Foto: Frank Engelhardt

Bad Religion, The Libertines, Muse. Wetterfestes Outfit und Gelassenheit.

Konstanz - Dunkle Wolken hängen am Himmel, zeitweise Regen wie aus Kübeln und frische 18 Grad Celsius. Nicht gerade das Traumwetter in Deutschland, aber vielleicht eher etwas für Musiker aus England. Die beiden britischen Formationen The Libertines und Muse lieferten am Samstagabend ein beeindruckendes Finale bei Rock am See.

Und es war ja auch nicht irgendein Open Air im Konstanzer Bodenseestadion, sondern das Geburtstagsständchen zur 30. Auflage des Traditionsevents.Mehr als 15 000 Musikfans aus Deutschland, der Schweiz und Österreich feierten mit. An ausverkaufte Konzerte wie 2012 mit dem Headliner Green Day oder den Deutschrock-Orgien mit den Toten Hosen konnten die Festivalmacher zwar damit nicht anknüpfen, aber gegenüber 2015, als gerade einmal 11 000 Besucher die Kings of Leon sehen wollten, war es eine deutliche Steigerung.

Wie auch immer, die Besucher des Rock am See Auflage 2016 hatten nicht viel zu mäkeln. Mit wetterfestem Outfit und der Gelassenheit erfahrener Festivalgänger brachte es ein etwas betagteres Pärchen aus dem Saarland auf den Punkt: »Wir wollten eigentlich ganz gemütlich mit dem Motorrad hierher kommen und feiern. Dann hatten wir eine Panne auf der Autobahn und mussten zurück nach Hause. Nun sind wir nach über zehn Stunden Anfahrt mit dem Auto hier in Konstanz – und freuen uns schon tierisch auf Muse.«Wo das Durchschnittsalter des Publikums in diesem Jahr lag, mögen Außenstehende nur schätzen können.

Fakt ist, alles ging sehr gediegen und in geordneten Bahnen zu. Als am frühen Abend mit Bad Religion die Punkrock-Heroen aus Los Angeles für Stimmung sorgten, brach zumindest bei den ersten Songs fast schon die Wolkendecke auf. Die sonnenverwöhnten Musiker feuerten einmal mehr einen sozialkritischen Text nach dem anderen in die Menge, ließen die Fans im einsetzenden Regen fröhlich tanzen. Gleich zwei skandalumwitterte Frontmänner hat die britische Formation The Libertines zu bieten.

Pete Doherty und Carl Barât sind alles andere als Leisetreter, haben während ihrer Karrieren für mächtig Rummel gesorgt. Wild, ungezügelt, ursprünglich und unberechenbar haben sie sich einen Kultstatus erspielt.  Lange konnte das nicht gut gehen. Zehn Jahre war die Zukunft der Freigeister ungewiss, dann kam die offizielle Reunion auf der Bühne vor zwei Jahren. Und dass das Quartett auch heute noch etwas zu sagen hat, zeigte es in Konstanz. Eines wurde während des Auftritts allerdings auch offensichtlich: Doherty & Co. sind sicherlich auch heute noch keine Kinder von Traurigkeit, doch Exzesse auf der Bühne wie einst sind  von ihnen eher nicht mehr zu erwarten. Dafür eine grundsolide Rockshow – und das ist schließlich auch etwas.

Den Kultstatus bei ihren Fans haben sich Muse  ohne viel Tamtam lange und hart erarbeitet. Über die Jahre hat das britische Trio um Sänger Matthew Bellamy einen völlig eigenständigen, unverkennbaren Stil entwickelt. Der außergewöhnliche Gesang und die extravagante Bühnenshow waren auch in Konstanz Mittel- und letztlich Höhepunkt des Abends. Und je mehr Gas die Band gab, desto feuchtfröhlicher wurde es im Stadionrund. Der beim vierten Song erneut einsetzende Regen war heftiger als zuvor, spornte Musiker wie Besucher aber gleichermaßen an. Grammy-Gewinner lassen sich nicht so leicht unterkriegen, ihre Fans gleich zweimal nicht.