Dekan Ralf Albrecht, Peter Koch, Schuldnerberater, Elfriede Sommerer, Ehrenamtliche, Elisabetha Füssinger, Ehrenamtliche, Helmut Liebs, Fundraising und Stiftungsmanagement der evangelischen Landeskirche (von links). Foto: Bernklau

Landeskirche zeichnet Fundraising-Projekt von Elisabetha Füssinger aus. Sogar im Literaturarchiv Marbach geforscht.

Kreis Calw - Jeder achte Einwohner des Kreises Calw ist überschuldet. 5000 Menschen waren bereits bei der Schuldnerberatung der Kreisdiakonie. Um diesen Menschen zu helfen, ziehen Elisabetha Füssinger und Elfriede Sommerer für einen Fonds Mittel an Land. Und die Art, wie sie das machen, ist der Landeskirche zum zweiten Mal einen Preis wert.

Seit gut sechs Jahren gibt es den Fonds "Neue Chance". Der Evangelische Diakonieverband im Kreis Calw hat ihn aus der Taufe gehoben, um aus ihm zinslose Darlehen zu finanzieren, die überschuldeten Menschen nach einem Vergleich die Restschuldbefreiung zu ermöglichen.

Das Geld wird den Schuldnern nicht einfach so zur Verfügung gestellt. Sie werden in Mitverantwortung genommen und zahlen das Darlehn auch wieder zurück. Mehr als 20 solcher Darlehen in einer Hähe von insgesamt mehr als 40.000 Euro wurden bereits gewährt. In 15 Fällen haben die Schuldner das Darlehen bereits getilgt.

Doch wo kommt das Geld her, mit dem der Fonds, die Schuldnerberater und die Schuldner arbeiten können? "Das haben wir für unser Klientel zusammengebettelt", erzählt Elisabetha Füssinger. Sie und Elfriede Sommerer ziehen seit Jahren Mittel für den Fonds an Land – mittlerweile steuert der Kapitalstock auf die 100.000 Euro zu.

Und nicht nur der Fonds an sich ist eine Erfolgsgeschichte, auch die Methoden, wie die Frauen Mittel dafür an Land ziehen sorgen für Furore. Denn Elisabetha Füssinger hat – mit tätiger Unterstützung der Nachkommen – eine Verbindung zwischen der Schuldnerberatung und dem in Calw geborenen Literaturnobelpreisträger Hermann Hesse hergestellt, der zeitweise auch mit Schulden zu kämpfen hatte. Füssinger hat intensiv geforscht, sich sogar in die Tiefen des Marbacher Literaturarchivs begeben. Herausgekommen ist ein schmuckes Heft mit dem Titel "Hermann Hesse und die Schuldnerberatung", mit dem sie mächtig Aufsehen erregt. Auch bei der Familie Hesse. Besonders Hesse-Enkel Silver Hesse unterstütze das Projekt, berichtet sie.

Das Aufsehen, das sie erregt, reicht inzwischen bis zur Landeskirche. Die zeichnet seit vier Jahren besondere Hilfsprojekte mit dem "Fundraising-Preis" aus. Schon einmal gewann der Fonds "Neue Chance" einen dritten Preis, jetzt wurde das Hesse-Projekt mit einem zweiten Preis prämiert.

Bei der Übergabe der Preise in Bad Boll trafen sich jetzt all diejenigen, die für ihre Projekte erfolgreich und innovativ Geld sammeln. Normalerweise treffen dort nur Vertreter von Kirchengemeinden aufeinander, das Diakoniemodell aus dem Kreis Calw ist da eher die Ausnahme. Beim Erfahrungsaustausch mit anderen "Fundraisern", wie sie in der Fachsprache heißen, erregten das Hesseprojekt und der Fonds "Neue Chance" Aufsehen. Oberkirchenrat Martin Kastrup regte gar an, das Modell in der ganzen Landeskirche zu kopieren.

Mit dem jetzigen Erfolg wollen es Elisabetha Füssinger und ihre Mitstreiterin Elfriede Sommerer nicht bewenden lassen, immerhin will man den Kapitalstock des Fonds auf 100.000 Euro steigern.

Und eine Gruppe wollen die zwei motivierten Frauen in Zukunft besonders ins Visier nehmen: die Kommunen im Kreis Calw.