Der Lastwagen wurde in Ihringen vom Führerhaus des Zugs erfasst. Foto: Salzer-Deckert

13 Unfälle landesweit im Jahr 2012. Polizei sucht nach tödlichem Zugunglück in Ihringen die Ursache.

Ihringen - Einen Tag nach dem tödlichen Bahnunfall an einem unbeschrankten Bahnübergang in Ihringen (Breisgau-Hochschwarzwald) laufen die Ermittlungen auf Hochtouren. Nach Angaben der Polizei hat sich die Zahl der Verletzten des Unglücks von sechs auf acht erhöht.

Noch immer wird ein schwer am Kopf verletzter 18-jähriger Fahrgast aus dem verunglückten Zug der Regio-S-Bahn im Krankenhaus behandelt. Der junge Mann aus Breisach liegt auf der Intensivstation. Die anderen Verletzten seien weniger stark betroffen, so Polizeisprecher Dirk Klose. Auch der Lokführer sei in ärztlicher Behandlung gewesen, so Jürgen Behringer, Geschäftsführer der Regio-S-Bahn, gestern. Mittlerweile sei der Mann wieder zuhause.

Lastwagen hätte am Unfallort nicht fahren dürfen

Derzeit gehe man davon aus, dass der Unfall von dem 45-jährigen Lastwagenfahrer verursacht wurde, der durch das Unglück getötet wurde. Der verheiratete Mann aus Freiburg habe vermutlich das Rotlicht an dem Bahnübergang übersehen, sagte Klose. Allerdings müssten erst die Sachverständigenuntersuchungen am Lkw, dem Zug und der Signalanlage am Unfallort abgeschlossen werden, um zu einem endgültigen Ergebnis zu kommen. "Das wird im Laufe der Woche geschehen", so Klose.

Ein Sprecher der Bahn betonte gestern, dass der Lkw am Unfallort gar nicht erst hätte fahren dürfen, da es sich um eine landwirtschaftliche Nebenstraße handelt. Auch das ist nun Gegenstand der Ermittlungen. Die Polizei geht von einem Gesamtschaden von mehr als einer Million Euro durch das Unglück aus.

Gegen 15.30 Uhr am Montagnachmittag war in Ihringen ein Lkw auf dem Weg zum Bauhof der Gemeinde von einem Nahverkehrszug der Breisgau-S-Bahn erfasst worden. Der Zug war auf dem Weg von Ihringen nach Breisach. Der Lastwagen wurde zunächst vom Führerhaus des Zugs erfasst und schlitzte dann mit seinem Heck die Seite des Triebwagens auf. Bei dem Unfall war der Lkw-Fahrer aus seinem Fahrzeug geschleudert worden. Er starb am Montagabend in einer Klinik an den Folgen seiner schweren Kopfverletzungen. Die Bahnstrecke zwischen Ihringen und Breisach bleibt voraussichtlich bis heute Mittag gesperrt.

"Wenn man die Unfallstelle sieht muss man froh sein, dass es nicht mehr Tote und Verletzte gab", sagte Behringer gestern. Bahnübergänge seien generell Unfallschwerpunkte, so Behringer weiter.

Bei Epfendorf wurden über 30 Menschen verletzt

Laut Angaben der Polizei wurden bei mittlerweile acht Unfällen an Bahnübergängen zwischen Anfang 2009 und dem Unfall vom Montag im Einzugsgebiet des Freiburger Polizeipräsidiums zwischen dem Hochrhein und der Ortenau drei Menschen getötet und drei weitere schwer verletzt. Dazu kommen mehrere Leichtverletzte und immer wieder Medienberichte über Beinahe-Unfälle.

Beim Zusammenstoß eines Regionalexpresses mit einem Sattelzug am Bahnübergang in Epfendorf-Talhausen (Kreis Rottweil) wurden zudem vor kurzem über 30 Menschen verletzt. Die Polizei ermittelt mittlerweile gegen den Lastwagenfahrer wegen fahrlässiger Körperverletzung und gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr. Nach Polizeiangaben hatte er die Verkehrsregeln mehrfach missachtet.

Ihringens Bürgermeister Martin Obert (CDU) hat noch am Unfallort am Montag schwere Kritik an der Bahn, die für die Gleise auf der Strecke verantwortlich ist, geübt: Seit zehn Jahren kämpfe man darum, dass der Übergang sicherer gemacht werde, da sich hier schon diverse Unfälle ereignet haben. Er könne nicht verstehen, warum das alles so lange dauert, wo doch die entsprechenden Pläne längst in der Schublade liegen, so Obert weiter.

Ein Sprecher der Bahn in Stuttgart bestätigte jedoch gestern lediglich, dass es Vorplanungen für die Modernisierung der Strecke gebe, die aber bisher weder genehmigt noch finanziert seien. Drei Kostenträger werden bei solchen Projekten zur Kasse gebeten: die Bahn, der Bund und die betroffene Gemeinde, der die Straße gehört, welche die Schienen kreuzt.

Bis 2017 hoffe man, die 2010 begonnenen Planungen für die Modernisierung der Strecke nach Breisach auf den Weg zu bekommen, so die Bahn. Für ein Projekt dieser Größenordnung sei dies keine allzu lange Planungszeit, schließlich seien mehrere Übergänge und die entsprechenden Zufahrtstraßen zu planen.

Landesweit fallen über 1400 Bahnübergänge in den Verantwortungsbereich der Bahn. Die aktuellste Unfallstatistik liegt mit 13 Unfällen an Übergängen landesweit für das Jahr 2012 vor. Die Zahl der Unfälle an Bahnübergängen ist bundesweit in den letzten 20 Jahren um gut zwei Drittel gesunken und lag zuletzt bei rund 200 im Jahr.