuge dessen als Fördergebiet ausgewiesen, ganz konkret die Gemeinden Dietingen, Dornhan, Fluorn-Winzeln, Villingendorf, Vöhringen und Wellendingen.

Bei allen Maßnahmen gelte aber, so Sonntag: "Wir können uns die Ärzte nicht ›backen‹. Wir haben also nur einen begrenzten Einfluss auf die Situation. Wir unternehmen das, was in unseren Möglichkeiten als KV steht."