Trubel in der Küche: Im Kreis ihres Chefs Wolfgang Tröger (Zweiter von links) und ihrer Kolleginnen erzählt Stephanie Tippmann (vorne) den Gästen von der Arbeitsagentur von ihrem Alltag im "Palmenhof". Foto: Eberhardt

Menschen mit Behinderung bilden in Berufswelt ein Potenzial. Stephanie Tippmann ist ein positives Beispiel.

Kreis Freudenstadt - Menschen mit Behinderung sind wertvolle Mitarbeiter. Darauf will ein Aktionstag der Vereinten Nationen aufmerksam machen. Im Kreis Freudenstadt nimmt die Agentur für Arbeit den Tag zum Anlass, ein erfolgreiches Beispiel zu präsentieren.

Stephanie Tippmann ist 19 Jahre alt, eine resolute Frohnatur und dient gerade als Vorbild anlässlich des Internationalen Tags der Menschen mit Behinderung, mit dem die Vereinten Nationen auf das Potenzial behinderter Mitarbeiter aufmerksam machen möchten.

In der Küche des Alten- und Pflegeheims Palmenhof in Dornstetten dekoriert die hauswirtschaftliche Helferin präzise Dessert-Schalen für das Mittagessen. Dass ihr dabei eine Gruppe Menschen über die Schulter schaut und unentwegt Fragen stellt, stört die junge Frau nicht. "Am Anfang", verrät Stephanie Tippmann lächelnd, "wollte ich gar nicht in die Küche. Aber jetzt habe ich mich daran gewöhnt". Die Arbeit macht Spaß.

Dass Stephanie Tippmann auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß gefasst hat, ist einem umfassenden Förder- und Qualifikationsprogramm zu verdanken. Die junge Frau besuchte die Eichenäcker-Schule in Dornstetten. Eine reguläre Ausbildung wäre ihr nicht möglich gewesen – ein Platz in der Behindertenwerkstatt ist für die patente und eloquente 19-Jährige aber kaum der richtige Ort. In Freudenstadt besuchte sie die Berufsschulstufe für Menschen mit Lernbehinderung, anschließend durchlief sie die so genannte berufsvorbereitende Einrichtung.

Mit der Arbeitsstelle im "Palmenhof" ging für die junge Frau ein Traum in Erfüllung. "Es haben sich alle riesig gefreut", sagt Roland Lausch, Arbeitsvermittler für Schwerbehinderte und Rehabilitation der Agentur für Arbeit Nagold-Pforzheim. Er ist gemeinsam mit der Vorsitzenden der Geschäftsführung, Martina Lehmann, in den "Palmenhof" nach Dornstetten gekommen, um dort einen "Vorzeigebetrieb" zu besichtigen, wie Lehmann formuliert. "Behinderte bekommen hier eine echte Perspektive".

Für Wolfgang Tröger, Inhaber des Pflegeheims, ist die Beschäftigung von behinderten Mitarbeitern eine Bereicherung. "Man muss für die Leute einfach den Platz und die Aufgaben finden, die zu ihnen passen", erklärt er. "Dann sind das sehr motivierte Mitarbeiter." Eine Aussage, die Stephanie Tippmann bestätigt.

Die gute Laune ist ansteckend

Mit leuchtenden Augen erklärt sie ihre Aufgaben – morgens Frühstück anrichten, dann Vorbereitung des Mittagessens und nach der Pause der Einsatz in der Wäscherei. Dass sie ein Handicap hat, ist spürbar, doch ihre gute Laune und Lebenstüchtigkeit sind ansteckend. Ihr Chef bewundert die Präzision und Gewissenhaftigkeit, mit denen sie kleinteiligen Aufgaben wie Pudding-Dekoration und Gemüse-Schnippeln nachgeht.

Ein so genannter Job-Coach des Oberlinhauses hat Stephanie Tippmann beim Einstiegspraktikum begleitet, das ihrer Anstellung im "Palmenhof" vorausging. Er hat auch ermittelt, wieviel länger sie für eine Tätigkeit benötigt. Die Leistungsdifferenz zu anderen Mitarbeitern bekommt der Arbeitgeber durch öffentliche Zuschüsse ausgeglichen.

Von Seiten der Arbeitsagentur wurden Betrieb und Mitarbeiter intensiv begleitet. Wolfgang Tröger klingt heute selbst etwas überrascht, wenn er von seinen anfänglichen Sorgen berichtet. "Ich war völlig überrascht, wie viele Unterstützungsmaßnahmen es gibt und wie schnell alles ging. Der Arbeitgeber hat letztlich überhaupt keine Nachteile".

Viele Partner müssen zusammenarbeiten, bis die Integration auf dem Arbeitsmarkt erfolgt ist: Schule, Kommunen, Betriebe, Ämter und weitere. Behinderte Mitarbeiter brauchen im Betrieb außerdem einen verlässlichen Anleiter und Ansprechpartner. Dennoch: Für Wolfgang Tröger ist Stephanie Tippmann eine Bereicherung.

Martina Lehmann kann dies aus anderen Betrieben bestätigen. "Wenn behinderte Mitarbeiter ihren Platz gefunden haben, sind sie überdurchschnittlich engagiert und loyal." Für die Unternehmen im Raum Freudenstadt ist Lehmann voller Anerkennung. Es werde bereits sehr viel für Integration getan. "Das ist vorbildhaft und keineswegs selbstverständlich".

Aber trotzdem gibt es nach wie vor viele junge Behinderte, die auf einen Platz in einem Betrieb warten. Für sie hoffen Martina Lehmann und Wolfgang Lauscher, weitere Arbeitgeber zu finden. "Es reicht, bei uns anzurufen, wenn ein Betrieb Interesse hat. Alles andere wird in Ruhe besprochen."