Auf der Suche nach einer Schule: Henri Foto: dpa

Nach dem Gymnasium lehnt auch die Realschule in Walldorf es ab, einen Jungen mit Down-Syndrom aufzunehmen.

Stuttgart - Seit zwölf Wochen kämpfen die Eltern von Henri für ihren Sohn um einen Platz an einer weiterführenden Schule in Walldorf. Als der Junge mit Down-Syndrom 2010 in die Grundschule kam, gingen sie davon aus, dass er auch nach der vierten Klasse an einer allgemeinen Schule unterrichtet würde. Weil die meisten seiner Freunde nach den Sommerferien ans örtliche Gymnasium wechseln, sollte auch Henri mit dorthin.

Unterstützt wurden sie vom Staatlichen Schulamt, das die Gruppeninklusion fortsetzten wollte – in Henris Grundschulklasse sind zwei weitere Kinder mit schweren Behinderungen, die allerdings eine Gymnasialempfehlung haben.

Doch Eltern und Schulamt haben die Rechnung ohne die weiterführenden Schulen gemacht. Am Mittwoch lehnte auch die Realschule es ab, Henri im nächsten Schuljahr aufzunehmen. Vier Lehrerinnen, die dann in der fünften Klasse unterrichten, wären zwar damit einverstanden gewesen. Ddie Gesamtlehrerkonferenz ließ sich aber nicht überzeugen. Vor einigen Wochen hatten sich bereits die Gesamtlehrerkonferenz und die Schulkonferenz des Gymnasiums gegen einen Schulversuch ausgesprochen.

An beiden Schularten hatten sich Vertreter des Kultusministeriums und des Schulamtes für die Aufnahme des Elfjährigen stark gemacht und Unterstützung durch einen Sonderschullehrer und andere Hilfen zugesagt.

Wie es weitergeht, ist offen. In Walldorf gibt es noch eine Werkrealschule, deren Zukunft wegen geringer Anmeldezahlen allerdings ungewiss ist. Um eine Gemeinschaftsschule zu besuchen – diese sind inklusive Schulen – müsste Henri in einen anderen Ort fahren und wäre dann getrennt von seinen Freunden.

„Wieder einmal hat ein ganzes Kollegium stundenlang über unseren kleinen Sohn beraten und am Ende, nachdem die Vertreter des Kultusministeriums und des Staatlichen Schulamtes vehement für die Inklusion geworben und der Schule großzügige Unterstützungen angeboten hatten, den Daumen gesenkt“, erklärten Henris Eltern am Donnerstag. „Das ist für uns als Eltern unfassbar. Wir sind sehr traurig über diese weitere Diskriminierung unseres Sohnes.“ Sie appellierten an Kultusminister Andreas Stoch (SPD), den Schulversuch Inklusion am Walldorfer Schulzentrum, zu dem Gymnasium und Realschule gehören, einzusetzen.

Was er unternehmen wird, blieb am Donnerstag offen. Das Kultusministerium habe „die rechtlichen Konsequenzen und weiteren Schritte erörtert“, teilte ein Sprecher mit. Das Staatliche Schulamt Mannheim werde die Entscheidung Stochs den Eltern „so schnell wie möglich mitteilen und gemeinsam mit ihnen das weitere Verfahren besprechen.“

„Ich schäme mich für Lehrer, die einen pädagogischen Eid geschworen haben, die verbeamtete Staatsdiener sind und schon wieder eine solche Entscheidung getroffen haben“, erklärte .Holger Wallitzer Eck, Initiator einer Petition im Internet, die mehr als 24 000 Personen unterzeichnet haben. Nun gebe es den befürchteten Domino-Effekt.

Die Gegner begründen die Ablehnung Henris damit, dass er durch den Unterricht überfordert wäre und den Abschluss nicht erreichen würde. Der Verband Bildung und Erziehung erklärte, immer wieder versuchten Eltern, zum Teil schwerstbehinderte Kinder in Regelschulen unterzubringen, selbst wenn dort keine Fördermöglichkeiten vorhanden seien.