Passagiere des Lack-und Leder-Schiffs posieren vor dem Ablegen. Foto: Kästle

Swinger-Schiff schlägt Wellen: Schiffsbetriebe erlassen strengere Richtlinien für Charterverträge.

Konstanz - Eine Swingerparty auf einem Schiff lockt jährlich rund 700 Teilnehmer. Doch viele Kommunalpolitiker empören sich über das frivole Treiben, auf ihr Drängen hin ändert die Bodensee Schiffsbetriebe GmbH ihre Charterregeln: keine Sex-Events mehr.

Der Motor surrt, am Ufer schnattern ein paar Enten. Langsam gleitet das Schiff "MS Schwaben" mit seinen Passagieren über den Bodensee. Über das Wasser weht eine leichte Brise, hinter den kleinen Quellwolken am Himmel lugt die Sonne hervor. In der Ferne grüßt die Schweiz. "Einfach idyllisch", sagt Stefan Müller. Der 24-Jährige studiert und wohnt eigentlich in Münster. Mit seiner Freundin Nina ist er in diesen Tagen am Bodensee, "um zu entspannen und abzuschalten", wie er sagt. Auch viele Familien sind an Bord. Die wenigsten der Passagiere wissen, dass sich die "MS Schwaben" einmal im Jahr in ein Swinger-Schiff verwandelt. "Hier finden wirklich Swingerveranstaltungen statt?", fragt Nina und blickt etwas ungläubig ins Schiffsinnere: "Ist ja interessant."

Am 30. August sticht das Swinger-Schiff ab Friedrichshafen wieder in See – zum vierten und allerletzten Mal. Die Bodensee Schiffsbetriebe GmbH (BSB) hat Anfang Juli auf Druck mehrerer Kommunalpolitiker neue Richtlinien erlassen, wonach die BSB-Schiffe künftig nicht mehr für Sex-Events verchartert werden dürfen. Der CDU-Fraktionsvorsitzende in Konstanz, Roger Tscheulin, begrüßt die Entscheidung: "Wir halten es für absolut daneben, dass die Kommune für so etwas die Hand reicht."

Über Jahre hinweg hatten die Sex-Veranstaltungen in besonderem Ambiente aber offenbar niemanden gestört. Seit 2011 veranstaltet die Firma Dreamteam Erotik Events aus Friedberg bei Augsburg einmal pro Jahr das Swinger-Schiff. Erst zu Beginn dieses Jahres echauffierte sich der konservative Flügel der Kommunalpolitiker im Bodensee-Raum über das seiner Ansicht nach frivole und frevelhafte Treiben. Die Swingerveranstaltungen seien "unanständig", schimpfte die Friedrichshafener CDU-Stadträtin Magda Krom (76) damals.

Weil die BSB eine Tochtergesellschaft der Stadtwerke Konstanz sind, schrieb Tscheulin kurz danach einen Brief an den Oberbürgermeister der Stadt Konstanz, Uli Burchardt (CDU). In dem Schreiben heißt es, die Außenwirkung für die Region sei durch das Swinger-Schiff "verheerend". Und weiter: "Heute Swinger-Event, morgen Familienausflug zur Mainau und Pfahlbauten? Das geht nicht zusammen." Burchardt, der zugleich als Vorsitzender des BSB-Beirats fungiert, reagierte und machte klar, dass er keine Sex-Veranstaltungen auf dem Eigentum des städtischen Unternehmens mehr wolle.

Auch Torture-Ship ist betroffen

Ihm gehe es dabei "nicht um sexuelle Intoleranz oder Prüderie", es gehe um die Frage, "ob die BSB Schiffe für kommerzielle Sex-Veranstaltungen verchartern und ob man dieses tatsächlich zum Geschäftsmodell eines der größten Touristikanbieters in Baden-Württemberg erklären will".

Das Swinger-Event in diesem Jahr ist von den neuen Richtlinien nicht betroffen. Der Vertrag zwischen den BSB und der Dreamteam Erotik Events war zuvor geschlossen worden. So werden sich Ende August noch einmal rund 700 Gäste an Bord der "MS Schwaben" vergnügen. Es sei allerdings keine "absurde Sexparty, wo alle wild miteinander schlafen", betont Thomas Weiss von Dreamteam Erotik Events.

Trotzdem darf das Swinger-Schiff nicht mehr wie bisher über den Bodensee schippern. Die Veranstalter müssen nun ein ausgefeiltes Konzept vorlegen. "Und das wird dann nach den neuen Richtlinien geprüft – und entweder genehmigt oder abgelehnt", erklärt BSB-Geschäftsführerin Petra Pollini. Auch das sogenannte Torture-Ship (Englisch für Folter-Schiff), ein Sadomaso-Schiff, das seit 18 Jahren von Friedrichshafen nach Konstanz in See sticht, ist von dem Entschluss betroffen.

Ändern die Veranstalter ihre Konzepte nicht und suchen stattdessen nach Alternativen zum Bodensee, gehen den BSB lukrative Geschäfte flöten. Die BSB nehmen mit den neuen Richtlinien zur Not auch in Kauf, dass künftig die fünfstelligen Summen nicht mehr in die Kassen fließen.

Herbert Weber hält die Entscheidung deshalb "nach wie vor für einen Fehler". Die BSB seien ein Wirtschaftsunternehmen, die Geschäfte mit den Swinger- und Sadomasopartys seien "wie jedes andere auch", sagt der Kommunalpolitiker der SPD, der auch im BSB-Beirat sitzt: "Die Leute, die da teilnehmen, tun niemandem etwas. Ein wenig Toleranz könnte dem einen oder anderen nicht schaden."