Die angeklagte Pflegerin vor Gericht Foto: Seeger

Seniorin fast erstickt. Richter: Tat übersteigt die Vorstellungskraft.

Kehl - Knapp acht Monate nach einem brutalen Angriff auf eine Seniorin in einem Heim in Kehl (Ortenaukreis) ist eine Altenpflegerin zu fünfeinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden. Die 49-Jährige habe sich des versuchten Mordes und der gefährlichen Körperverletzung schuldig gemacht, entschied das Landgericht Offenburg am Montag.

Die Frau hatte zugegeben, der schlafenden Seniorin nachts ein Handtuch auf das Gesicht gedrückt zu haben, um die Frau zu ersticken. Das scheiterte jedoch, weil das Opfer aufwachte und sich heftig wehrte. Mit einer Tötung wollte die Altenpflegerin einen Diebstahl vertuschen. Die Pflegerin habe aus dem Schrank der Seniorin 40 Euro gestohlen, so das Gericht. Die 87-Jährige habe das bemerkt und die Pflegerin zur Rede gestellt. Daraufhin habe sich die Pflegerin zu dem Mordversuch entschlossen, weil sie um ihren Job fürchtete. Sie habe jedoch "den Lebenswillen und die Kraft der Seniorin fundamental unterschätzt", sagte der Vorsitzende Richter.

Der Staatsanwalt hatte sechs Jahre Haft für die Pflegerin gefordert, der Verteidiger viereinhalb Jahre. Die Anwältin der Nebenklage, die das Opfer vor Gericht vertrat, verlangte sieben Jahre Haft. Während des Prozesses hatten sich die Beteiligten auf die Zahlung von 15.000 Euro Schmerzensgeld geeinigt. Die Rentnerin leidet den Angaben zufolge noch heute unter der Tat.

"Es bleibt die erschreckende Erkenntnis, was für einen geringen Anlass es braucht, um in einem Menschen einen Mordversuch reifen zu lassen", sagte der Vorsitzende Richter in der Urteilsbegründung. Die Tat, die sechs Minuten gedauert habe, "übersteigt die Vorstellungskraft". Aufgabe der Altenpflegerin sei es gewesen, den Bewohnern "Fürsorge und Schutz" zu geben. Stattdessen habe sie versucht, zu morden. Die 49-Jährige hatte nach anfänglichem Schweigen erst kurz vor Ende des Prozesses die Tat zugegeben.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Beteiligten haben nach Angaben des Gerichts eine Woche Zeit, Revision einzulegen.