Im Kreis Tübingen sind aktuell 70,6 Prozent der Bevölkerung doppelt geimpft; 46,5 Prozent haben bereits eine Auffrischungsimpfung erhalten. Foto: Freedomz – stock.adobe.com

Im landesweiten Vergleich liegt der Kreis Tübingen bei der Impfquote über dem Durchschnitt – das freut nicht nur Ärztin Lisa Federle, sondern auch Landrat Joachim Walter. Beide sprechen sich für eine Neubewertung der Situation hinsichtlich einer Impfpflicht aus. SPD-Bundestagsabgeordneter Martin Rosemann äußert sich derweil kritisch zu diesen Überlegungen.

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Kreis Tübingen - Das Land Baden-Württemberg erfasst regelmäßig die Impfquoten der Landkreise in Baden-Württemberg.

Im Kreis Tübingen sind aktuell 70,6 Prozent der Bevölkerung doppelt geimpft; 46,5 Prozent haben bereits eine Auffrischungsimpfung erhalten. Damit belegt der Kreis Tübingen bei der Quote der doppelt Geimpften landesweit den 5. Platz; bei den Auffrischungsimpfungen Platz 9. Die Impfquote des Landes Baden-Württemberg für doppelt geimpfte Personen liegt bei 67,5 Prozent, für Auffrischungsimpfungen bei 39,9 Prozent.

Niederschwelliges Angebot

Auch bei der Durchimpfung der Pflegeeinrichtungen sind die Zahlen im Landkreis Tübingen erfreulich: 93 Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner sind doppelt geimpft, 81,2 Prozent haben bereits ihre Auffrischungsimpfung erhalten.

"Diese Zahlen zeigen: Die Menschen im Landkreis Tübingen nutzen die hiesigen Impfangebote überdurchschnittlich gut", so Landrat Joachim Walter. "Landkreis, Universitätsklinikum und die vom DRK-Kreisverband organisierten Mobilen Impfteams tun seit Monaten alles, um den Menschen im Landkreis Tübingen ein niederschwelliges Impfangebot zu machen. Hinzu kommen die zahlreichen Impfangebote durch die Ärzteschaft."

Lisa Federle, DRK-Präsidentin und Pandemiebeauftragte im Kreis Tübingen, zeigt sich besonders erfreut über die gute Impfquote bei den Bewohnerinnen und Bewohnern in den Pflegeeinrichtungen im Kreis: "Der Schutz der vulnerablen Gruppen war mir von Anfang an ein wichtiges Anliegen. Wir haben in den Heimen sehr früh damit begonnen, die Menschen regelmäßig zu testen. Auch waren die Pflegeeinrichtungen die ersten, die unsere Mobilen Teams zu Beginn des Jahres 2021 zur Impfung aufgesucht haben."

Situation neu bewerten

Und weiter: "Diejenigen, die eine Auffrischungsimpfung erhalten haben, haben bei einer Infektion überwiegend milde Symptome. Deshalb stehe ich voll und ganz hinter der Impfung", so Federle. Sie mahnt jedoch: "Das Virus hat sich verändert, also müssen wir auch die Situation neu bewerten und unsere Denkrichtung ändern. Die bislang vorliegenden Daten zu Krankheitsverläufen, zu Ansteckungsquoten auch bei geimpften Personen und Personen mit einer Auffrischungsimpfung und von Impfnebenwirkungen müssen dringend zusammengeführt werden, damit wir aus der Pandemie kommen." Die Sinnhaftigkeit einer generellen Impfpflicht müsse deshalb genau betrachtet und könne nicht übers Knie gebrochen werden, bevor diese Analysen nicht stattgefunden hätten, meint Federle.

Landrat Walter hält eine generelle Impfpflicht nicht nur aufgrund einer "notwendigen Neubewertung der pandemischen Situation aus verfassungsrechtlicher Sicht" für nicht umsetzbar. Es sei anfangs aus seiner Sicht richtig gewesen, Überlegungen zum Thema Impfpflicht anzustellen. "Wir haben nun aber eine andere Situation, in der auch Virologen die Hoffnung haben, dass es sich bei Omikron um eine Immunflucht-Variante handelt, womit wir die Chance hätten, in absehbarer Zeit in die sogenannte endemische Phase zu kommen." Es spreche also vieles dafür, die Diskussion um eine mögliche Impfpflicht mit Bedacht und Augenmaß zu führen.

Es gibt Nachholbedarf

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Martin Rosemann äußert sich kritisch zu den Überlegungen von Landrat Walter und Lisa Federle zum Impfen: "Natürlich gibt es Hoffnung, in den kommenden Monaten in eine so genannte endemische Phase zu kommen. Das setzt aber gerade voraus, dass die Impfquote ausreichend hoch ist und wir die Impflücke bis dahin schließen können. Wer von diesem Ziel jetzt abrückt, schafft keine Hoffnung, sondern neue Verunsicherung", so Rosemann.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete verwies darauf, dass der Kreis Tübingen zwar im baden-württembergischen Vergleich bei der Impfquote ordentlich abschneide, bundesweit jedoch nicht. "Auch bei uns gibt es noch Nachholbedarf. Da darf man nicht nachlassen und niemanden aus der Verantwortung für sich und andere entlassen. Es muss klar sein, dass wir alle nicht nur für uns, sondern auch für andere entscheiden – für unsere Nachbarn, Kollegen und Freunde – für die Beschäftigten auf den Intensivstationen. Und wir alle haben es damit in der Hand, wie schnell wir unser normales Leben zurückbekommen."