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Vor dem Jahrestag von Winnenden steigt die Zahl der Amokdrohungen im Land wieder deutlich an.

Stuttgart - Bei etwa drei von vier Amokdrohungen kommen die Fahnder dem Täter auf die Spur. In der Regel über die Verbindungsdaten im Internet. Doch die neue Rechtslage erschwert die Arbeit der Ermittler.

Der Jahrestag der Amoktat von Winnenden und Wendlingen wirft seine Schatten voraus: Die Zahl der Amokdrohungen steigt im Land wieder deutlich an. Das baden-württembergische Landeskriminalamt (LKA) hat in den ersten fünf Tagen im März bereits zehn sogenannte amokrelevante Sachverhalte registriert. Im Februar waren es acht Fälle, im Januar nur vier.

"Die Kurve zeigt nach oben", sagte LKA-Sprecher Horst Haug unserer Zeitung. Seit der Amoktat eines 17-Jährigen mit 16 Toten in Winnenden und Wendlingen am 11. März 2009 musste die Polizei 253 Amokdrohungen im Land nachgehen. 69 davon waren übers Internet verbreitet worden. "Das sind keine Scherze", betont Haug. Die Aufklärungsquote ist hoch: Laut LKA wurden 75,5 Prozent der Fälle geklärt.

Verbindungsdaten nicht gespeichert

Unbekannt bleibt dagegen der Verfasser einer gefälschten Internet-Botschaft, in der der 17-jährige Amokläufer angeblich seine Tat angekündigt hatte. Innenminister Heribert Rech (CDU) war seinerzeit unter Druck geraten, weil er diese Erklärung bei einer Pressekonferenz zunächst als echt bezeichnet hatte. Am Freitag teilten Staatsanwaltschaft und Waiblinger Polizei mit, dass die Botschaft vom 11. März erst um 16.57 Uhr ins Forum eingestellt worden war - siebeneinhalb Stunden nach dem Massaker.

Dies ergab eine Auswertung zweier Festplatten eines US-amerikanischen Servers. Das US-Justizministerium hatte die Daten nach einem Rechtshilfeersuchen im Februar 2010 geschickt. Die Verbindungsdaten des Urhebers waren indes nicht gespeichert.

Aus Ermittlerkreisen ist zu hören, dass der Urheber schon nach wenigen Tagen hätte ermittelt werden können. Jedoch habe das Hamburger Telekommunikationsunternehmen Hansenet die Herausgabe der Personaldaten verweigert - trotz damaliger Pflicht zur Vorratsdatenspeicherung für sechs Monate. Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hatte das Unternehmen zwar im November 2009 zur Speicherung verurteilt - zu spät. Mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Dienstag sind Ermittler ohnehin ausgebremst. Derzeit verweigern alle Anbieter Anfragen.