Als Rollstuhlfahrer nur zuschauen? Nicht im Europa-Park! Foto: © Europa-Park GmbH & Co Mack KG / Nölke | Montage: Nölke

"Lassen Sie sich von uns verzaubern und erleben Sie unvergessliche Momente" - so wirbt der Europa-Park auf der eigenen Webseite. Unvergesslich ist der Aufenthalt im Park auch für Menschen mit Behinderung. Im positiven oder negativen Sinne? Wir haben es herausgefunden.

Rust - Zwei Wochen Ferienfreizeit für Menschen mit teilweise schwerst-mehrfacher Behinderung in Oberkirch, mitten im Schwarzwald, liegen hinter einer Gruppe der KBF aus Mössingen. Es wurden viele Ausflüge gemacht - auch in den nahe gelegenen Europa-Park. Überwiegend Rollstuhlfahrer und ihre Betreuer waren dabei. Wie wurden sie im Park behandelt? Welche Möglichkeiten hatten sie? Und was sagen die Verantwortlichen des Parks dazu? Thorsten Marohn, Parkleiter und Beauftragter für Barrierefreiheit, beantwortet im Nachgang die Fragen unseres Redakteurs, der selbst Teil der Freizeitgruppe war.

Los ging es am Eingang. Die erste große Frage: "Was gilt eigentlich für Menschen mit Behinderung im Europa-Park - und für wen müssen wir wie viel bezahlen?" Dann die Überraschung: Es gibt zwar Rabatt für alle Teilnehmer, kostenlos dürfen jedoch nur die Rollstuhlfahrer in den Park. Marohn erklärt, dass es "für Gäste mit Behinderungen (unabhängig vom Grad der Behinderung)" Sondertarife im Preisangebot gebe.

"Gäste, die dauerhaft auf den Rollstuhl angewiesen sind sowie Blinde erhalten, gegen Vorlage eines entsprechenden Nachweises (etwa Schwerbehindertenausweis mit dem Vermerk "aG" / "Bl"), einen kostenfreien Eintritt." Für alle anderen Menschen mit Schwerbehindertenausweis gilt der Sondertarif. Des Weiteren gelte für alle Menschen, die im Behindertenausweis das Kennzeichen "B" tragen und somit nachweisen können, dass sie auf eine Begleitperson angewiesen sind, für die zweite Person ebenfalls der Sondertarif.

Anlagen werden extra angehalten

Im Park angelangt, stellte sich recht schnell die Frage: Wo soll es hingehen? Die Gruppe teilte sich auf und erkundete das Gelände. Vier Freizeit-Teilnehmer und vier Betreuer starteten gemeinsam mit einer kurzen Rundreise mit dem "EP-Express". Positiv fiel auf: An allen Stationen gibt es einen rollstuhlgerechten Zugang (per Aufzug oder Rampe) und jeder Zug hat ein eigenes Rollstuhl-Abteil, in dem - mit etwas Quetschen - alle vier Platz haben.

Dann folgte die erste "Mini-Achterbahn". Für eine der Teilnehmerinnen muss die Bahn kurzzeitig angehalten werden, damit sie Ein- und Aussteigen kann. Bei der großen Floßfahrt wurde sogar der komplette Betrieb für mehrere Minuten angehalten. Alle anderen Gäste mussten warten. Haben die Verantwortlichen des Parks dabei kein schlechtes Gewissen gegenüber den anderen Gästen? "Nein. Hier geht es um eine gesellschaftliche Verpflichtung der Teilhabe", erklärt Thorsten Marohn. "Wir möchten jedem Besucher einen unvergesslichen Tag im Europa-Park ermöglichen. Und aus den bisherigen Erfahrungen haben wir hier keine Stillstandszeit von fünf Minuten."

