Die Kinder standen im Mittelpunkt einer hitzigen Diskussion im Neuweiler Gemeinderat. Foto: © shangarey - stock.adobe.com

In Neuweiler sorgt das Thema Kindergartenplanung mal wieder für Zündstoff. Dieses Mal nicht innerhalb des Gremiums. Betroffene Eltern klagen bitterlich über Umzugspläne, viele Argumente werden ausgetauscht. Am Ende fehlen zur Entscheidung entscheidende Zahlen.

Neuweiler - Es klang eigentlich harmlos auf der Tagesordnung des Neuweiler Gemeinderates. Die Kleingruppe des Kindergartens in Breitenberg sollte mit Inbetriebnahme des neuen Kindergartenanbaus an der Waldschule umziehen. Denn zum einen bräuchte es für einen Weiterbetrieb nochmals neue Erzieher, zum anderen sind die neuen Räumlichkeiten moderner und besser geeignet, so die Argumente der Verwaltung pro Umzug. Allerdings regte sich dagegen Widerstand – zur Sitzung waren nämlich einige Eltern der 15 betroffenen Kinder angerückt, um ihre Sicht der Dinge darzustellen.

Nancy Königs, Elternbeiratsvorsitzende der Breitenberger Einrichtung, richtete sich dann auch an den Gemeinderat. Die Kinder seien in einer dann größeren Gruppe im neuen Kindergarten Neuweiler "überfordert", fürchtete Königs. Außerdem habe damals bei der Gruppenanmeldung keiner etwas davon gesagt, dass die jetzt auseinandergerissen werden solle, die Eltern würden "vor vollendete Tatsachen" gestellt. "Die Kinder sind die absolute Notwendigkeit für die Zukunft der Gemeinde", formulierte es Königs – und deshalb müssten mehr als nur finanzielle Aspekte berücksichtigt werden, forderte sie.

Bürgermeister erwidert

Es gehe nicht nur ums Geld, insistierte Bürgermeister Martin Buchwald. Doch man habe Bedarfe zu decken für die Gesamtgemeinde – und zwar mit dem vorhandenen Personal. "Die Entscheidung muss den Bedarf aller Eltern miteinbeziehen, das ist der Knackpunkt", so Buchwald, der dann aber an die Gesamtkindergartenleitung weitergab.

Michael Norman sah den Punkt der betroffenen Eltern, dass die Kinder aus einer gewohnten Umgebung herausgerissen werden. "Das ist natürlich nicht ideal, die Kinder spielen in der Nachbarschaft und sind im Kindergarten woanders", räumte Norman zerknirscht ein. Allerdings würden der Verwaltung auch andere Eltern "im Nacken sitzen", die schon auf die frei werdenden Plätze in Breitenberg spekulierten. Im Zweifel sei man natürlich darauf erpicht, so viele Eltern wie möglich zufriedenzustellen, wählte Norman den utilitaristischen Erkläransatz und versuchte das Leid der wenigen betroffenen Eltern mit dem Glück der vielen zufriedenen Eltern aufzurechnen.

Neue Räume sind tiptop

Darüber hinaus seien die Räume im Neubau ja auch tiptop und modern: "Der neue Ort wird vom Konzept und Angebot her sogar eine Verbesserung." Allgemein sei die Lage eben nicht so einfach und höchst komplex.

Gemeinderat Rainer Dörich befand, dass der Umzug der Gruppe "alternativlos" sei. Käme man den Wünschen der Breitenberger Eltern nach, dann "bräuchten wir eine neue Gruppe in Neuweiler und dafür auch das Personal", verdeutlichte er. Klar seien das "Kinder und keine Köpfe", nichtsdestotrotz stellte Dörich beim emotionslosen Blick auf die Zahlen fest, dass ab Februar 2023 in der Theorie 114 Kinder zu betreuen seien, man aber Platz für 132 habe. Das aktuelle Angebot reiche also aus. Auch für die Kinder in Neuweiler sei vieles neu, beispielsweise die Räume. "Das, was wir da bauen, ist eine tolle Sache", brach Dörich eine Lanze für den Kindergartenanbau an der Waldschule. Überdies sei Breitenberg schon immer eine "Notlösung" gewesen, weshalb man jetzt in den sauren Apfel der Umsiedlung beißen müsse.

Horrende Kosten befürchtet

Ein weiteres Dilemma, das Norman ansprach: Die untere Gruppe in Breitenberg wäre alsbald komplett mit 25 Kindern ausgelastet, so leide die pädagogische Qualität. Auch fachlich sei das für die Mitarbeiter "eine mega Herausforderung".

Gemeinderat Rainer Hanselmann kam dann doch noch aufs Geld zu sprechen: Wie viel denn eine zweite Gruppe in Neuweiler kosten würde?, wollte er wissen. Die nämlich bräuchte es, um alle Wünsche und gleichzeitige die gesetzlichen Vorgaben rund um Maximalauslastung und Co. zu erfüllen – die zweite Gruppe in Neuweiler wäre dann aber nicht komplett ausgelastet. "70 000 Euro kostet das schon", schätzte Buchwald. Und das unter der Voraussetzung, dass man das dafür nötige Personal überhaupt an Land ziehen kann.

Auch Jonathan Stockinger sah es nicht ein, in Neuweiler eine halb leere Gruppe zu betreiben. Außerdem betreffe die Umgewöhnung 15 Kinder, das sei "jetzt nicht die Welt". Der Gemeinderat müsse die "gesamtgemeindliche Lage" im Blick haben, appellierte er an seine Kollegen. Außerdem sei es wohl recht anstrengend, in einem voll ausgelasteten Kindergarten als Erzieher zu arbeiten, mutmaßte Stockinger, der augenzwinkernd einwarf: "Mir langt es schon, wenn ich auf meine zwei Neffen aufpassen muss."

Am Ende fehlen belastbare Zahlen

Kindergarten-Chef Norman brachte dann aber alles ins Wanken, als er von mutmaßlich rückläufigen Zahlen für das kommende Kindergartenjahr sprach. Bürgermeister Buchwald, von der mittlerweile fast einstündigen Diskussion offensichtlich strapaziert, fragte daraufhin: "Brauchen wir die zehn Plätze oder nicht?" Das könne er so nicht sagen, die Zahlen seien "dynamisch" und änderten sich laufend mit Rückmeldungen von Eltern, Zuzug, Wegzug und vielem mehr. "Ohne Zahlen können wir nichts beschließen", so das ernüchternde Fazit von Buchwald. Also verschob man die Entscheidung auf die Oktober-Sitzung des Gremiums – bis dahin soll dann auch die zahlentechnische Dynamik ein Ende finden und eine verlässliche Entscheidungsgrundlage geschaffen worden sein.