Die Holzernte ist heute die Sache moderner Maschinen. Bislang koordinieren die Förster solche Maßnahmen und verkaufen das anfallende Holz gleich am Markt. Nach dem Willen des Bundeskartellamts sollen sie sich als öffentlich Bedienstete aus den wirtschaftlichen Aktivitäten heraushalten und sich auf hoheitliche Aufgaben beschränken. Nur, wo enden die im deutschen Wald? Foto: Schutt

Bundeskartellamt rührt an den Kernaufgaben der Forstämter. Amtsleiter Sperlich: Der Nachhaltigkeit verpflichtet.

Kreis Rottweil - Die Sache ist kompliziert, und es geht um Millionen. Andererseits steht aber auch die Kernkompetenz der Forstämter in Frage. Das Bundeskartellamt (BKartA) will den Holzverkauf neu ordnen, um in seinen Augen die monopolähnlichen Strukturen mit den Fortsämtern als faktischen Alleinanbietern aufzubrechen.

So kann man die herrschende Praxis von Bonn aus sehen. Die Forstämter dagegen verstehen nicht, warum man von einem jahrzehntelang funktionierenden System abgehen soll, von dem alle profitiert haben. Das letzte Wort wird wohl der Bundesgerichtshof sprechen.

Die Ausgangslage (einer für alle): Bislang waren die Förster im Staatsdienst auch Dienstleister für den Gemeinde- oder Körperschaftswald sowie den Privatwald, die zum Beispiel im Kreis Rottweil zusammen über 90 Prozent der Waldfläche ausmachen. Die Revierleiter kümmerten sich um die Waldpflege, organisierten Hieb- und Durchforstungsmaßnahmen und das Kreisforstamt kümmerte sich um den Verkauf. Das alles natürlich gegen Gebühren. Die Beratung der Waldbesitzer war allerdings kostenlos. Der Holzpreis war zwar Verhandlungssache, unterschied sich allerdings kaum von Region zu Region. Die Förster fungierten also wie Geschäftsführer für die Gemeinden und Privatwaldbesitzer. Für die Besitzer des Körperschaftswalds, die Städte und Gemeinden, eine bequeme Situation. Jahr für Jahr konnten die Kämmerer eine ordentliche Summe bei den Einnahmen verbuchen.

Kartellamt sieht  monopolähnliche Strukturen

Die Eskalation (erster Schritt): Die großen Sägewerke sahen sich allerdings nach ihrer Auffassung durch diese Verkaufssituation monopolähnlichen Strukturen gegenüber. Ihnen bliebe kaum die Möglichkeit, sich die Ware woanders, womöglich zu günstigeren Preisen zu besorgen, machten die Säger geltend. Der Streit entzündete an der bei den Sägewerken begehrtesten Kategorie, dem Nadelstammholz von Fichte und Tanne, die Brotbäume des Schwarzwalds. Dass diese Auffassung nicht aus der Luft gegriffen war, bestätigte das Bundeskartellamt, das zumindest die Gefahr eines Monopols sah.

Aber bevor das Kartellamt eingriff, handelte das Land Baden-Württemberg und gab eine sogenannte Verpflichtungszusage ab. Damit zogen sich die Förster aus dem Holzverkauf für Forstbetriebe und Gemeinden mit mehr als 3000 Hektar Waldfläche zurück. Amt eröffnet neues Verfahren (zweiter Schritt): Dies zeigte nach Meinung des Kartellamts jedoch nicht den erhofften Erfolg. Die Behörde eröffnete 2012 ein zweites Verfahren. Im sogenannten Beschlussentwurf vom Dezember 2013 fordert das Amt eine konsequente strukturelle Trennung der Holzvermarktung in die Sparte Staatswald auf der einen Seite sowie Körperschafts- und Privatwald auf der anderen. Für den Gemeinde- und Privatwald war das Forstamt nur noch bis zu einer Betriebsgröße von 100 Hektar zuständig. Das Land ging auf Kompromisskurs und verhandelte bis zum Dezember 2014 mit dem BKartA über eine Verpflichtungszusage. Zugesagt wurde eine strikte Trennung der gemeinschaftlichen Holzvermarktung durch die Gründung eines Forstbetriebes für den Staatswald. Die Betriebsleitung des Gemeindewalds sollte in die Hände der Kommunen gelegt werden, während sie im öffentlichen Wald als hoheitliche Aufgabe bei den Förstern verbleibt.

Der Anhang birgt Zündstoff (dritter Schritt): Auf sieben Seiten wurde diese Verpflichtungszusage des Landes bis Mitte Dezember 2014 schriftlich festgelegt. Angeheftet an diesen sogenannten Beschlussentwurf des BKartA waren über 100 Seiten zur Erläuterung. Diese bargen allerdings Zündstoff für Land und Forstverwaltung. In deren Augen stellten die Erläuterungen wesentliche Punkte ihrer Verpflichtungszusage in Frage. So wurden die zehnjährige Forsteinrichtung und die Revierleitung als wirtschaftliche Tätigkeiten gesehen, die auch von anderen als den Förstern ausgeführt werden konnten. Zudem wurde für die Dienstleistungen der Förster für die Waldbesitzer Kostendeckung verlangt, was bisher nicht der Fall war.