TÜV entscheidet über Bedingungen

Bei den meisten Attraktionen wurden die Teilnehmer freundlich willkommen geheißen. In manchen Fällen gab es jedoch auch Enttäuschung. "Leider dürfen mit dieser Bahn nur Menschen fahren, die alleine zumindest ein paar wenige Schritte gehen können", so der Mitarbeiter an einer der großen Achterbahnen, der Grund: Für Menschen mit körperlichen Behinderungen sowie Sehbehinderungen gelten bestimmte Nutzungsbedingungen.

"Die jeweiligen Mindestvoraussetzungen und Freigaben pro Attraktion können im Leitfaden, welcher unter anderem vor Ort an den Besucher-Informationen verfügbar ist, nachgelesen werden", erläutert Marohn. "Wir sind sehr bestrebt, so viele Attraktionen wie möglich für Menschen mit Behinderungen zugänglich zu machen. In diesem Zuge sind bereits einige Attraktionen für Gäste mit körperlichen Behinderungen und Sehbehinderungen freigegeben." Die Nutzungsbedingungen seien mit dem TÜV Süd abgesprochen, um die Sicherheit der Fahrgäste zu gewährleisten.

Dafür gibt es bei allen anderen Attraktionen gute Nachrichten: "Im Regelfall haben Gäste mit Behinderungen über den Ausgang Zutritt zu den Attraktionen, um so lange Wartezeiten zu vermeiden. Ein Legitimationspapier (Behindertenausweis, Autisten-Pass, etc.) muss dabei dem Bedienpersonal des Fahrgeschäftes vorgezeigt werden und eine Begleitperson ist hierbei zugelassen."

Kontinuierlicher Ausbau des Angebots

Außerdem gibt es eine Sonderregelung: Gästen mit Behinderungen sei es möglich, einige Fahrten mit bis zu vier Begleitpersonen zu machen. "Hierzu erhalten Gäste mit Behinderungen an der 'Info am See' oder der 'Info am Turm', nach Vorzeigen eines entsprechenden Nachweises eine Grüne Karte. Gegen Vorlage dieser Karte am Ausgang der Attraktion, in Verbindung mit dem Legitimationspapier, können Gäste mit Behinderungen sechs Attraktionen ihrer Wahl (unter Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen) nutzen."

Doch wie schaffen die Verantwortlichen das eigentlich? "An dem Thema Barrierefreiheit arbeiten wir kontinuierlich, um zukünftig einen umso besseren Service bieten zu können." erklärt Marohn. "Dafür sind wir auch in einem engen und ständigen Kontakt mit Behindertenverbänden und veranstalten ebenso Begehungen, um gemeinsame Konzepte zu entwickeln." In diesem Zuge habe das Team es es bereits geschafft, einige der bisher noch nicht möglichen Attraktionen für Rollstuhlfahrer freizugeben und die Attraktionen "Silver Star" sowie "Pegasus - Die YoungStar Achterbahn" durch den Einbau von Aufzügen barrierefrei zu gestalten. "Unser Ziel ist es, das Angebot kontinuierlich auszubauen."

Doch wie kommen diese "Konzepte" an? Swenja Nafz, Leiterin der oben genannten Freizeitgruppe, zieht ein positives Fazit. "Wenn man weiß, wo man das Informationsmaterial bekommt, kann man sich schnell einen sehr guten Überblick verschaffen. An sich sind alle Mitarbeiter sehr behindertenfreundlich und wir durften sogar in der Erste-Hilfe-Station die Pflege der Teilnehmer machen. Schade finde ich es allerdings, dass auch die Begleitpersonen, auf die die Menschen nunmal angewiesen sind, einen recht teuren Eintrittspreis bezahlen müssen." Außerdem sei es schade, dass manche Fahrgeschäfte, die zwar für Rollstuhlfahrer freigegeben sind, nicht barrierefrei zugänglich sind.

Und wenn es um eine Schulnote ginge? "Ich würde dem Europa-Park eine '2' (gut) geben", erklärt Nafz - und ihr Betreuerteam stimmt ihr dabei größenteils zu: Es habe in Einzelfällen zwar Diskussionen gegeben, aber am Ende hatten alle einen Tag voller Spaß und Abenteuer - wie es der Europa-Park verspricht.