Der Schatz: Hans-Ulrich Müller-Russell mit der Luther-Bibel, die ein unbekannter Spender in der "Bücherkiste" abgab. Am Donnerstag, 4. Juli, ab 19 Uhr wird das mittlerweile restaurierte Buch in der Mediathek der Stadt Kehl erstmals öffentlich ausgestellt. Foto: Haberer Foto: Schwarzwälder Bote

Geschichte: Glücksfall für Kehler Verein / Spender unbekannt / Donnerstag Vorstellung

Unschätzbarer Glücksfall: Das Exemplar einer sogenannten Luther-Bibel aus dem Jahr 1576 ist in der "Bücherkiste" des Historischen Vereins Kehl aufgetaucht. Sie ist mehrere Tausend Euro wert und wird jetzt für die Öffentlichkeit ausgestellt.

Kehl. Wer das kostbare Buch in die Bücherkiste des Vereins gelegt hat, ist völlig unklar. Fest steht jedoch, dass es ein absoluter Glücksfall war. Auch, wenn die historische Bibel nicht mehr einwandfrei erhalten war.

Das reich verzierte Titelblatt und die ersten 70 Seiten der Bibel sowie der einst mit Schließen versehene Originaleinband sind endgültig verloren. Daran konnte auch der in Straßburg ansässige Restaurator Didier Marchal nichts ändern, der das wohl bei einem Brand beschädigte Buch so gut es irgendwie ging wiederhergestellt und neu gebunden hat. Hans-Ulrich Müller-Russell, der Vorsitzenden des Historischen Vereins, stuft die 1576 von Johann Krafft in Wittenberg gedruckte Lutherbibel trotzdem als bibliophile Kostbarkeit ein.

600 Euro kostete das Restaurieren der Bibel

Der Verein hat rund 600 Euro in die Restaurierung investiert und will die Bibel nun erstmals öffentlich präsentieren. Was später mit ihr passieren soll, ist unterdessen noch völlig unklar. Die großen Museen und Archive winken ab, weil sie vollständige Exemplare aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts bereits in ihrem Bestand haben.

Unter Sammlern werden vergleichbare Bibeldrucke aber für ein paar Tausend Euro gehandelt. Einfach zum Verkauf anbieten wird sie der Historische Verein trotzdem nicht. Hans-Ulrich Müller-Russell hofft, dass sich in der Region, vielleicht auch in Straßburg eine Institution finden lässt, die das Fundstück aus der Bücherkiste, dem Antiquariat des Vereins, angemessen präsentieren wird.

Der Vorsitzende des Vereins hat keine Ahnung, wie sie überhaupt nach Kehl gelangt ist. In der "Bücherkiste" werden regelmäßig Nachlässe eingeliefert, echte Kostbarkeiten sind aber selten dabei.

Irgendwann war das kostbare Buch einfach da

Die Lutherbibel war im Frühjahr 2018 einfach irgendwann da. Keiner der Mitarbeiter konnte sagen, wie sie in den Bestand gelangt ist. Hans-Ulrich Müller-Russell hat nachgeforscht.

Spannend ist für Müller-Russell aber nicht nur die Herkunft und der mögliche Verbleib der Bibel. Sie steht auch für die erste große Blütezeit der Buchdruckerkunst, die nach Meinung vieler Fachleute die Reformation entscheidend befeuert hat. Martin Luther hat die Bibel ins Deutsche übersetzt, Buchdrucker wie Johann Kraft haben die heilige Schrift und die Gedanken der Reformation unter das Volk verbreitet.

Hier soll bei der Vorstellung der Bibel am Donnerstag, 4. Juli, in der Kehler Mediathek ein Vortrag von Reinhard Sutter, dem evangelischen Pfarrer von Kehl-Neumühl ansetzen. Er wird über die Bedeutung des Buchdrucks für die Reformation referieren und Hans-Ulrich Müller-Russell das Buch vorstellen.

Die "Bücherkiste" ist das Antiquariat des Historischen Vereins Kehl. In der Kinzigstraße 9 werden alte Bücher angenommen und für drei Euro pro Kilo verkauft. Sie ist dienstags und mittwochs von 15 bis 18 Uhr und samstags von 10 bis 18 Uhr geöffnet.