Der Gamswild-Hegering kümmert sich um die scheuen Tiere. Foto: TTstudio/ Shutterstock

Im Bernecktal sowie in Vorder- und Hinterlehengericht bei Schiltach gibt's Gämse. Störung durch Bauarbeiten und Luchs.

Kreis Rottweil - Was sind denn das für Tiere? Der Anblick der Gämsen im Bernecktal zwischen Schramberg und Tennenbronn sowie bei Schiltach lässt nicht nur Touristen immer wieder staunen – und wer die scheuen Tiere zu Gesicht bekommt, ist ein Glückspilz.

Zwischen 50 und 60 Gämsen sind im Landkreis Rottweil derzeit zu finden, schätzt der Obmann des Gamswildhegerings Schiltach/Lehengericht, Jürgen Letzin. Sie sind in den Haupteinstandsgebieten in Hinter- und Vorderlehengericht bei Schiltach sowie im Bernecktal zwischen Schramberg und dem Stadtteil Tennenbronn festzustellen. Dort finden sie Geröllfelder, Felswände und felsnahe Wiesen – Lebensräume, die sie lieben. Die Kletterkünstler aus den Alpen wurden einst im Bereich Feldberg ausgesetzt und wanderten von dort Richtung Kinzig.

Markante Gesichtsmaske

Die Kletterkünstler mit der markanten Gesichtsmaske reagieren allerdings sehr empfindlich auf Störungen. Deshalb ist das Rudel im Bernecktal auch merklich kleiner geworden, seit dort Hangsicherungen und Straßenarbeiten stattgefunden haben. "Wenn’s unruhig wird, dann gehen sie", erläutert Letzin. Derzeit hielten sich in diesem Bereich nur noch einzelne Tiere auf. Vor ein paar Jahren habe das Rudel noch aus rund zwölf Stück bestanden, dazu kamen ein paar männliche Tiere, die in der Regel alleine unterwegs sind.

Im Bereich Vorder- und Hinterlehengericht hat sich die Zahl der Tiere ebenfalls etwas verkleinert. Dort waren es keine Bauarbeiten, sondern der Luchs, der die Gämsen vertrieben hat. "Friedel", ein mit einem Peilsender ausgestatteter Luchs, hat vor einiger Zeit mehrere Exemplare "weggevespert", sagt Letzin. Für das Raubtier war es ein Leichtes, die Rudeltiere zu erlegen.

In den kommenden Wochen, ab circa Mitte November, befinden sich die männlichen Tiere übrigens im Liebesrausch, dann ist die Brunft der Gämsen in vollem Gange. Voll gepumpt mit Testosteron liefern sich die Böcke jetzt einen Wettstreit: Wer legt die beste Performance vor den Damen hin? "Die Geißen sind vom Gerenne der Böcke ziemlich unbeeindruckt, sie warten geduldig, bis sich die Rangfolge geklärt hat", erklärt Andreas Kinser von der Deutschen Wildtier Stiftung.

Zu lange wetteifern dürfen die Böcke allerdings nicht: Denn die Geißen bekommen etwa zur selben Zeit ihren Eisprung. Wird die Rangfolge unter den Böcken nicht rechtzeitig geklärt, werden manche Geißen nicht befruchtet. "Das passiert, wenn nicht genügend ältere Gämsböcke an der Brunft teilnehmen." Diese beteiligen sich von Natur aus erst ab ihrem sechsten Lebensjahr am Brunftgeschehen. Folgerichtig verschonen die Jäger weitgehend die mittelalten Tiere – auch dies gehört zur Hege und zur Aufgabe des Gamswildhegerings.

Seite 2: Steckbrief Gämse

Die Gämse ist ein Wiederkäuer und gehört zur Familie der Hornträger (Bovidae). Die Gämse lebt in Gebirgslandschaften und zieht im Sommer auf Hochlagen bis zu 2500 Meter. In Deutschland kommt sie in den Alpen und in geringer Zahl auch im Schwarzwald und der Schwäbischen Alb vor. In den Sommermonaten tragen Gämsen ein gelbbraunes Fell mit einem deutlichen schwarzen Aalstrich auf dem Rücken. Im Winter ist ihr Fell eher schwarz mit gräulich-brauner Unterwolle. Besonders typisch ist zu jeder Jahreszeit die Gesichtsmaske mit einer Längsbinde, die von den Ohren über die Augen bis zur Nase verläuft.

Die Kletterkünstler ernähren sich von hauptsächlich von Gräsern und Kräutern, Trieben, Knospen und Blättern. Gams-Kitze können ihrer Mutter schon wenige Stunden nach der Geburt in schwieriges Gelände folgen. Beim Gamswild tragen beide Geschlechter Hörner, die sogenannten Krucken. Sie werden bis zu 25 Zentimeter lang und sind bei den Geißen (Weibchen) etwas dünner und an der Spitze nicht so stark nach unten gekrümmt (gehakelt) wie beim Bock. Der Kopfschmuck der Boviden wird im Gegensatz zu dem Geweih der Cerviden, der Hirschartigen wie Reh und Rothirsch, nicht abgeworfen sondern wächst während des ganzen Lebens nach. Dadurch kann man anhand von »Jahresringen« das Alter des jeweiligen Tieres recht genau bestimmen. (Quelle: Deutsche Wildtier Stiftung)