In einer Großschadenslage hat Bernd Singer, Leiter des Zivil- und Katastrophenschutzes im Landkreis Calw, den direkten Draht zum Innenministerium. Foto: Stocker

Bernd Singer erarbeitet Krisenhandbuch für den Landkreis Calw. "Rotes Telefon" ist Draht zum Innenministerium

Kreis Calw - Es kommt immer mal wieder vor, dass die Stromversorgung unterbrochen ist. Doch was passiert, wenn der "Saft" für längere Zeit fehlt? Kein Telefon funktioniert, Lampen bleiben dunkel, möglicherweise kühlen sogar Wohnungen aus. Was, wenn alle Räder still stehen?

Im April waren es "nur" bis zu 35 Minuten, in denen Gemeinden im Umfeld von Ostelsheim über Calw bis nach Bad Wildbad und Neuweiler sowie von Wildberg bis nach Bad Liebenzell betroffen waren. Schon dabei kamen vor allem gewerbliche Einrichtungen an ihre Grenzen. Kaum vorstellbar, wenn die Stromunterbrechung weitere Kreise zieht und länger anhält, wie beispielsweise vor acht Jahren im Münsterland. Mehrere Tage mussten rund 250.000 Menschen ohne Strom auskommen.

Würde im Kreis Calw ein ähnlicher Fall eintreten, träte im Landratsamt der so genannte Krisenstab zusammen, dem Kreisbrandmeister Hans-Georg Heide als technischer Einsatzleiter sowie der erste Landesbeamte Frank Wiehe für den Verwaltungsstab vorstehen.

"Wir haben im Landratsamt vor wenigen Jahren mit Schiffsdiesel aufgerüstet und könnten dadurch den Betrieb mehr als eine Woche aufrecht halten", sagt der Leiter für Zivil- und Katastrophenschutz Bernd Singer. In seinem Büro ist zudem das "rote Telefon" installiert, das die Verbindung zum Innenministerium gewährleistet. Eine Erinnerung an frühere Tage stellt indes die Schalttafel für Sirenen dar, zumal es die Leitungen für das flächendeckende Warnsystem nicht mehr gibt. Doch was kann jeder Einzelne in der Bevölkerung tun? "Ratsam wäre, ein Transistorradio und Taschenlampe sowie die passenden Batterien in Reichweite zu haben", empfiehlt Singer eine Grundausstattung für Informationen und Orientierung.

Er will eine länger andauernde Unterbrechung der Stromversorgung nicht unterschätzt wissen. Deshalb hat er ein Krisenhandbuch für den Landkreis Calw erarbeitet. "Das Handbuch vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz war mir zu theoretisch und allgemein", berichtet er von intensiven Erhebungen.

So galt es unter anderem festzustellen, wer in den Gemeinden über ein Notstromaggregat verfügt und wo es stationiert ist. Zudem fiel ein Augenmerk auf sensible Einrichtungen wie beispielsweise die vier Krankenhäuser, 16 Kurkliniken und das Versorgungszentrum des Klinikverbundes oder auch die zahlreichen Seniorenheime. Darüber hinaus kommt den insgesamt 36 Apotheken im Kreisgebiet hohe Bedeutung zu, muss doch auch der Medikamentenversorgung Rechnung getragen werden. Nicht zu vergessen die Tankstellen. "Schließlich brauchen die Fahrzeuge der Rettungsdienste und Polizei Sprit, in der vorherrschenden topografischen Ausdehnung eine nicht zu unterschätzende Herausforderung", sagt der Leiter des Katastrophenschutzes und stellt die zunehmende Einrichtung von notstromversorgten Tankstellen in Aussicht.

"Im Ernstfall muss auch die Bevölkerung in Hallen oder ähnlichen Einrichtungen untergebracht werden", erinnert Singer an das Hochwasserszenario in Gechingen, wo die Gemeindehalle sofort zur Verfügung stand. Zusammen mit Marcel Milkau, Kreisbrandmeister von Mittelsachsen, nahm er, während dessen Praktikum in Calw, die Daten auf. "Dann müssen Ansprechpartner und Möglichkeiten nicht erst erfragt werden, sondern Maßnahmen können sofort eingeleitet werden", betont der Initiator.

Auf dieser Basis konnte Heide beispielsweise beim Kamelhofbrand in Rotfelden schnell einen Bagger akquirieren. Für Baden-Württemberg leistete Singer damit Pionierarbeit, lassen sich die Erhebungen doch auf andere Kreise umlegen.