Großer Andrang: am Donnerstag verkaufte die 9a Kuchen, um die Klassenkasse aufzustocken. Ab September ist der Kiosk wieder täglich geöffnet – und wird von den Kids selbst betrieben. Foto: sb/Thiercy

Mit leerem Bauch lernt es sich schlecht. Nach dem Weggang des Hausmeisterpaars war der Kiosk der Realschule verwaist. Das soll sich ändern: ab September betreiben die Schüler den Verkaufsstand in Eigenregie.

Der Andrang und das Gewusel sind groß vor dem Kiosk der Realschule. In der großen Pause am Donnerstag verkauft die Klasse 9a Kuchen, um die Klassenkasse aufzubessern. Die Mitschüler freut’s: für viele ist das die erste Mahlzeit des Tages.

Seit das Hausmeisterehepaar Wolf in den Ruhestand gegangen ist, liegt der Kiosk sonst eigentlich brach und die Kids haben Hunger. Ab dem kommenden Schuljahr wird der Kiosk von den Schülern in Eigenregie betrieben.

Viele Kinder gehen ohne Frühstück aus dem Haus

Schulleiter Stefan Hipp weiß um das Dilemma, dass etliche Kinder ohne Frühstück aus dem Haus gehen und kein Pausenbrot dabei haben. Am Kiosk konnten sie sich eine Butterbrezel oder einen Durstlöscher kaufen. Ab September soll das auch wieder täglich möglich sein.

Schulleitung, Kollegium und Elternbeirat stünden voll hinter der Idee, sagt Hipp. Und die Schüler sowieso: „Sie sind mit Feuereifer dabei.“ Immerhin gibt es durch den Verkauf regelmäßiges Geld für die Klassenkasse.

Die Brezeln kommen von örtlichen Handwerkern

Die Waren sollen von lokalen Bäckereien bezogen und gegen einen minimales Preisaufschlag verkauft werden, erklärt der Schulleiter. Klassen ab der Mittelstufe können sich für die Verkaufstage bewerben.

Jeden Tag soll eine andere Klasse hinter dem Tresen mit dem Schiebefenster stehen. Abgerechnet werde dann für alle Klassen aus einer gemeinsamen Kasse, so dass jede den selben Betrag aufs Klassenkonto überwiesen bekommt. Alles andere, habe ihm Schulsekretärin Beate Gundrum erklärt, mache keinen Sinn.

Realschulrektor Stefan Hipp. /Thiercy

Für die jungen Verkäufer wird es eine Hygieneschulung geben

Bevor es im September losgeht, wird es noch eine Hygieneschulung geben. Mehrere Lehrer hätten sich schon bereit erklärt, daran teilzunehmen und ihr Wissen dann an die jungen Verkäufer weiterzugeben.

Von den Elternbeiräten sei der Vorschlag gekommen, dass Mütter und Väter die Kids zumindest in den ersten Wochen in Verkauf und Planung unterstützen, bis eine gewisse Routine eingekehrt sei. Hipp sieht auch den Lerneffekt hinter dem Projekt: die Schüler sind selbst dafür verantwortlich, ausreichend Ware vorrätig zu haben – und eben auch nicht zu viele Laugenweckle zu ordern, die dann in der Tonne landen.

So viele Schüler wurden noch nie unterrichtet

670 Schüler lernen aktuell an der Realschule. „Wir haben unseren eigenen Rekord gebrochen“, sagt der Rektor und sieht den Andrang an seine Schule als Kompliment für die Qualität des Unterrichts und des fairen Miteinanders unter den Schülern. Zum neuen Schuljahr haben sich 130 Fünftklässler angemeldet.

„Das ist schon eine Herausforderung, was die Raumbelegung angeht“, meint Hipp. Die Klassenzimmer einzuteilen sei jedes Jahr aufs Neue eine Herkulesaufgabe.

Personaltechnisch gesehen sei die Realschule gut aufgestellt. Es gäbe ausreichend Lehrer, um auch Krankheitsvertretungen aufzufangen, so dass möglichst kein Unterricht ausfalle. Und noch eine gute Nachricht hat der Schulleiter: da das Programm „Lernen mit Rückenwind“ um ein weiteres Schuljahr vom Land Baden-Württemberg genehmigt wurde, kann ein weiterer Lehrer als Unterstützungskraft engagiert werden. Nukhet Yilmaz, die über Rückenwind bereits seit vergangenem Schuljahr unterstützend in den Klassen unterwegs ist, wird auch weiter beschäftigt.

Ob der Kiosk nach den umfangreichen Sanierungsarbeiten – nur die Fassade ist noch nicht fertig – auch einen neuen Anstrich bekommt? Das werden die neuen Betreiber, also die Schüler selbst, entscheiden. Das Kollegium und die Verwaltung sind inzwischen aus den provisorischen Büros in Klassenzimmern und im Kunstsaal in die sanierten Räume umgezogen.

Das Lehrerzimmer bietet ausreichend Platz, eine kleine Teeküche und eine Art „Chill-Lounge“, um sich auch mal ganz in Ruhe zu unterhalten. Und dabei vielleicht eine Butterbrezel zu essen, die die Lehrer von den Schülern gekauft haben.