Am Ziel aller Träume: Stürmerstar Kylian Mbappé küsst den Pokal. Foto: Getty

Beim neuen Fußball-Weltmeister aus Frankreich stimmt die Altersstruktur und die Mischung aus Arbeitern und Künstlern, kommentiert Sport-Redakteur Jürgen Frey.

Moskau - Was zeichnet einen wahren Champion aus? Dass er dann voll da ist, wenn es drauf ankommt. Genau das hat die französische Fußball-Nationalmannschaft bei der WM in Russland eindrucksvoll vorgemacht. 2:1 gegen Australien, 1:0 gegen Peru, 0:0 gegen Dänemark – die Équipe Tricolore kam nur langsam ins Rollen. Nervös machte dies „Les Bleus“ nicht. Alle Spieler verdienen ihr Geld bei Topteams in den großen europäischen Ligen. Sie sind Druck gewohnt. Sie sprudeln vor Selbstvertrauen. Das 4:3 im Achtelfinale gegen Argentinien war der Dosenöffner, danach gab es kein Halten mehr.

Frankreich ist ein absolut verdienter Weltmeister. Bei keinem anderen Team stimmt die Mischung zwischen Arbeitern und Künstler so dermaßen gut. Was wären die Edeltechniker Paul Pogba, Antoine Griezmann und Kylian Mbappé ohne die Abräumer N’Golo Kanté und Blaise Matuidi, die unermüdlich den Ball erobern? Ziemlich wenig wert.

Trainer Didier Deschamps hat dies früh erkannt und ist mit dem WM-Titel nun in die Fußstapfen von Mario Zagallo und Franz Beckenbauer getreten: Nur dieses Trio hat als Spieler und als Trainer den Goldpokal gewonnen. Deschamps war Kapitän der Weltmeister-Mannschaft von 1998. Sie zeichnete sich durch eine wunderbare französische Kultur-Vielfalt aus. Auch das aktuelle Team ist vielseitig verwurzelt, kulturell wie religiös. Es ist ein Sinnbild für Zusammenhalt. Die Grande Nation kann stolz darauf sein.

Die Stars sind noch nicht satt

Bleibt der Weltmeister von internen Querelen – wie sie es 2010 unter Trainer Raymond Domenech gab – verschont, dann hat das Team eine goldene Zukunft. Mit 26,1 Jahren war diese französische Elf die zweitjüngste im Turnier – und trat dennoch schon betont reif und abgezockt auf. Der Himmelsstürmer Mbappé (19) hat die Zukunft noch vor sich. Genauso VfB-Profi Benjamin Pavard (22). Pogba (25), Griezmann und Kanté (beide 27) sind im besten Fußballalter – und noch lange nicht satt.

Das alles reicht aber nicht, um dem Team den Mythos der Unschlagbarkeit zu verleihen, wie dies Franz Beckenbauer im Rausch des WM-Titels 1990 für Deutschland prophezeite. Dem „Club der Unbesiegbaren“ gehören nur Chinas Tischtennis-Männer und die US-Basketballer an. Für Fußballer ist da kein Platz. Nicht mal für einen wahren Champion wie Frankreich.