Dajana Greger (von rechts) und Christina Braum von der LEADER Aktionsgruppe Nordschwarzwald zusammen mit Projektinitiatorin Catherina Haessler, ihrer Tochter Mathilda und Julius Müller von der Kur und Touristik Schömberg. Auf der Wiese hinter der Dorfscheune sollen zwei kleine Ferienunterkünfte für Familien entstehen. Foto: Wind

27 Projekte werden in Region Nordschwarzwald durch LEADER gefördert. Geld von EU und Land.

Kreis Calw - Leerstehende Häuser, verfallende Bauernhöfe, verwaiste Ortskerne: Diese Probleme kennen viele Dörfer im Nordschwarzwald. Dass man damit nicht leben muss, zeigen beispielhaft drei vom EU-Förderprogramm LEADER unterstütze Projekte aus dem Landkreis Calw.

Eine Scheune, die mitten im Dorf leer steht. Ein Kuhstall, der seit sieben Jahren keine Kuh mehr gesehen hat. Und ein Backhaus, das wegen Besitzerwechsels für die Dorfgemeinschaft verloren gegangen ist.

Das kann man so sehen wie es momentan ist, oder so wie es in Zukunft sein könnte. Für Letzteres haben sich beispielsweise Catherina Haessler aus Schömberg-Bieselsberg, Hans-Peter Mast aus dem Bad Teinach-Zavelsteiner Stadtteil Sommenhardt und der Förderverein für das Dorfzentrum in Bad Liebenzell-Beinberg entschieden. Statt Problemen sehen sie einen neuen Veranstaltungsort für das Dorf, einen Showroom für Naturbaustoffe und einen Anbau für ein neues Backhaus, an dem der ganze Ort zusammen kommen kann.

Mit Hilfe des EU-Regionalentwicklungsprogramms haben sie deshalb drei Projekte in ihren Heimatorten ins Rollen gebracht. Sie stehen dabei stellvertretend für 27 Projekte in der LEADER-Region Nordschwarzwald. Die erstreckt sich über die Landkreise Calw und Freudenstadt und wird mit Mitteln der EU (1,3 Millionen Euro) und des Landes Baden-Württemberg (700 000 Euro) gefördert. "Das primäre Handlungsfeld bei diesen drei Projekten ist die Sicherung der Lebensqualität für Jung und Alt", erklärt Dajana Greger, Geschäftsführerin der LEADER-Aktionsgruppe Nordschwarzwald. Insgesamt gibt es noch fünf weitere Handlungsfelder, die durch das Entwicklungsprogramm gefördert werden: Naturerlebnis und Gesundheitsförderung im Tourismus, Landschaft und Natur, Bauen mit heimischem Holz, Junge Menschen auf neuen Wegen sowie Zusammenarbeit und Erfahrungsaustausch.

Gleich in drei dieser Handlungsfelder fällt das Projekt Dorfscheune von Catherina Haessler in Schömberg-Bieselsberg. "Meine Familie neigt dazu, aus alten Gebäuden wieder etwas zu machen", erklärt Haessler und schmunzelt. Die alte Dorfscheune schräg gegenüber vom Wohnhaus der Familie hatten die Haesslers daher schon länger im Blick. "Bis vor Kurzem wurde sie vom Bauhof genutzt, jetzt steht sie leer. Und da haben wir uns so einiges überlegt." Die Dorfscheune soll ausgebaut werden: drei Toiletten, zwei Duschen, eine Gemeinschaftsküche und vor allem einen Veranstaltungsraum für bis zu 70 Personen soll sie bekommen.

"Auch in den Dörfern wird es immer anonymer", meint Haessler. Um so wichtiger sei es, Orte zu schaffen, an denen sich Jung und Alt treffen können. Das soll in der Dorfscheune ab Sommer 2019 möglich sein. "Sie soll unkompliziert von Privatpersonen, Kommune und Vereinen angemietet werden können. Mit der Zeit soll sich auch ein Dorf-Café entwickeln." Doch nicht nur das: Auf der Wiese hinter der Scheune sollen zwei kleine Holzhäuschen, sogenannte "tiny houses" entstehen. Die sollen als Ferienunterkünfte für Familien dienen und komplett aus heimischem Weißtannenholz gebaut werden. 293 000 Euro kostet das Projekt, 66  450 Euro steuert LEADER bei – 60 Prozent kommen von der EU, der Rest vom Land.

Auf Weißtannenholz greift auch Hans-Peter Mast aus dem Bad Teinach-Zavelsteiner Stadtteil Sommenhardt beim Ausbau des ehemaligen Kuhstalls auf dem Hof seiner Familie zurück. Mit Naturmaterialien kennt sich der Schreinermeister nämlich bestens aus. Daher soll der alte Stall zum Showroom für Naturbaustoffe werden. Die vertreibt Mast gemeinsam mit einem Partner über die Firma "Gesundes Wohnen". In dem Stall, der leer stand seit 2011 die letzte Kuh vom Hof abgeholt wurde, soll bis Ende des Jahres ein Verkaufsraum, ein Lager und ein Büro entstehen. Die Erweiterung des Sommenhardter Unternehmens kostet 26  250 Euro – davon werden 8800 Euro von LEADER beigesteuert. Außerdem wird ein neuer Arbeitsplatz im Verkauf entstehen.

"Da sieht man mal, dass wir auch was von der EU kriegen und sie auch gut für uns hier ist", meint Rüdiger Krause, Vorsitzender des Fördervereins für das Dorfzentrum Bad Liebenzell-Beinberg. Das Projekt seines Vereins wird von LEADER mit knapp 36 400 Euro gefördert. Auch hier stammen 60 Prozent des Geldes von der EU. 115 500 Euro soll der Bau eines Backhauses, der am 1. Oktober beginnt, insgesamt kosten. "LEADER ist für solche Projekte schon eine super Sache", meint Bad Liebenzells Bürgermeister Dietmar Fischer. Die Förderung zu bekommen, sei zwar ein bisschen kompliziert und wie bei allem, was mit EU-Geldern zu tun hat, könne man schon mal am Papierkram verzweifeln. Doch unterm Strich lohne sich der Aufwand.

"Zwei unserer Mitglieder hatten die Idee schon vor fünf Jahren", berichtet Krause. Durch die Nachbarschaft zum Feuerwehrhaus und dem Waldhufensaal sei die Stelle unweit des Dorfplatzes prädestiniert für den Bau. "Das Backhaus wird an den bestehenden Bau des Schlachthauses angebaut", erklärt Günter Kirchherr vom Vereinsvorstand. So können die Toiletten und der Kamin der bereits bestehenden Gebäude benutzt werden. "Neben dem Ofen wird es im Backhaus einen Lagerraum und einen großen Sitzbereich für etwa 20 Personen geben", so Kirchherr. Ab Mai 2019 soll es dann Backfeste geben und auch eine Zusammenarbeit mit dem benachbarten Kindergarten ist geplant. Bad Liebenzells Bürgermeister träumt derweil schon vom ersten frisch gebackenen Brot: "Die Waldhufenkruste wird die neue Beinberger Spezialität", ist er überzeugt.