Kinder lernen von Kindern manchmal mehr als von Erwachsenen. Foto: Andrey Kuzmin/stock.adobe.com

Landkreis steht beim Personaleinsatz gut da. In manchen Orten passt Angebot nicht.

Kreis Freudenstadt - Laut aktueller Studie der Bertelsmann-Stiftung ist die Qualität der Betreuung in Kindertagesstätten gestiegen. Ein Grund sei mehr Personal. Der Kreis Freudenstadt steht in der Statistik sehr gut da. In Kitas kommen im Schnitt 2,7 Kinder auf eine Betreuungskraft. Aber was sagt die nackte Zahl aus? Wir sprachen mit Charlotte Orzschig, zuständige Amtsleiterin im Landratsamt.

Frau Orzschig, der Kreis Freudenstadt belegt mit einem Kita-Betreuungsschnitt von 2,7 bundesweit einen der vorderen Plätze. Ein Grund zur Freude?

Wenn man sich die Zahlen im Vergleich zu anderen Kreisen anschaut, ist das im Land ja fast durchgängig so. Den Standard, dass auf drei Kleinkinder eine Betreuungskraft kommen muss, geben die kommunalen Landesverbände vor. Dieser Anspruch wird heute als angemessen betrachtet. Er passt auch. Man stelle sich vor, eine Mutter müsste sich heute um mehr als drei Säuglinge gleichzeitig kümmern. In den Kitas ist das auch nicht anders. Früher hat man das eben ein bisschen anders gesehen. Mit der Betreuungsquote in den Kitas liegen wir im Landkreis Freudenstadt also voll im Trend. Als Grund zur Freude würde ich das deshalb mal nicht betrachten. Wir erfüllen eben die Vorgaben.

Was sagt die Zahl in Ihren Augen aus?

Die Zahl ist ein Faktor in Bezug zur Einwohnerzahl. Damit ermöglicht sie durchaus einen guten Vergleich zu anderen Kreisen und bietet damit eine sehr gute Übersicht.

Gibt sie automatisch Rückschluss auf die Betreuungsqualität?

Ein Mensch bleibt immer ein Mensch. Man kann über den Personalschlüssel nicht sagen, ob eine Betreuung gut oder schlecht ist. Das hängt vom Personal und dessen Ausbildung ab. Aber Land und Bund sind sehr dahinter her, dass auch die Qualität stimmt. Es gibt ganz klar Fortschritte, was die Art der Förderung der Kinder betrifft.

Sehen die Eltern das auch so?

Die Rückmeldungen von Eltern aus der U3-Betreuung sind ausgezeichnet. Eine Muter, die wieder in den Beruf eingestiegen ist, hat mir erklärt, ihr Kind könne Dinge, die es von ihr wohl nicht gelernt hätte. Das hängt nicht nur von der Betreuung ab, sondern auch von dem, was die Kinder untereinander lernen. Wenn jemand sein Kind selbst erziehen möchte, ist das im Übrigen hoch anzurechnen. Unsere Aufgabe ist es, eine durchgehende Betreuung zu gewährleisten, wenn die Eltern berufstätig sind. Mit der U3-Betreuung durch die Krippen funktioniert das im Kreis Freudenstadt sehr gut.

Wie sieht es auf die Kommunen bezogen aus? Ist es überall gleich gut?

In großen Städten gibt es ein Vielfaches an Angeboten, dort beträgt die Betreuungsquote teils bis zu 70 Prozent. Bei uns im Kreis ist der Kommunalverband der Garant dafür, dass das Angebot von der Qualität her stimmt. Er erteilt auch die Betriebserlaubnis. Insofern ist der Standard vergleichbar. Bei uns im Landkreis werden die Anforderungen gut umgesetzt. Der baulich schickste Kindergarten ist nicht unbedingt ein Gradmesser, dass dort automatisch die beste Arbeit geleistet wird.

Der Ausbau der Kinderbetreuung belastet die Haushalte der Kommunen. Rechnet sich der Aufwand?

Volkswirtschaftlich sicher, für die Städte und Gemeinden rechnet es sich natürlich überhaupt nicht. Es ist eben eine Pflichtaufgabe der Gemeinden, genauso wie Schule. Der Elternbeitrag deckt um die 20 Prozent der Betreuungskosten. Trotz Zuschüssen des Landes bleibt ein Vielfaches an den Gemeinden hängen. Deshalb Hut ab vor den Städten und Gemeinden, dass sie den Ausbau trotzdem stemmen. Ihre Haushalte sind schon angespannt.

Einige Bundesländer gehen dazu über, die Elternbeiträge ganz abzuschaffen. Ist das richtig?

Das ist durchaus ein Weg. Der Personalaufwand bei uns ist sehr hoch, die Elternbeiträge zu verwalten. Das könnte man sich sparen. Aber das ist meine persönliche Meinung.

Zuletzt hieß es im Kreistag, es gebe ein Überangebot im Landkreis an Betreuungsplätzen. Wie passt das zusammen?

Das ist punktuell sehr unterschiedlich. Das Angebot einiger Gemeinden ist nicht gut zugeschnitten auf die Bedürfnisse der Eltern dort. Manche Familien möchten ihre Kinder eben nicht jeden Tag bringen oder nicht den ganzen Tag betreuen lassen. Auch die Gebührenstruktur passt oft nicht. Möglichkeiten, die Plätze besser auszulasten, wären Sharing- oder Splittingmodelle, wenn sich Familien einen Platz teilen. Das zu organisieren, ist aber sehr personalintensiv und eine große Herausforderung.

Wohin geht die Reise bei der kommunalen Kinderbetreuung?

Angebot erzeugt Nachfrage. Wir steuern darauf zu, dass das zunehmen wird. Omas und Opas, die früher stärker miteinbezogen waren, arbeiten heute länger. Diese Unterstützung fällt zusehends weg. Andere Eltern nutzen Angebote nicht mehr nur dann, wenn sie arbeiten gehen, sondern auch um mal in Ruhe einkaufen zu können. Das ist eben der Trend. 1960 hätte auch niemand gedacht, dass irgendwann mal praktisch alle Kinder in den Kindergarten gehen würden. Das ist längst normal.

Wie würden Sie das Angebot an Kinderbetreuung im Landkreis einschätzen, in eigenen Worten?

Es ist natürlich noch ausbaubar. Aber was in den vergangenen zehn Jahren im U3-Bereich aufgebaut wurde, ist unglaublich. Als wir vor zehn Jahren mit dem Angebot gestartet sind, betrug die Betreuungsquote 4,4 Prozent. 2016 waren es 33,5 Prozent.