Einen Termin beim Kinderarzt zu bekommen, ist im Mittleren Kinzigtal Foto: Hero Images/Hero Images - stock.

Wer im Mittleren Kinzigtal einen Kinderarzt sucht, hat schlechte Karten. Im gesamten Gebiet gibt es nur eine Praxis – und die ist entsprechend überlastet. Eltern berichten von Problemen, Termine zu bekommen oder müssen weite Wege in Kauf nehmen.

Die Lage erscheint prekär – und doch scheint keine gute Lösung in Sicht. „Nach unserem Kenntnisstand ist es so, dass der Bereich Ortenaukreis gesperrt ist“, beantwortet Christoph Löschmann, Geschäftsführer von „Gesundes Kinzigtal“, eine Anfrage unserer Redaktion. Das bedeute, dass es nach den Kriterien der Bedarfsplanung keinen offenen Sitz im Bereich Kinder- und Jugendmedizin gibt.

Auf Anfrage bestätigt die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW), dass laut Bedarfsplanung alle Kinderarzt-Plätze besetzt seien. Eine Änderung sei nicht in Sicht, heißt es von der KVBW-Pressestelle – erst 2019 sei sie angepasst worden. „Allerdings sind weniger fehlende Sitze als vielmehr fehlende Ärztinnen und Ärzte das Problem.“

Versorgungssituation spitzt sich zu

Auch „Gesundes Kinzigtal“ sieht, dass die Versorgungssituation sich weiter zuspitzt. Eine Ansiedlung eines Kinderarztes ist aus diversen Gründen nicht möglich – „zeitgleich muss man auch sagen, dass andere Mechanismen sinnvoll wären“, so Löschmann: Etwa die Gesundheitskompetenz der Eltern zu stärken, damit diese in bestimmten Situationen besser reagieren können. „Der Landkreis beziehungsweise die KGK hat hierzu gemeinsam mit den Kinderärzten aus der Ortenau eine ,Zukunftswerkstatt Kinderärztliche Versorgung’ ins Leben gerufen und arbeitet an der Thematik“, informiert Löschmann. In der Diskussion gehe es auch darum, ob Hausärzte in unterversorgten Gebieten die kinderärztliche Versorgung übernehmen könnten.

Außerdem wurde das Thema der hausärztlichen Versorgung – und bei der fachärztlichen Versorgung insbesondere die fachärztliche Versorgung von Kindern und Jugendlichen – als wichtiges Infrastrukturmerkmal und damit als Zukunftsthema erkannt. „Gesundes Kinzigtal“ stehe mit vielen Kommunen in enger Abstimmung zu diesen Versorgungsthemen und bringe die Sichtweise der Kommunen auch in die KGK mit ein.

Aktuell hilft das freilich wenig. Aber was können Eltern tun, wenn Sie keinen Platz für ihr Kind bekommen? „Da haben wir leider keine generelle Lösung“, antwortet Löschmann: „Es ist schwierig.“ Helfen könnte es unter Umständen, sich so früh wie möglich zu melden. Auch der Weg über den eigenen Hausarzt, der Kontakt herstellt, sei denkbar.

Die KVBW betont, auch Hausärzte könnten Kinder behandeln – Säuglinge würden eher von den Kinderärzten behandelt. „Ansonsten müssen die Eltern leider den Suchradius ausweiten“, heißt es aus Stuttgart. Auch die 116 117 vermittle Termine beim Kinderarzt. „Und die KVBW hat als einzige KV in Deutschland ein eigenes Telemedizinangebot“, informiert die Vereinigung. Über „docdirekt“ können Eltern aus Baden-Württemberg auch eine telemedizinische Beratung in Anspruch nehmen. „Das funktioniert gerade bei den Kindern ziemlich gut“, heißt es.

Prävention ist ebenfalls wichtig

„Die Versorgung von Kindern und Jugendlichen ist auch aus dem Blickwinkel der Prävention von Bedeutung“, betont Löschmann. Epidemiologische Daten würden beispielsweise belegen, dass Übergewicht, auch in Verbindung mit Bewegungsmangel, immer früher zum Problem wird. Zudem gerate die seelische Entwicklung von Kindern und Jugendlichen in den Fokus.

„Gesundes Kinzigtal“ verstärke deshalb, zusammen mit Krankenkassen, sein Engagement in Schulen und Kindergärten, um die Zielgruppen dort direkt anzusprechen. In den Inhouse-Veranstaltungen wird Gesundheitswissen vermittelt, um die Gesundheitskompetenz von Kindern und Jugendlichen sowie deren Familien zu stärken. Angeboten werden laut Löschmann Gruppenschulungen und eine Vielzahl von praktischen Übungen.

„Gesundes Kinzigtal“ beteiligt sich darüber hinaus an der Zukunftswerkstatt Kinderärzte von der KGK. Durch die Schaffung von Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) durch die „Regionale Versorgung Kinzigtal“ bestehe die Möglichkeit, an diesen Standorten Sprechstunden von Kinderärzten anzubieten. „Möglich wäre das aktuell in Zell, Hausach und perspektivisch in Hornberg“, informiert Löschmann.

„,Gesundes Kinzigtal’ und seine Partner unterstützen die Ansiedlung von Kinder- und Jugendmedizinern und schaffen Möglichkeiten, dass Kinder- und Jugendmediziner hier für Patienten da sein können“, zieht Löschmann ein Fazit.

Die Bedarfsplanung

Wo sich Mediziner ansiedeln können, regelt die Bedarfsplanung. Auf ihrer Internetseite informiert die Kassenärztliche Vereinigung: „Für niederlassungswillige Ärzte und Psychotherapeuten ist von Bedeutung, ob der für sie in Frage kommende Planungsbereich ,offen’ oder ,gesperrt’ ist.“ Relevant dafür sei der Versorgungsgrad einer Fachgruppe in einer Planungsregion, grundsätzlich werde ab einem Versorgungsgrad von 110 Prozent gesperrt.