Eine Zusage wird gekippt (vierter Schritt): Land und Forstverwaltung bewerten den Beschlussentwurf damit als widersprüchlich und nicht rechtssicher. Er sei als Basis für eine umfassende Forstreform untauglich. Auch bestehe die Gefahr einer gravierenden Einschränkung der Aufgabenpalette der Forstämter. Konsequenz: Das Land zog seine Verpflichtungszusage zurück.

Das Kartellamt zieht Zügel nochmals an (fünfter Schritt): Dann eben nicht, sagte das BKartA und schickte Mitte April 2015 einen Beschlussentwurf, der über die zurückgezogene Verpflichtungszusage hinausgeht. Der Beschluss untersagt den Forstämtern und Revierleitern den Nadel-Stammholz-Verkauf für Betriebe und Gemeindewald über 100 Hektar Fläche. Verboten sind auch die Kennzeichnung der zu fällenden Bäume im Wald und die Betreuung von Holzerntemaßnahmen. Der Zeitplan der Umsetzung tritt bereits am 1. Oktober 2015 in Kraft. Die Zeit drängt also. Ebenso wird dem Land untersagt, für Privatwaldbesitzer und Kommunen über 100 Hektar Forstbetriebspläne aufzustellen und die Reviere zu leiten. Bei diesen Betrieben soll der Verkauf kommunalisiert werden und über den Landkreis laufen.

Dann eben vor Gericht (sechster Schritt): Das Land reagierte auf diese Entwicklung mit einem »Antrag auf Aussetzung des Sofortvollzugs« des Beschlussentwurfs zunächst beim Bundeskartellamt und dann beim Oberlandesgericht Düsseldorf. Das Land zeigt sich entschlossen, bis zum Bundesgerichtshof zu gehen. Entschieden haben die Gerichte bisher noch nichts, und das kann auch noch mehrere Jahre dauern.

Land sieht keine Basis für umfassende Forstreform

Wald mehr als eine Holzplantage (Fortsamtsleiter plädiert für Nachhaltigkeit): Für den Leiter des Kreisforstamts, Uwe Sperlich, sind die Förster weit mehr als Holzverkäufer und der Wald mehr als eine Holzplantage, begründet er den Widerstand.

Sperlich rückt im Gespräch mit unserer Zeitung die Erholungsfunktion des Waldes und seine Rolle als Lebensraum für Pflanzen und Tiere, seine wichtige Rolle beim Klima und als Wasserspeicher in den Vordergrund. Der Wald sei also, obwohl in Privat- oder Gemeindebesitz ein allgemeines Gut.

In der Betreuung dieses Allgemeinguts sieht Sperlich eine hoheitliche Aufgabe der Förster, der sie verpflichtet sind, und die nicht in private Hände gehört. Man dürfe den Wald nicht reinen wirtschaftlichen Interessen überlassen, betont Sperlich. Forstarbeit müsse nachhaltig und schonend geschehen. Dies sieht er bei privaten Holzagenturen, die profitorientiert arbeiteten, nicht unbedingt gewährleistet. »Wir haben eine Generationenverpflichtung«, so Sperlich. Holz sei »kein Schraubensortiment«, das man beliebig produzieren und verkaufen könne. Kurzum, die Tätigkeit der Förster im Auftrag der Besitzer sei die optimale Waldpflege, wobei der Verkauf nur ein einzelner Aspekt sei.

Würde das Kartellamt seine Linie durchsetzen, sei zu befürchten, dass die Forstämter einen Großteil ihrer Aufgaben verlören.

Notfalls soll es bis zum Bundesgerichtshof gehen

Komplizierte Übergangslösung (Warten auf den Gerichtsentscheid): Gleichwohl reagierten Land und Forstämter auf die Vorgaben des Kartellamts und entwickelten eine Übergangslösung. Dazu wurde aus dem Personal des Forstamtes für die Betriebe über 100 Hektar eine separate Holzverkaufstelle gebildet, die dem Landrat untersteht. Dabei war zu beachten, dass dieses Personal vom Forstamt räumlich getrennt wird, und keinerlei Informationen, etwa über Preise, hin und her fließen. Deshalb wird auch die EDV getrennt. Zudem müssen die Lieferverträge mit jedem einzelnen Waldbesitzer der neuen Situation angepasst werden. Laut Sperlich soll die neue Lage, die den Mitarbeitern einiges abverlange, mindestens bis zum Ende des Gerichtsverfahrens andauern.