Die Donau versickert bei Immendingen. An der Stelle, an der Wanderführer Herwig Martin aus Möhringen steht, ist die Donau normalerweise mindestens einen halben Meter höher. Foto: Gempp

Wanderführer kann Flussbett bei Immendingen trockenen Fußes überqueren. Keine ökologischen Folgen absehbar.

Immendingen - Die Donau ist so ausgetrocknet wie er es selten gesehen hat, berichtet Wanderführer Herwig Martin aus Möhringen. Seit zwölf Jahren führt er Wandergruppen von der Donauversickerung zwischen Möhringen und Hattingen bis zur Versinkung in Immendingen. Seit Mitte Juni ist die Donau nun auf dieser Strecke komplett trocken.

Dass der Pegel der Donau schwankt, sei ganz normal, sagt Herwig Martin. Im Sommer sei die Donau an der Stelle immer ein Fluss ohne Wasser, was ein weltweit einzigartiges Phänomen darstellt: Die Donau versickert bei Niedrigwasser im Sommer im Karstgestein. Das Wasser fließt dann unterirdisch etwa 60 Stunden lang, bis es 183 Höhenmeter tiefer und etwa zwölf Kilometer Luftlinie entfernt in der Aachquelle bei Singen wieder erscheint.

Nun hat die Dauer der Versickerung aber in den vergangenen Jahrzehnten ständig zugenommen. Bei längeren Wärmeperioden versickere die Donau komplett im Karstgestein zwischen Möhringen und Immendingen, erklärt Martin Herr vom Wasserwirtschaftsamt Tuttlingen: "Bei der Donau im Bereich Tuttlingen ist die Auswirkung der trockenen Zeit deutlich sichtbar, weil bei geringer Wasserführung das wenige Wasser im Untergrund verschwindet und im Einzugsgebiet der Aach wieder zu Tage tritt. Dieses Wasser fehlt dann bei uns in der Donau." Dass die Versickerung mittlerweile länger dauere, ist auch Martin aufgefallen: "Früher war das Flussbett etwa 90 Tage lang im Jahr trocken, heute sind es schon 150 Tage. So ein extrem trockenes Flussbett wie in diesem Jahr habe ich, seit ich mich erinnern kann, auch noch nie gesehen."

Bei Immendingen steht ein wenig Wasser im Flussbett. Normalerweise würde die Donau an dieser Stelle aber schneller fließen, auch im Sommer, erklärt Herwig Martin: "Hier ist das Wasser sonst mindestens einen halben Meter höher." Jetzt kann er das Flussbett trockenen Fußes überqueren, im vergangenen Sommer stand er knietief im Wasser, und als Jugendlicher badete er sogar noch an dieser Stelle, erinnert er sich.

Für seine Wanderungen sei das Niedrigwasser zwar gut, denn so könne er das Flussbett genau zeigen und Versteinerungen finden. Sorgen macht sich Martin aber um die Natur: "Für das Ökosystem wäre es eindeutig besser, wenn der Fluss nicht so ausgetrocknet wäre." Im Oktober führt die Donau normalerweise wieder Wasser, das erwartet Martin auch in diesem Jahr.

Das Niedrigwasser betrifft in diesem Sommer auch andere Gewässer in Baden-Württemberg. Die Hochwasser-Vorhersage-Zentrale der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz mit Sitz in Karlsruhe hat die Flüsse im Blick. Derzeit sind rund 90 von 260 beobachteten Pegeln im unteren Niedrigwasserbereich. Manfred Bremicker, Leiter der Zentrale, überprüft mit seinem Team, ob Hoch- oder auch Niedrigwasser droht und erhebt statistische Werte. Noch sei die Donau nicht extrem von Niedrigwasser betroffen, sagt Bremicker: "Der Schwerpunkte des Niedrigwassers liegt bei den Zuflüssen zum Oberrhein sowie im Neckargebiet, wo deutlich mehr als die Hälfte aller Pegel im unteren Niedrigwasserbereich liegen. Im baden-württembergischen Donaugebiet liegen derzeit nur wenige Pegel im unteren Niedrigwasserbereich"

Trotzdem konnte die Zentrale an den Messpunkten in Kirchen-Hausen und an der Espenbrücke in Möhringen Niedrigwasser feststellen, wenn auch nur knapp: So liegt der Stand in Kirchen-Hausen bei 45 Zentimetern, also drei Zentimeter unter dem niedrigsten Stand in einem durchschnittlichen Jahr. In Möhringen liegt der Wasserstand bei 17 Zentimetern, vier Zentimeter unter dem Niedrigwasserkennwert. Flussabwärts sei die Lage an der Donau entspannter, sagt Bremicker: "In Beuron liegt der Pegel über dem Niedrigwasserwert, weil es stärker geregnet hat."

Noch müsse man sich keine Sorgen um die Umwelt machen, versichert Manfred Bremickers Kollege, Markus Lehmann. Die Situation sei nicht ungewöhnlich: "Bleibende ökologische Folgen sind momentan nicht absehbar. Flüsse sind dynamische Systeme. Die Organismen sind auf Schwankungen ausgelegt." Noch sei die Donau von extremen Werten entfernt.