Foto: dpa

Stuttgart 21 bringt die Region ökologisch und ökonomisch voran.

Stuttgart - Ein historischer Tag nicht nur für die Landeshauptstadt: Stuttgart 21, das kostspieligste, langwierigste und umstrittenste Bauprojekt, das es in Baden-Württemberg je gab, ist beschlossene Sache. Die Projektpartner Bahn, Bund, Land, Region und die Stadt Stuttgart halten es für wirtschaftlich, in den unterirdischen Durchgangsbahnhof, den Flughafenbahnhof und 33 Kilometer Tunnelstrecken 4,1 Milliarden Euro zu investieren. Keiner kann mehr vom fahrenden Zug abspringen. Ende Februar ist Spatenstich. Daran wird auch der Urheberrechtsstreit mit den Erben des Bahnhofsarchitekten Paul Bonatz nichts ändern. Stuttgart 21 ist unumkehrbar.

Damit ist eine 17-jährige Planungs-Odyssee zu Ende, während der sieben Bundesverkehrsminister und vier Bahn-Chefs je nach politischer Sichtweise oder wirtschaftlicher Bewertung Stuttgart 21 mal auf die Schiene setzten oder aufs Abstellgleis bugsierten. Unter dieser Berg-und-Tal-Fahrt musste das ehrgeizige Vorhaben Schaden nehmen, den Stuttgarter Talkessel von einer Gleiswüste zu befreien, den Flughafen samt Landesmesse ans ICE-Netz anzuschließen und dabei die Reisezeiten deutlich zu verkürzen. Immer neue Kostensteigerungen haben bis zuletzt die Skepsis genährt und den Gegnern scharenweise Zulauf beschert.

Dass bei der Kommunalwahl im Juni die Grünen erstmals in einer Landeshauptstadt stärkste Fraktion wurden, spiegelt das wachsende Unbehagen gegen das Projekt wider. Die Gegner haben rechtlich alles versucht, den Tiefbahnhof zu verhindern - und sind vor Gericht stets klar gescheitert: Der Verwaltungsgerichtshof verwarf die Alternative K21 mit dem Erhalt des Kopfbahnhofs und einer Schnellbahntrasse durchs Neckartal auf die Filder, das Verwaltungsgericht lehnte einen Bürgerentscheid ab, weil die Stadt bereits 2002 verbindliche Finanzierungszusagen gegeben hatte. Als die Gegner im Herbst 2007 ihre Unterschriftenaktion starteten, war der Zug für einen Bürgerentscheid längst abgefahren.

Stuttgart 21 hat alle demokratisch legitimierten Institutionen mit stets großer Mehrheit passiert. Es ist eine Mär, zu behaupten, hier sei ein Milliardenprojekt gegen den Willen des Volkes durchgepaukt worden. Viele Gegner fühlen sich dennoch um einen Bürgerentscheid betrogen, sprechen von einer Kostenlüge, fürchten allerlei Beschwernisse während zehn Jahren Großbaustelle in der Innenstadt. Umso mehr sind jene, die Stuttgart 21 um fast jeden Preis wollten, in der Pflicht, die Unannehmlichkeiten für die Bürger so gering wie möglich zu halten. Seit Rüdiger Grube im Mai Hartmut Mehdorn als Vorstandschef abgelöst hat, gewinnt man den Eindruck, dass die Bahn endlich die Sorgen und Nöte vieler Stuttgarter ernst nimmt. Grube sucht den Dialog und hat mit Wolfgang Drexler einen Sprecher, der auf Bürger zugeht.

Jetzt, da Stuttgart 21 unumkehrbar ist, wächst vielleicht auch bei vielen Gegnern die Erkenntnis, dass es lohnend sein kann, sich konstruktiv einzubringen. Für Stuttgart eröffnet dieses Projekt nicht zuletzt europaweit einzigartige städtebauliche Perspektiven. Ein emissionsfreies Quartier für 30.000 Menschen mitten in der City - das wäre ein Ziel, das gerade die Grünen begeistern müsste.

Während die ökologischen Vorzüge des Projekts erst auf lange Sicht greifen, werden die ökonomischen Effekte bald zu spüren sein: Stuttgart 21 ist in Verbindung mit der neuen ICE-Strecke nach Ulm das auf Jahre bedeutendste Verkehrsinfrastrukturprojekt Deutschlands - ein besseres Konjunkturprogramm kann sich die Region kaum wünschen.