Was wird uns die Zukunft bringen? Gerade angekommen in einer deutschen Erstaufnahmeunterkunft ist diese Flüchtlingsfamilie. Foto: Pleul

Monatlich werden 50 neue Flüchtlinge erwartet. Noch kommt Landkreis Rottweil mit Anzahl klar.

Kreis Rottweil - Die Zahl der Asylbewerber ist seit fast zwei Jahren im Steigen begriffen. Unter 100 lag die Zahl im Kreis Rottweil Mitte 2012. Heute liegt sie bei mehr als 500. Mit Blick auf das Geschehen in den Krisengebieten der Welt könnten es monatlich 55 mehr werden bei relativ wenigen Abgängen. Diese Prognose gilt auch fürs Jahr 2015.

Bei der weiteren Beschaffung von Unterkünften ist es zehn vor zwölf, sagt Bernd Hamann, Sozialdezernent beim Landkreis. Zusammen mit Volker Weber ist er beim Landratsamt neben anderem zuständig für die Unterbringung und Betreuung von Asylsuchenden. Diese Aufgabe ist wieder sehr umfangreich geworden. Mitte der 1990er-Jahre waren im Kreisgebiet eine Zeit lang etwa 1000 Asylbewerber untergebracht.

Weil es für die Menschen, die von der Landeserstaufnahmestelle in Karlsruhe mit dem Bus in der Unteren Lehrstraße in Rottweil ankommen, ein möglichst erträgliches Miteinander mit der einheimischen Bevölkerung geben soll, wird neben dem Gebäude Lehrstraße (200 Plätze) viel Wert auf dezentrale Unterbringungsmöglichkeiten gelegt. Soll heißen: Die Menschen, die auf der Suche nach einer neuen Heimat sind, sollen im ganzen Kreisgebiet verteilt ein Unterkommen finden. Dazu bedarf es des Schulterschlusses mit den Gemeinden, den Bürgern, die Wohnraum zur Verfügung haben. Immer wieder wird der Bedarf vom Kreissozialamt in Zeitungsanzeigen deutlich gemacht. Zuletzt meldeten sich darauf gut 30 Wohnungs- und Hausbesitzer. Bei etwa der Hälfte der Wohnraum-Anbieter kommt es schließlich zu einem Mietvertrag mit dem Landratsamt.

Pro Monat werden im Kreisgebiet noch für längere Zeit 50 neue Asylbewerber erwartet

Im Moment sei die Unterbringungssituation noch einigermaßen im grünen Bereich. Doch was ist in ein paar Wochen, was ist in einem halben Jahr, fragen sich Hamann und Weber. Lösungen wie mit Turnhallen oder Containern sollen vermieden werden. Auch einem Angebot, in einem größeren Anwesen einer kleineren Kreisgemeinde bis zu 100 Asylbewerber unterbringen zu können, steht man beim Kreissozialamt skeptisch gegenüber. Ebenso der Idee einer Investorengemeinschaft, eine Immobilie für eine größere Unterbringung bereitzustellen.

Ein auch durch eine einigermaßen entspannte Atmosphäre gewährleistetes friedliches Miteinander sei wichtig, um die gesellschaftliche Verpflichtung des Hilfegebens in humanitärer Weise bewerkstelligen zu können, verweisen Hamann und Weber auf das zumindest bisher umgesetzte dezentrale Unterbringungskonzept. Dazu werden von dieser Seite die Aktivitäten verschiedener Initiativen, aber auch von Nachbarn gelobt, die "nicht selten auf die Asylbewerber in sehr fürsorglicher Weise zugehen". Solche wertvolle begleitende Arbeit könne man von Amts wegen überhaupt nicht leisten, wird bei der Sozialbehörde dem Bürgerengagement höchster Respekt gezollt.

Dass mit dem Flüchtlingsproblem einem gelobten Staat wie Deutschland größere finanzielle Lasten entstehen, ist auch im Landkreis Rottweil deutlich ablesbar. 12 500 Euro gibt es über die Landesregierung je Asylbewerber von der Landesregierung. Das ist ein Pro-Kopf-Pauschbetrag, egal wie lang die Aufenthaltsdauer ist.

Die Lehrstraße in Rottweil ist immer erste Anlaufstelle für den Bus aus Karlsruhe

Im Kreisgebiet liegt die durchschnittliche Verweildauer bei etwas über zwei Jahren. So hatte der Landkreis Rottweil in den zurückliegenden sechs Jahren bei größtenteils einer deutlich niedrigeren Asylbewerberzahl als heute etwa zwei Millionen Euro selbst zu tragen. Als großes Problem bei der Finanzierung bezeichnet Weber die Abwälzung der Krankheitskosten durch Bund und Land auf die Landkreise. Hier gibt es immerhin die Hoffnung, dass sich der Landkreistag entscheidend durchsetzt bei der Forderung ans Land, spitze Abrechnungen getreu der tatsächlichen Kosten zu ermöglichen.

Infos: Hilfen nicht nur auf materielle Art

Vor allem aus Syrien kommen die Menschen, die derzeit von der Landeserstaufnahmestelle in Karlsruhe den Weg in den Kreis Rottweil finden. Dazu werden im Kreis Rottweil traditionell vor allem Personen afrikanischer und asiatischer Herkunft untergebracht.

Neben Sachleistungen, insbesondere für die Unterbringungen (das Maß für den eigentlichen Wohnraum liegt bei fünf Quadratmetern pro Person) gibt es im Kreis Rottweil für Asylbewerber Geldleistungen, die leicht unter dem Sozialhilfesatz liegen. So stehen einem Erwachsenen monatlich 340 Euro Barleistungen zu, die in zwei Raten ausgezahlt werden. Den Menschen könne dadurch eher eine Essenskultur wie in ihrer Heimat ermöglicht werden.

Übers Kreissozialamt sollen künftig Deutschkurse veranstaltet werden. Auch dadurch soll den Menschen ein Gefühl der Wertschätzung vermittelt werden.

Wegen der neu entstandenen Aufgabenfülle wird Hamann bei den baldigen Haushaltsberatungen eine Personalaufstockung im Sozialamtsbereich beantragen.

Das Verständnis in den Städten und Gemeinden des Kreisgebiets für die Belange von Asylbewerbern sei beachtlich. Von den Bürgermeistern bis zu den Einwohnern werde nicht nur Hilfsbereitschaft signalisiert, sondern auch vieles in die Tat umgesetzt.