Eichenprozessionsspinner können beim Menschen eine Raupendermatitis auslösen. (Symbolfoto) Foto: dpa

Vermehrung von Borkenkäfern, Eichenprozessionsspinnern und Zecken macht Forstmitarbeitern zu schaffen.

Althengstett/Ostelsheim/Simmozheim - "Wir werden lernen müssen, damit umzugehen", sagt Revierförster Jürgen Martinek. Damit meint er die massenhafte Vermehrung von Borkenkäfern, Eichenprozessionsspinnern und Zecken. Die beiden erstgenannten Tierarten halten die Forstmitarbeiter, die in Althengstett, Ostelsheim und Simmozheim tätig sind, ganz schön auf Trab.

Derzeit sind der Revierförster und weitere drei Mitarbeiter mit der schweißtreibenden Holzernte beschäftigt, mit der auch Käferholz beseitigt wird – in Vollmontur mit Helm und Schnittschutzhosen, die aus mehreren Kunststofflagen bestehen. Bei den anhaltend hohen Temperaturen wird frühmorgens mit der Ernte begonnen, nachmittags dann andere Arbeiten verrichtet, für die eine solche Ausrüstung nicht notwendig ist.

"Aus 2018 haben wir eine große Startpopulation an Borkenkäfern", sagt Martinek im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten. Dabei müsse zwischen Fichten- und Tannenbeständen unterschieden werden. Die Fichte werde von den Arten Buchdrucker und Kupferstecher befallen. Diese hätten durch den Wetterverlauf 2018 ideale Bedingungen vorgefunden und es seien drei Generationen der Tiere herangewachsen. "Uns hat das jetzige verzögerte Frühjahr in die Karten gespielt", erklärt der Forstexperte, denn der April und der Mai seien recht kalt gewesen. Jetzt sei die erste Generation am Start, "drei schaffen die dieses Jahr aber auf keinen Fall".

Kronen verfärben sich rot und es ist nichts mehr zu machen

Während der Käferbefall sich bei der Fichte noch in Grenzen hält, macht sich Martinek große Sorgen um die Tannen im rund 560 Hektar großen Althengstetter Gemeindewald. Es sei ein ähnliches Phänomen zu beobachten wie nach dem sehr heißen, trockenen Sommer 2003, der sich bis ins Folgejahr bemerkbar gemacht habe. Immer mehr Tannen würden akut befallen, etwa vom "Krummzähnigen Tannenborkenkäfer" oder dem "Schwarzen Tannenborkenkäfer". "Diese bringen die Bäume in großem Maßstab zum Absterben und die Kronen verfärben sich dann rot", so Martinek. Der Befall sei schwer festzustellen. Würden die Tiere entdeckt, sei es meist auch schon zu spät. "Der Schadholzanteil liegt dadurch bei der Tanne eher bei 60 als bei 40 Prozent", gibt der Revierförster an.

Ein weiter zunehmendes Problem, das allerdings weniger den Zustand des Waldes und den Holzertrag betrifft, sondern eher eine Gesundheitsgefahr darstellt, ist der Eichen-Prozessionsspinner (siehe "Info"). Der Befall halte sich noch in Grenzen, "der kommt aber noch". Auf dem Althengstetter Schulgelände hätten bereits zwei Eichen aufwendig durch einen Kammerjäger davon befreit werden müssen.

Im Wald würden keine Maßnahmen gegen die Raupen ergriffen. "Wir werden nur an Brennpunkten wie Sitzbänken aktiv. Oder wenn innerorts, wie neulich bei der Schule, Eichen-Prozessionsspinner entdeckt werden", erklärt Martinek. Was bei den Einwohnern der Gäugemeinden nicht immer auf Verständnis stoße. Martinek ist derzeit sehr oft damit beschäftigt zu erklären, warum die Tiere nicht im gesamten Waldgebiet bekämpft werden können. "Das ist viel zu aufwendig. Der Kammerjäger muss in einem Schutzanzug und mit einer Art Sauger, mit dem sonst Asbest beseitigt wird, Nester an jedem betroffenen Baum entfernen." Alle fünf bis sechs Jahre sei die Population größer als gewöhnlich. Es lasse sich aber deutlich erkennen, dass dieses Intervall sich verkürze.

Am wenigsten Sorgen bereitet dem Förster momentan das Thema Waldbrandgefahr: "Durch regelmäßige und ausreichend ergiebige Niederschläge ist der Boden zumindest in den oberen Schichten noch gut durchfeuchtet." Brände wie der jüngst im Berliner Grunewald seien im Gäu, zumindest derzeit, nicht zu befürchten.

Info: Eichenprozessionsspinner

Der Eichen-Prozessionsspinner ist ein Nachtfalter. Er bevorzugt warm-trockenes Klima und breitet sich aufgrund der Klimaveränderungen immer stärker in Deutschland aus. Die Brennhaare der Raupen sind für Mensch sowie Tier gefährlich und lösen allergische Reaktionen aus.

In Trockenjahren kann es zu Massenvermehrungen kommen und dann befällt er auch jüngere Bäume sowie große geschlossene Waldgebiete. Für den Menschen gefährlich sind die Haare ab dem dritten Larvenstadium des Eichen-Prozessionsspinners, also im Mai und Juni. Die 0,2 Millimeter langen Brennhaare brechen leicht ab, etwa bei einem Windstoß, sind mit Widerhaken versehen und enthalten das Eiweiß Thaumetopoein.

Mit jedem Entwicklungsstadium steigt die Gesundheitsgefährdung. Eine Altraupe besitzt bis zu 700.000 Brennhaare. Die Haare dringen leicht in die Haut und Schleimhaut ein und setzen sich dort mit ihren Häkchen fest. Eine Gefährdung besteht besonders beim direkten Kontakt mit den Raupen, die während der Fraßzeit der Tiere am größten ist. Eine ganzjährige Gefahrenquelle sind die Häutungsnester und die am Baum oder am Boden verbleibenden Verpuppungsgespinste.

Die Brennhaare bleiben an Kleidung und Schuhen haften, die bei Berührung immer neue toxische Reaktionen auslösen. Das Gift der Brennhaare ist über mehrere Jahre aktiv. Sogar Brennholz aus diesen Gebieten stellt einen Risikofaktor dar. Gesundheitliche Beschwerden durch den Eichen-Prozessionsspinner können daher während des gesamten Jahres entstehen (Quelle: Schutzgemeinschaft Deutscher Wald).