"Schließen" ist eine gebräuchliche Methode, mit der die Polizei gefährliche Straftäter aus dem Verkehr zieht. Foto: Thomas – stock.adobe.com

Verfahren wegen Körperverletzung im Amt gegen Geldauflage eingestellt. Aussagen stehen im Widerspruch.

Kreis Rottweil - An einer Verurteilung wegen Körperverletzung im Amt schrammte ein 43-jähriger Polizeibeamter am Donnerstag bei einer Verhandlung vor dem Amtsgericht Rottweil knapp vorbei.

Mit Polizeigewalt für Recht und Ordnung sorgen: Das ist gemäß der geltenden gesellschaftlichen Spielregeln fraglos ein wichtiges Mittel zur Befriedung des Miteinanders. Dass über die Verhältnismäßigkeit eines Einsatzes oft gestritten wird, liegt in der Natur der Sache.

Ging der 43-Jährige am 10. März 2017 im Vinzenz-von-Paul-Hospital (VvPH) in einer gewissen Rambo-Manier seinem Streben nach Ruheherstellung nach, oder waren es tatsächlich unglückliche Umstände im Rahmen eines Polizeieinsatzes gegen einen an jenem Tag psychisch wohl schwer durch den Wind geratenen Patienten, die diesen mit einem stark geschwollenen Auge ins Krankenbett schickten. Wegen des renitenten und wütenden Auftretens eines 47-Jährigen hatten im psychiatrischen Bereich des Krankenhauses die Diensthabenden einer geschlossenen Abteilung die Polizei zu Hilfe gerufen. Diese war dem Mann an dem Tag mehrfach auf der Spur. Nach einem plötzlichen Abgang aus dem VvPH war er von Beamten am Bahnhofskiosk aufgegriffen worden, wo er die Verkäuferin beschimpft haben soll. Nicht lange, nachdem der Mann dann wieder in die Obhut der Klinik gebracht worden war, wurde bei der Polizei erneut Alarm geschlagen. Der 47-Jährige sollte wegen seines gefährlichen Benehmens in fixiertem Zustand in einem Krankenbett zur Ruhe kommen. Der Pflegerschar erschien das Manöver ohne Polizeibeistand zu heikel. So rückte das selbe Einsatzteam innerhalb einer Stunde zum zweiten Mal an.

In dieser Situation war der Geduldsfaden des 43-jährigen Beamten offenbar nicht mehr allzu groß. Mit einer Fußsichel soll dieser den 47-jährigen Unruhestifter so zu Boden gebracht haben, dass sich die gesamte Helferschar sowie die Kollegin des Polizisten auf dem Boden wiederfanden. Dass das im Zeugenstand mehrfach geschilderte Bild mit fünf bis sechs purzelnden Personen die Zuhörer im Gerichtssaal kräftig schmunzeln lässt, dürfte kaum verwundern. Dass der 47-Jährige aus dem eher rüden Überrumpelungsmanöver mit einem schwer geschwollenen Auge hervorging, verweist indessen wieder auf die Brisanz der Angelegenheit.

Hat der 43-Jährige dem Patienten mit der Faust aufs Auge gehauen? Zwei Pfleger behaupten dies deutlich. Eine andere drückt sich nebulöser aus. Einer der Pfleger, der sich ebenfalls hautnah im Getümmel wälzte, will dagegen gar nichts gehört und gesehen haben.

In ziemlichem Widerspruch zum Faustschlag-Vorwurf steht die Darstellung der beiden Einsatz-Polizisten. Ihr Kollege habe zwar mit großem Nachdruck und sehr energisch den 47-Jährigen körperlich in seine Schranken verwiesen, einen Faustschlag habe es aber nicht gegeben, betont die Polizeikommissarin. Als strafrelevant stehe allein der Vorwurf von Faustschlägen zur Diskussion, hatte zuvor Oberstaatsanwalt Christoph Kalkschmid bei der Befragung eines anderen Zeugen betont.

Bei seinen Aussagen machte der 47-jährige Kläger wiederholt deutlich, dass er mit einer sehr speziellen Persönlichkeit gesegnet ist. Auch mit Verschwörungstheorien garnierte er – weit abschweifend vom eigentlich gefragten Sachverhalt – seine Ausführungen zu sich und dem Tag, an dem ihm das Auge so sehr zugeschwollen ist. Dass er zu dem Vorkommnis im März 2017 erst Monate später Anzeige erstattete, hat wohl ebenfalls mit der schwierigen Persönlichkeitsstruktur des Mannes zu tun, der in Sachen Obrigkeit und Behörden gerne mal Alarmglocken läuten hört und in Rage gerät.

Amtsrichterin Lorer sah sich schließlich – nachdem ein für Amtsdelikte zuständiger Kriminalhauptkommissar zur polizeiinternen Fallaufarbeitung bei der Rottweiler Direktion berichtet hatte – veranlasst, den Schulterschluss mit Staatsanwalt und Verteidiger zu suchen für einen Schlussstrich, mit dem vermutlich alle einigermaßen leben können: Vorläufige Einstellung des Verfahrens bei Zahlung einer Geldauflage von 1250 Euro durch den Angeklagten lautet das Urteil. 750 Euro fließen an den Bewährungshilfeverein in Rottweil, 500 Euro an die Polizeistiftung.

Aufatmen dürfte nicht zuletzt der 43-jährige Polizist, der mehrfach beteuerte, zu seinem Tun nichts beschönigen zu brauchen. Hart aber fair gehe er seinem Beruf nach, zu dem er sich in Stuttgarter Brennpunktrevieren wichtiges Rüstzeug angeeignet habe. Dieses kann er nun auch weiterhin strafrechtlich unbeleckt anwenden.