Wird ein Kind Opfer von Cybermobbing, kann der Gang in die Schule für es zum Alptraum werden. Foto: dpa/Hildenbrand

Immer mehr Kinder im Ortenaukreis und landesweit leiden unter Schulangst, erklärt die AOK Südlicher Oberrhein. Häufig sei Cybermobbing der Grund dafür. Psychologin Sandra Goal gibt Tipps, wie sich Betroffene und Angehörige verhalten sollen.

Angst und Bauchschmerzen statt Vorfreude aufs Lernen und die Mitschüler: Immer mehr Kinder im Kreis leiden unter Schulangst. Die Gründe dafür können vielfältig sein, oftmals stecke jedoch Mobbing oder Cybermobbing dahinter, erklärt die AOK Südlicher Oberrhein in einer Mitteilung. In Baden-Württemberg sei die Anzahl der Erkrankungen, die auf Schulangst zurückzuführen seien, um 6,61 Prozent gestiegen. Dies habe eine Auswertung der bei der AOK versicherten Kinder und Jugendlichen zwischen null und 19 Jahren im Zeitraum von 2017 bis 2021 ergeben. „Erschwerend kommt hinzu, dass auch von einer hohen Dunkelziffer auszugehen ist“, heißt es. Auch in der Ortenau steigen die Zahlen: Im Jahr 2017 hätten sich im Kreis 106 Versicherte im Alter bis 19 Jahren in ärztlicher Behandlung befunden, 2021 sei die Zahl auf 128 gestiegen.

Die Täter bei Cybermobbing bleiben meist anonym

„Schulängste können sich auf Prüfungen oder Auseinandersetzungen beziehen“, erklärt die AOK. Eine Über- oder Unterforderung könne dahinterstecken, soziale oder familiäre Probleme, oder auch negative Bewertungen von Lehrern und Mitschülern könnten Auslöser sein. „Oftmals ist die Schulangst aber auch Folge von Mobbing oder Cybermobbing“, stellt die Gesundheitskasse klar. Beim Cybermobbing handelt es sich um eine in den vergangenen Jahren immer häufiger verbreitete Form des Mobbings mittels digitaler Kommunikationstechnologie. Menschen werden auf unterschiedlichste Weise im Netz persönlich gedemütigt. Die Täter bleiben meist anonym, was ihnen das Gefühl von Überlegenheit und Macht verleiht. Die Opfer stehen diesen medialen Demütigungen oft ohnmächtig gegenüber. „Die Handlungsmöglichkeit des Opfers ist durch die geringe Fluchtmöglichkeit stark eingeschränkt“, erklärt Annerose Ketterer, Pressesprecherin der AOK Südlicher Oberrhein. Sie weist darauf hin, dass auch Außenstehenden eine bedeutsame Rolle zuzusprechen ist. „Diese nehmen am Mobbinggeschehen durch die Weiterleitung und Betrachtung der problematischen Inhalte teil.“

Schnelles Handeln wird geraten

Die Folgen von Mobbing und Cybermobbing seien schwerwiegend: Von schulischem Leistungsabfall über vielseitige psychosomatische Beschwerden, wie Schlafstörungen, Kopf und Bauchschmerzen bis hin zum erhöhten Depressionsrisiko, verstärktem Angsterleben und selbstverletzenden oder suizidalem Verhalten. „Die Lebensqualität wird stark beeinträchtigt. Bei einer dauerhaften Belastung sind physische und psychische Probleme nachgewiesen worden“, mahnt Sandra Goal, Psychologin bei der AOK Baden-Württemberg. Deshalb sei sofortiges Handeln sowohl von den Eltern, den Lehrkräften als auch den Betroffenen selbst dringend angeraten.

Expertin empfiehltfachliche Hilfe

„Es sollte sofort reagiert werden und die Opfer in jeder Phase ernstgenommen und unterstützt werden. Die individuelle Wahrnehmung und Bewertung hat seine Berechtigung“, rät Goal. Dabei sollten Betroffene nicht gleicherweise medial auf die Angriffe reagieren. Sie empfiehlt stattdessen, unbedingt fachliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. „Es gibt Kontaktangebote, die Anonymität wahren und Kindern, Jugendlichen und Eltern sowie Lehrbeauftragten Unterstützung bieten.“ Besonders wichtig sei zudem die Aufklärung und die Prävention in diesem Bereich.

Jede zehnte Kind ist betroffen

Rund jedes zehnte Kind war laut einer von der AOK Baden-Württemberg in Auftrag gegebenen Umfrage unter Eltern mit Schulkindern schon einmal von Cybermobbing betroffen. Deutschlandweit werde davon ausgegangen, dass 1,8 Millionen Schüler bereits mindestens ein Mal Opfer von Cybermobbing geworden sind.