In 89 Prozent der Fälle erreicht der Notarzt im Kreis Freudenstadt die Patienten innerhalb der Hilfsfrist. Foto: Weihrauch

Vorgaben für Hilfsfristen des Rettungsdienstes nicht ganz erreicht. Dennoch "hervorragende Versorgung."

Kreis Freudenstadt - Auf den ersten Blick ist das Fazit paradox: Die vorgegebenen Hilfsfristen für den Rettungsdienst können im Landkreis Freudenstadt zwar nicht ganz eingehalten werden. Dennoch ist die medizinische Versorgung im Notfall "hervorragend".

Dies befand Hartmut Keller, Vorsitzender des Bereichsausschusses für den Rettungsdienst Landkreis Freudenstadt, in einem Bericht, den er dem Kreistag bei dessen jüngster Sitzung vortrug.

Die Hilfsfrist gilt dann als eingehalten, wenn der Rettungswagen und der Notarzt in 95 Prozent aller Einsätze in einem Jahr im gesamten Rettungsdienstbereich spätestens 15 Minuten nach der Notfallmeldung vor Ort sind. "Da gibt es nur Schwarz oder Weiß", sagte der Geschäftsführer der AOK Nordschwarzwald. Und er bemühte sich zusammen mit Christoph Caratiola, Sprecher Leitende Notärzte Landkreis Freudenstadt, und Landrat Klaus Michael Rückert, dieses Spektrum kräftig auszuweiten. Die Hilfsfristen wurden im Kreis Freudenstadt in den vergangenen Jahren immer häufiger eingehalten. War laut Keller 2008 der Rettungswagen in knapp 89 Prozent der Notfälle spätestens nach 15 Minuten vor Ort, betrug der Anteil im vergangenen Jahr schon fast 94,2 Prozent.

Der Notarzt war 2008 in knapp 82,6 Prozent der Fälle innerhalb einer Viertelstunde am Einsatzort, im vergangenen Jahr schon in 89 Prozent. Und die Zahlen werden wohl noch besser, da es seit April im Kreis einen vierten Notarztstandort gibt – neben Baiersbronn, Freudenstadt und Horb nun auch in Loßburg. Gegenüber anderen Bereichen hat der Kreis Freudenstadt den Nachteil, dass manche Orte wegen der Topografie nicht schnell erreichbar sind und im Winter die Straßenverhältnisse zügiges Fahren oft nicht erlauben.

Überlegt werde derzeit, so Keller, die Hilfsfrist im Land von 15 auf 18 Minuten zu verlängern. Denn die jetzigen Vorgaben würden nur in drei von 38 Rettungsdienstbereichen in Baden-Württemberg eingehalten. Keller machte auf einen weiteren zeitlichen Faktor in der Rettungskette aufmerksam: Trete ein Notfall ein, beispielsweise ein Herzinfarkt, dauere die Entscheidungsphase durchschnittlich etwa 30 Minuten. In dieser Zeit überlegten die Betroffenen und Personen in ihrem Umfeld, ob der Notarzt gerufen werden solle oder nicht. Wenn diese Entscheidungsphase verkürzt werde, sprich der Notarzt schneller gerufen würde, könnte die Versorgung noch besser werden.

Zugleich jedoch warnte Keller davor, den Notarzt unnötig zu rufen: "Wenn er einen Fehleinsatz hat, dann fehlt er bei einem echten Notfall."

Landrat Klaus Michael Rückert ist beratendes Mitglied im Bereichsausschuss, in dem er auch gerne "mit Herz und kühlem Verstand" mitarbeitet, wie er versicherte. Die Krux des Rettungsdienstgesetzes sei allerdings, dass das Landratsamt zwar Aufsichtsbehörde für den Rettungsdienst sei, aber keine Anordnungsbefugnisse habe.

"Wir sind auf einem guten Weg und haben deutliche Verbesserungen erreicht", kommentierte Rückert die Entwicklung der Hilfsfristen. "Es hat sich unheimlich viel getan", befand auch FDP-Kreisrat Claas Wolff.

Hartmut Keller lobte zwar die Arbeit der von Bärbel Altendorf-Jehle (Frauenliste) angesprochenen ehrenamtlichen Helfer vor Ort des Roten Kreuzes, aber für die Statistik der Hilfsfristen zählten nur die Einsätze der Rettungssanitäter und Notärzte. Die Helfer vor Ort ersetzen den Rettungsdienst nicht, seien jedoch sehr wichtig, hob auch CDU-Kreisrat Armin Jöchle, zugleich Vorsitzender des DRK-Ortsvereins Eutingen, hervor.

Die kreisübergreifende Kooperation im Rettungsdienst funktioniert gut, versicherte Keller. CDU-Kreisrat Ulrich Krauth regte an, die besonders enge Zusammenarbeit der Landkreise Freudenstadt und Calw im Notarztstandort Altensteig auch auf andere Bereiche zu übertragen.

In besonders abgelegenen Orten wie Schapbach im Wolftal werden nach Angaben Kellers bei Notfällen auch relativ häufig Rettungshubschrauber eingesetzt. Die nächsten Standorte sind Freiburg, Karlsruhe und Leonberg, vermerkte der Vorsitzende des Bereichsausschusses auf Nachfrage von FDP-Kreisrätin Margarete Rebholz. 15 bis 20 Minuten Anflugszeit brauche ein Rettungshubschrauber für Einsätze im Kreis Freudenstadt.