Ganz verschieden, völlig bunt, total gemischt! Stuttgart ist Vielfalt statt Einfalt, denn in dieser Stadt leben Stuttgarter aus aller Welt. Und genau diese Menschen – reingeschmeckte Stuttgarter, Stuttgarter mit Migrationshintergrund, aber auch alteingesessene Stuttgarter – erzählen fortan in den Stuttgarter Nachrichten ihre Allerwelts- und Alltagsgeschichten. In einer Kolumne mit dem Titel „So ist S“. Foto: Lange

Vielfalt statt Einfalt: In dieser Stadt leben Stuttgarter aus aller Welt. Hier erzählen sie ihre Allerwelts- und Alltagsgeschichten.

Ganz verschieden, völlig bunt, total gemischt! Stuttgart ist Vielfalt statt Einfalt, denn in dieser Stadt leben Stuttgarter aus aller Welt. Und genau diese Menschen – reingeschmeckte Stuttgarter, Stuttgarter mit Migrationshintergrund, aber auch alteingesessene Stuttgarter – erzählen fortan in den Stuttgarter Nachrichten ihre Allerwelts- und Alltagsgeschichten. In einer Kolumne mit dem Titel  „So ist S“.

Stuttgart - Manchmal ist es auch ein Glücksfall, wenn das Auto kaputt ist. So empfindet es zumindest der aus Hamburg stammende Friseur Jürgen Schwartz: „Ich musste deshalb mit der Straßenbahn zur Arbeit fahren – das ist immer eine schöne Gelegenheit, Menschen zu studieren: Am Wilhelmsplatz in Bad Cannstatt steigt eine afrikanische Mutter mit ihrem Zwillingskinderwagen ein. An Afrikanern gefällt mir besonders die häufige Liebe zur farbenfrohen Selbstdarstellung. So war es auch in diesem Fall. Die Mutter war in tollen, kräftigen Farben gekleidet, trug dazu einen turbanartigen Kopfschmuck und diversen Schmuck. Genauso war der Kinderwagen verziert. Mit buntem Spielzeug für die Kinder und farbigen Tüchern. Aber das Schönste an diesem Anblick war die Symbiose aus afrikanischer und schwäbischer Kultur, denn die Frau hatte einen ebenso bunten Kehrwochenbesen dabei. Türkisfarbener Stil mit lila Borsten. So ist dann also die schwäbische Kehrwoche auch in Afrika angekommen, und ich habe mich den ganzen Tag über diesen netten Anblick gefreut.“

Auch Yasmin El-Hakim findet, dass „U-Bahn-, S-Bahn- und Busfahren die beste Gelegenheit ist, interessante Menschen zu entdecken“. Und interessante Erfahrungen zu machen – oder gar Eingebungen zu haben. So wie unser Kollege Christoph Meyer: „Kürzlich in einem Bus in Stuttgart. Ich bin unterwegs, um Freunde zu besuchen. Irgendwie gerate ich während der Busfahrt ins Träumen. Ich sehe das Haus meines Freundes an meinem Auge vorbeiziehen und will dem Fahrer zurufen: ‚Stopp, hier will ich aussteigen.‘ Dann fällt mir ein: Du bist nicht in Addis Abeba und auch nicht in Kairo. Das macht man in Stuttgart nicht, und der Busfahrer wird auch nicht einfach anhalten und dich aussteigen lassen. ‚Schade‘, denke ich und drücke gerade noch rechtzeitig den roten Knopf.“ Auch Yasmin El-Hakim bedauert, dass das nicht geht, gibt aber zu bedenken, dass „dann aber die Busse wahrscheinlich noch unpünktlicher als jetzt wären“. Nikita Gorbunov hingegen hat die Erfahrung gemacht, dass fast alles möglich ist, wenn nur der richtige Mensch am Steuer sitzt: „Ich musste meine Schulzeit in Esslingen verbringen (psst, nicht weitersagen), darum bin ich sehr, sehr viel Bus gefahren. Auch da gilt: Die strenge deutsche Ordnung hat immer eine menschliche Komponente. Zum Beispiel: Kehrwochen sind immer dann unangenehm, wenn die Nachbarn selbst unangenehm sind. Der Busfahrer besteht nur auf den Knopf, wenn es nicht geht – oder er persönlich nicht will. Für mich haben regelmäßig Busfahrer an roten Ampeln gehalten oder sind irgendwo rechts rangefahren, wenn ich die Haltestelle verpeilt hab’.“ Sein Rat: „Das nächste Mal einfach brüllen wie in Kairo. Einen Versuch ist es wert.“

Ein paar Tage später war Christoph Meyer mit der U-Bahn unterwegs: Dort hörte er: „Haydı tschüss!“ – und war begeistert. „Ach, wie ich das liebe! Das ist wie ‚Yalla Bye‘. Wie kann man das übersetzen? Auf geht’s, ade!? Wie wäre es mal mit ‚Los geht’s, güle güle’? Oder ‚Packen wir’s, adios!’ Für alle, die nur Bahnhof verstehen: Haydı ist Türkisch und bedeutet soviel wie ‚Los!‘, yalla ist dasselbe auf Arabisch. Das wird gerne mit Abschiedsgrüßen anderer Sprachen kombiniert, und dabei kommen Sachen heraus, die einfach unglaublich lässig klingen.“ Heidi Rau schreibt in der Facebook-Gruppe „So ist S!“: „Haydı sagen auch andere Balkanmenschen, zum Beispiel Ex-Jugos und Rumänen. Haben die Türken wahrscheinlich dorthin exportiert vor ein paar Jahrhunderten. Ich höre es auch gerne.“ Also: Yalla Bye an alle!

Wie mache ich mit: Die Facebook-Gruppe „So ist S!“ ist hier erreichbar. Oder per Mail an: flair@stn.zgs.de, oder Brief an Stuttgarter Nachrichten, Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 44 52, 70039 Stuttgart.