Die Berliner Gründer wollen Balkonkraftwerke verkaufen. Foto: dpa/Stefan Sauer

Ein EnBW-Tochterunternehmen im Kreis Heidenheim findet, das Berliner Start-Up Einhorn Energy klinge zu ähnlich wie die Firma selbst – und schickt eine Unterlassungserklärung.

Anfang Februar bekommt das Berliner Start-Up Einhorn Energy Post aus Giengen an der Brenz im Kreis Heidenheim. Was der Energieversorger aus Baden-Württemberg da verschickt, ist eine Abmahnung mit einer Strafandrohung. „Heute fehlen uns die Worte, denn seit gestern Abend dürfen wir nicht mehr mit „Einhorn Energy” für unsere Vision, ein Kohlekraftwerk mit Balkonkraftwerken zu ersetzen, antreten“, schreibt Einhorn-Gründer Waldemar Zeiler dazu auf LinkedIn.

Was der Energieversorger Einhorn Energie GmbH damit meint, ist dass ihnen der Name „Einhorn Energy“ zu ähnlich zu ihrem sei. Einhorn Energie ist ein lokaler Energieversorger in Giengen an der Brenz, sowohl die Stadtwerke Giengen als auch die EnBW ODR GmbH, ein Tochterunternehmen des EnBW Konzerns, halten Anteile daran. Wie die EnBW verrät, ist das Einhorn auch auf das Einhorn des Stadtwappens Giengen zurückzuführen. Gründer Waldemar Zeiler fügt in seinem Post hinzu, dass er traurig sei, dass es bislang kein Gespräch dazu gebe, die Einhorn Energie GmbH nicht auf Nachrichten und Anrufe reagiere.

„Einhorn Energy“ ist Ausgründung von Zeilers Kondom-Start-Up „Einhorn“

Waldemar Zeiler ist Gründer, in der Start-Up-Szene kennt man ihn von seinem Start-Up Einhorn. Mit seinem Co-Gründer Philip Siefer fing er 2015 an, Kondome zu verkaufen. Die Kondome wurden bald vegan und fair produziert, darauf folgten Menstruationsprodukte wie Tampons aus Bio-Baumwolle und Menstruationstassen. Ihre Mission: „Wirtschaft anders machen, ohne Mensch und Natur abzufucken“, wie er sagt.

Von den Kondomen zur Energiewende: Einhorn-Gründer Waldemar Zeiler will künftig Balkonkraftwerke verkaufen. /Anne Hufnagl

Weil man mit Kondomen und Periodenprodukten allein die Welt nicht werde retten können, kam er auf das Thema Energiewende. Ende September 2023 gründete er mit Elisa Naranjo und Kian Pariwar das Balkonkraftwerk-Start-Up, wie Einhorn auch schon in Verantwortungseigentum – sprich, die Firma gehört sich selber und kann keine Gewinne ausschütten. Außerdem unterstützt die Einhorn-Designerin Teresa Limmer das Team im Design. Mit den kleinen Kraftwerken wollen die Gründer die Energiewende „anfassbarer“ machen, wie Zeiler sagt.

Einhorn Energie und EnBW: „Einhorn Energy“ muss sich umbenennen

Im Gespräch gibt der Gründer zu, dass sie „vielleicht etwas naiv“ waren. Er habe recherchiert, ob es ähnlich klingende Firmen gebe, sich aber bei einem kleinen, lokalen Energieversorger nichts gedacht, der selbst keine Balkonkraftwerke anbietet. Er habe Einhorn Energie geschrieben, aber nichts von ihnen gehört. „Rechtlich ist das ziemlich klar“, sagt er, die Unterlassungserklärung haben sie daher schnell unterschrieben. Gerade auch weil sich das Start-Up keinen Rechtsstreit leisten könne, zumal nicht mit einem Tochterunternehmen des Energiekonzerns EnBW.

Auf Zeilers Post hin meldet sich dann die Anteilseignerin EnBW bei den Einhörnern, wie Zeiler sich und seine Mitgründenden nennt, und er erzählt von einem sehr schönen Gespräch: „Wir werden uns umbenennen, aber die EnBW findet unsere Mission total super und wir schmieden Pläne, wie wir miteinander kooperieren können.“

Wie heißt „Einhorn Energy“ in Zukunft?

Christoph Ringwald, bei der EnBW zuständig für Kommunikation, Politik und Marke, bestätigt das konstruktive Gespräch und fügt hinzu, man stehe bei der EnBW dem Vorhaben sehr wohlwollend gegenüber: „Balkonkraftwerke sind ein sehr unterstützenswertes Vorhaben und wir streben daher eine gemeinsame Lösung an.“ Daher werde gerade mit Einhorn Energie geprüft, welche Optionen es gebe. „Schade wäre, wenn wir gar nichts mit Einhorn im Namen stehen hätten, weil uns daher unsere Kunden kennen“, sagt Zeiler. EnBW und Zeiler berichten, man stehe kurz vor einer Einigung. Wie diese konkret aussieht, stand bei Redaktionsschluss jedoch noch nicht fest.

Das Ziel von Einhorn Energy ist es, 5000 Balkonkraftwerke zu verkaufen. „Um dann irgendwann ein Kohlekraftwerk ersetzen zu können“, so Zeiler. Dafür müssten jedoch drei Millionen solcher Kraftwerke an Balkonen hängen. 300 Watt Leistung bringe eines ihrer Solarpanele, Kostenpunkt zwischen 500 und 600 Euro. „300 Watt ist die Leistung, die beispielsweise Kühlschrank und Wlan verbrauchen, ohne dass man sie benutzt“, erklärt Zeiler. Denn einen Speicher gebe es in den Balkonkraftwerken nicht. Finanzieren will das Start-Up die Kraftwerke über ein Crowdfunding, das am 12. März startet und vier Wochen andauern soll. Sind dann die 5000 Kraftwerke nicht verkauft, wars das.

„Aus dem Schrecken ist vielleicht ein kleines Happy-End geworden“, resümiert Einhorn-Gründer Zeiler. Aber auch er kennt den Frust von Gründern, wie er in vielen der Kommentare unter seinem LinkedIn-Post rausklingt. „Oftmals werden Abmahnungen als Mittel eingesetzt, um den Wettbewerb kleinzuhalten“, sagt er. Dabei könnten auch größere Krisen nur gelöst werden, wenn man miteinander spricht und sie gemeinsam angeht, sagt Zeiler und wünscht sich, dass große Konzerne öfter mit Start-Ups zusammenarbeiten würden.

Balkonkraftwerke

Förderung
Die kommunale Förderung für Balkonkraftwerke unterscheidet sich regional stark. In elf von 16 Bundesländern werden Kraftwerke für Balkone gefördert. Zwischen 50 und 300 Euro gibt es in Städten in Baden-Württemberg für Anlagen mit meist 300 Watt Leistung. In Stuttgart schießt das Programm „Solaroffensive Stuttgart“ 100 Euro pro Anlage zu.

Zahlen
Laut Statista haben 60 Millionen Menschen Zugang zu Balkonen (Stand 2021). Balkonkraftwerke dürfen bis zu einer Leistung von 600 Watt in die heimische Steckdose gesteckt werden und helfen dabei, eigenen Strom herzustellen. Bis 600 Watt Leistung geht das auch ohne Handwerker oder Techniker.