Die Ausbildung von Erziehern ist auch im Kreis Freudenstadt eine wichtige Aufgabe für die Zukunft. Foto: Grabitzsch

Hohe Belastung und niedriges Gehalt schrecken Interessenten an Ausbildung oft ab. Gegenmaßnahmen sind in Planung.

Kreis Freudenstadt - Wer kümmert sich künftig um die Kleinkinder im Kreis Freudenstadt? Was ist, wenn der Erziehernachwuchs ausbleibt? Die Träger der Kindergärten stehen aktuell vor diesen Fragen, um sich für die Zukunft zu rüsten.

Bundesweit fehlen in den nächsten Jahren etwa 40.000 Erzieher und auch in der Region Nordschwarzwald werden nach Einschätzungen von Jürgen Schwab, dem Vorsitzenden Geschäftsführer der Agentur für Arbeit Nagold-Pforzheim, jedes Jahr 30 neue Erzieher benötigt.

Gründe für den Mangel sind laut Schwab die hohe Arbeitsbelastung für ein Gehalt, das im Vergleich zu anderen Berufen deutlich weniger wächst. Außerdem seien die ersten drei Jahre der Ausbildung unbezahlt, und die Anstellungen seien oft nur befristet. Ein duales System, in dem Praxis und Theorie auf die ganze Ausbildungszeit gleichmäßig verteilt werden und das durch die Bezahlung über die ganze Ausbildungszeit attraktiver für Bewerber ist, habe sich bisher nicht durchsetzen können, weil es für die Träger zu teuer sei und für Abbrecher mitten im Ausbildungsjahr kein Ersatz gefunden werden könne, weiß der Chef der Agentur für Arbeit. Durch übertarifliche Bezahlung würden bei den städtischen Kindergärten in Freudenstadt finanzielle Nachteile ausgeglichen, so Christine Kullen, Leiterin des Haupt- und Personalamts. Außerdem werde versucht Wiedereinsteiger und Kräfte aus verwandten Berufsgruppen zu gewinnen.

Für Wiedereinsteiger bietet das Oberlinhaus Kurse, um pädagogische und rechtliche Kenntnisse auf den aktuellen Stand zu bringen. Auch die Möglichkeit der Umschulung von Arbeitslosen, die in ihrem gelernten Beruf keinen Job mehr finden, wird von der Agentur der Arbeit angeboten. Dies sei laut Hans Henning Averbeck vom Oberlinhaus aber im Kreis Freudenstadt eher die Ausnahme.

In den städtischen Kindergärten sei der Erziehermangel noch nicht angekommen, derzeit seien nur zwei Stellen ausgeschrieben und für die gebe es genug Bewerber, so Christine Kullen. Die gute Situation verdanke man wahrscheinlich dem Oberlinhaus, das Erzieher und Erzieherinnen ausbildet. Um einen künftigen Mangel zu vermeiden werde die Zahl der Anerkennungspraktika, die im dritten Lehrjahr der Ausbildung abgeleistet werden müssen, erhöht und der Beruf bei den Messen entsprechend beworben.

In den katholischen Kindergärten im Kreis Freudenstadt seien freie Stellen immer schwieriger zu besetzten, so der Fachberater des Landesverbands katholischer Kindergärten, Michael Widmann. Noch seien zwar alle Stellen ausgefüllt, allerdings müsse man dies in Zukunft durch mehr Auszubildende und Praktikanten sichern. Bezahlt werden die Erzieher in diesen Einrichtungen nach Tarif. Mit zusätzlichen freien Tagen werde versucht zusätzliche Anreize zu schaffen, erläutert Widmann. Darüber hinaus bekommen die Erzieherinnen meist unbefristete Verträge. Eine positive Tendenz sieht Widmann darin, dass es auch auf dem Land nach und nach mehr männliche Interessenten gäbe.

Bei den evangelischen Kindergärten sei die Anzahl der Bewerbungen seit einigen Jahren rückläufig. Im Moment seien die Kindergärten gemäß des Fachkräfteschlüssels besetzt, so Markus Rebhuhn, Chef der Verwaltungsstelle in Freudenstadt, diese Schlüssel seien allerdings aus fachlicher Sicht nicht ideal für das Wohl der Kinder. Eine Anpassung des Erzieherschlüssels würde viele Städte und Gemeinden aber vor finanzielle Problem stellen.

Im evangelischen Kindergarten in der Alfredstraße kommen auf 26 Kinder gerade einmal zwei Erzieher. Im Kindergarten Buntspecht in Freudenstadt gibt es für 19 Kinder zwei Vollzeit- und eine Teilzeiterzieherin. Im katholischen Tabor-Kindergarten kommen auf 70 Kinder neun Erzieher, die teilweise voll- und teilzeitbeschäftigt sind. Nach diesen Zahlen werden acht bis 13 Kinder pro Erzieherin betreut. Diese Verhältnisse entsprächen zwar dem Schlüssel, wenn man aber Kinder mit speziellen Bedürfnissen habe, sei das eigentlich zu wenig, meint eine Erzieherin. Denn wenn sich eine Erzieherin auf einzelne Kinder konzentrieren müsse, geraten die anderen schnell an ihre Belastungsgrenze, weiß sie aus Erfahrung.