Jeder dritte Vater nimmt heute in den ersten Lebensmonaten des Kindes Elternzeit Foto: dpa

Sie wickeln, füttern, gehen ins Babyschwimmen und nehmen Elternzeit – die so genannten neuen Väter erziehen mit, aber noch nicht genug.

Stuttgart - Neulich Nachmittag in einem Café eines Stuttgarter Kaufhauses. Zwei Väter trinken Cappuccino. Der eine hält einen wenige Monate alten Säugling im Arm, der andere beobachtet seinen etwa eineinhalb-jährigen Sohn in der Spielecke. Zwei ältere Damen am Nebentisch sind entzückt. „Ach, wie goldig“, sagt die eine. „Das hätten unsere damals nie gemacht“, sagt die andere. Und dann, an einen der jungen Väter gewandt: „Und wo ist die Mama?“ – „Geld verdienen“, antwortet der und grinst.

Das sind sie also. Die so genannten neuen Väter. Man kann sie auf Spielplätzen beobachten, wo sie ihren Kleinen Apfel- und Bananenstücke aus der Tupperbox reichen. Man sieht sie beim Babyschwimmen, trifft sie mit Jogging-Kinderwagen im Park oder beim Kinderturnen mit den anderen Muttis in der Damenumkleide.

Männer übernehmen heute öfter die Kinderbetreuung, als das noch vor einer Generation üblich war. Das kann man nicht nur im Alltag beobachten, dass beurteilen junge Väter auch selbst so: 70 Prozent von ihnen sagten 2015 in einer Allensbach-Umfrage, dass sie sich mehr in die Erziehung und Betreuung ihrer Kinder einbringen, als ihre eigenen Väter das getan haben. Und es gibt auch handfeste Belege, Beispiel Elternzeit: 2006 nahmen gerade mal drei Prozent der Väter Elternzeit, zehn Jahre später hat sich der Wert auf gut ein Drittel verzehnfacht.

Positiv für die intellektuelle Entwicklung des Nachwuchses

Eine Entwicklung, über die sich nicht nur die Omis am Nebentisch freuen dürften. Auch die Kinder profitieren von einem intensiven Vater-Kind-Verhältnis. Zahlreiche Studien haben nachgewiesen, dass es positive Effekte unter anderem auf die intellektuelle, sprachliche sowie soziale und emotionale Entwicklung des Kindes hat, wenn der Papa viel Zeit mit dem Nachwuchs verbringt. Vor allem aber entlasten die neuen Väter ihre Partnerinnen, die immer häufiger selbst berufstätig sein wollen oder müssen. Eine Studie des Deutschen Jugendinstituts letztes Jahr hat ergeben, dass Mütter mit ihrer Partnerschaft zufriedener sind, wenn sich die Väter aktiv in die Familie einbringen.

Aber genau dort liegt nach wie vor auch das Problem. Denn so schön, wie die neue Väterwelt in den Cafés und auf den Spielplätzen erscheint, ist sie noch nicht – was nicht nur daran liegt, dass die Tupperbox meist von der Mama gepackt wird. Beispiel Elternzeit: 80 Prozent der Männer, die sich für eine Elternzeit entscheiden, sind nur zwei Monate zuhause, nicht selten parallel mit der Mutter. Auch bei der Frage, wer mehr arbeitet, hat sich wenig getan: In 70 Prozent der Haushalte in Deutschland arbeitet er Vollzeit und sie Teilzeit. Dass sie gern mehr Zeit mit dem Nachwuchs verbringen würden, sagen denn auch vier von fünf Vätern.

Mama traut Papa nicht zu, dass er das Vesper richtig packt

Woran liegt’s? Gern wird den Arbeitgebern die Schuld gegeben: Sie zahlen Männern mehr als Frauen. Außerdem gönnen sie ihren Mitarbeitern zwar ihre zwei Vätermonate im Kapuzenpulli, aber dann sollen sie doch bitte wieder den Anzug überstreifen und „richtig arbeiten“ gehen.

Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Wer mit jungen Eltern spricht oder sie beobachtet, sieht auch, dass Frauen und Männer oft selbst nicht bereit sind für die gleichberechtigte Verteilung der Familienarbeit. Sie packt eben auch deshalb die Tupperbox, weil sie es ihm nicht zutraut. Und er ist ganz froh, nach zwei Monaten wieder ins Büro zurück zu können, weil es dort weniger stressig ist.

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass solche Entwicklungen Zeit brauchen. Und dass sich in den vergangenen Jahren viel getan hat. Am Vatertag dürfen die neuen Väter also trotzdem ruhig mal auf sich selbst anstoßen – ob mit Cappuccino oder doch lieber mit einem Bier.