Helmut Schmidt äußert Verständnis für Putin in Sachen Krim-Annexion. Foto: dpa

Man erlaubt Schmidt mit seinen oft anmaßenden Ratschlägen gern, über die schnöde Politik-Elite von heute herzuziehen, weil man ganz genau weiß: Er darf und kann nicht mehr mitentscheiden, kommentiert Wolfgang Molitor.

Stuttgart - Was Helmut Schmidt von Wladimir Putins Krim-Abenteuer hält, ist nicht von Belang. Aber es ist aufschlussreich über die Welt- und Weitsicht eines 95-Jährigen, der sich aus der politischen Ferne mit anmaßenden Ratschlägen immer wieder in Szene zu setzen weiß. Der Altkanzler hat seine ganz spezielle Sicht mancher Dinge. Er kann warnen und loben, abkanzeln und dazwischenreden: Stets stößt er, von Zigarettenrauch und der Aura eines großen Alten umnebelt, mit seinen Einschätzungen auf ein reges Interesse.

Dabei müssen diese nicht unbedingt von politischer Klugheit, ja nicht einmal von politischer Augenhöhe zeugen. Je anmaßender Schmidts Schreibtischanalyse, umso größer fällt die Aufmerksamkeit aus. Denn man erlaubt Schmidt gern, über die schnöde Politik-Elite von heute herzuziehen, weil man ganz genau weiß: Er darf und kann nicht mehr mitentscheiden. Weil er nicht mehr eingebunden ist und aktuelle Zwänge wie Zusammenhänge bestenfalls vermuten kann. Ein Altkanzler eben.

Natürlich kann Schmidt Sanktionen gegen Putin-Russland als „dummes Zeug“ abtun. Selbstverständlich darf er bedauern, dass schon andere Länder, die sich heute eigennützig als Hüter des Völkerrechts gerieren, aus bösem Machtkalkül gesündigt haben. Aber Putins Eskalationskurs mit wohlwollendem Desinteresse zu adeln und ansonsten mit verqueren Geschichtsbezügen und historischer Verantwortungssoße zu übergießen – das sollte man Schmidt bei aller Hochachtung dann doch nicht durchgehen lassen.