Seit 2010 wird auch im Ortenaukreis wieder Soja angebaut, das nicht gentechnisch verändert worden ist. Symbolfoto: Vichra Foto: Schwarzwälder-Bote

... bietet das Raiffeisen Kraftfutterwerk in Kehl an / Regionalität ist für den Geschäftsführer wichtig

Kehl (red/sad). Seit 1999 produziert das Raiffeisen Kraftfutterwerk (RWK) im Kehler Hafen gentechnikfreie Tiernahrung und setzt dabei auf Regionalität. 102 Mitarbeiter stellen im Drei-Schichten-Betrieb die Qualität sicher. Seit 2010 wird dank der Initiative des RWK-Geschäftsführers in der Region wieder Soja angebaut.

Die Tatsache, dass 83 Prozent der Menschen bei Umfragen angeben, es sei ihnen am wichtigsten, Produkte aus der Region kaufen zu können und dem Umstand, dass regionale Produkte in der Beliebtheit noch vor Bioprodukten rangieren, haben Bernhard Stoll, Geschäftsführer der RWK, ermutigt, in der Futtermittelproduktion auf regionale Kreisläufe zu setzen. Obwohl es nicht immer einfach ist, die Rohstoffe aus Baden-Württemberg, dem Elsass oder den angrenzenden Bundesländern zu bekommen. Der Soja-Anbau in der Region konnte zwar wieder angekurbelt werden, kann aber den Bedarf des Kraftfutterwerks noch nicht decken. Daher importiert die Firma gentechnisch nicht verändertes Soja aus Brasilien.

Am Ende entscheide der Verbraucher "wo’s lang geht", betont Stoll: Wer immer nur nach dem Grundsatz "Hauptsache billig" einkaufe, brauche sich nicht zu wundern, wenn aus Bauernhöfen "Produktionsbetriebe werden, die auf dem Land stehen". Stoll nimmt auch Kontakt mit Nudelproduzenten auf, um sie zu animieren, Eier von Hühnerhaltern zu verwenden, die gentechnikfreies Futter einsetzen.

Bereits zum 1. September 2014 hat die Gesamtunternehmensgruppe ZG Raiffeisen eG in all ihren Niederlassungen das Sackwarensortiment komplett auf regionale und gentechnikfreie Rohstoffe umgestellt. Mit seinen Aktivitäten hat das RKW sowohl in Baden-Württemberg als auch in Bayern "einiges bewegt", wie Stoll berichtet. Im kommenden Jahr lautet das Ziel: 30 Prozent des Soja-Bedarfs, das sind 6000 Tonnen, aus regionalem Anbau decken.

Obwohl das Raiffeisen Kraftfutterwerk jährlich 95 000 Tonnen Futtermittel herstellt, lagert auf dem Firmengelände im Hafen kein loses Futter: Was produziert wird, wird innerhalb von 24 bis 48 Stunden an die Kunden – 2300 davon sind betriebsspezifische Abnehmer – in Baden-Württemberg, im Elsass, in Rheinland-Pfalz und in Hessen versendet – meist im Lastwagen mit acht Futtermittelkammern.

Die Dosierung macht’s – gerade bei Vitaminen

Sackware mit ebenfalls gentechnikfreiem Tierfutter wird deutschlandweit vertrieben und geht unter anderem an 63 Raiffeisenmärkte. 10 000 Tonnen Biofutter und 15 000 Tonnen Futter für Hunde und Katzen gehören ebenfalls zum Produktionsumfang.

Überwacht wird die Zusammensetzung der unterschiedlichen Tierfuttersorten von gelernten Futtermittelmüllern. Nur noch zwei Schulen in Deutschland bilden in diesem inzwischen seltenen Berufsbild aus – zusammen gerademal 60 Schüler, berichtet Stoll.

Aus 80 verschiedenen Makrorohstoffen bestehen die Futtermittel, die das RKW herstellt. Dazu kommen 80 Zutaten, deren Dosierung genau eingehalten werden muss. Manche dieser Stoffe seien isoliert und in bestimmten Dosen giftig, wie zum Beispiel Vitamine in Reinform. Richtig dosiert sind sie als Zusatz im Futtermittel für die jeweilige Tierart jedoch wichtig, erläutert der RKW-Geschäftsführer. Weil die natürlichen Rohstoffe zwangsläufig Veränderungen ausgesetzt sind, müssen sie jedes Mal aufs Neue auf ihre Bestandteile überprüft werden. Denn die Tierhalter müssen sich darauf verlassen können, dass die Futtermittel immer exakt die gleiche Komposition enthalten. Für jede Futtermittelcharge wird daher ein genaues Protokoll erstellt, um im Falle von Veränderungen der Inhaltsstoffe exakt nachvollziehen zu können, wann diese eingetreten sind.

Weil im RKW auf Sicherheit gesetzt wird, leistet sich das Unternehmen ein hauseigenes Labor mit eigenen Laboranten. Diese ziehen von jeder Futtermittelpartie eine Probe. So kann im Falle einer Veränderung oder Verunreinigung eines Produkts schnell nachvollzogen werden, welche Partien in der Produktion betroffen sind. Würde das RKW die Proben in einem externen Labor untersuchen lassen, "bekämen wir nach vier Wochen das Ergebnis", sagt Stoll: "Da hätten die Tiere das Futter längst vervespert." 50 000 bis 70 000 Euro investiert das Kraftfutterwerk jährlich allein in sein Labor.

Zwar werden dort nur bereits ausgebildete Mitarbeiter eingestellt, insgesamt setzt das RKW jedoch stark auf Ausbildung: "Wir brauchen gut ausgebildetes Personal", erläutert Stoll. Agraringenieure versuche das Unternehmen bereits während des Studiums über Praktika an das RKW zu binden. Für kaufmännische und technische Berufe gibt es auch Praktika-Möglichkeiten.

INFO

Firmenprofil

> Das Raiffeisen Kraftfutterwerk ist eine 100-prozentige Tochter der ZG Raiffeisen Karlsruhe, die 3700 Mitglieder zählt – die meisten davon sind Landwirte. Bereits seit 1963 wird im Kehler Hafen Mischfutter für Tiere hergestellt, seit 1999 aus gentechnikfreien Rohstoffen. Der Verzicht auf Gentechnik hat zur Ausweitung des Absatzes geführt. Nach der Übernahme des Universal Kraftfutterwerks im Kehler Hafen wurde 2010 mit der Produktion von Bio-Tierfutter begonnen. Seit 1987 produziert die zum Raiffeisen Kraftfutterwerk gehörende HTN Heimtiernahrung für verschiedene Hersteller. Seit Jahresbeginn ist das RKW auch als Spediteur tätig.