Im Kindergarten wird der Nachwuchs auf Wunsch den ganzen Tag von qualifizierten Erziehern betreut. Das entlastet berufstätige Eltern enorm. In der Luise-Scheppler-Kindertagesstätte genießen Josi, Finn, Erik und Armin die Nachmittagsstunden in der Gruppe. Foto: Lendle Foto: Schwarzwälder-Bote

Familienpolitik: SPD fordert gebührenfreie Kindergärten und will Diskussion anregen

Eine Familie mit einem Kind unter 18 Jahren zahlt für ein Jahr in der Regelgruppe eines Hüfinger Kindergartens derzeit 111 Euro. Diesen Umstand will die SPD in Zukunft ändern. Sie hat sich mit einer Forderung an die Öffentlichkeit gewandt: Hüfingens Kindergärten sollen gebührenfrei werden.

Hüfingen (guy). Im Gemeinderat soll jetzt eine entsprechende Diskussion gestartet werden. Am Donnerstag geht es in der anstehenden Sitzung des Gemeinderates auch um die Bedarfsplanung für die Kindertageseinrichtungen der Stadt.

Der Einstieg in die Gebührenfreiheit im Kindergarten sei längst überfällig, sagte die Fraktionsvorsitzende der Hüfinger SPD, Kerstin Skodell, in der vergangenen Fraktionssitzung.

Wie die SPD mitteilt, habe die Gemeinderatsfraktion bereits im Sommer 2016 im Rat den Antrag gestellt, das Thema in der Gemeinderatsklausur für die Hüfinger Kindergärten aufzuarbeiten. Bislang habe auch nach mehreren Nachfragen und Anregungen keine Klausur stattgefunden. "Wir werden an diesem wichtigen Bildungsthema dran bleiben", sagte Skodell. Zumindest das letzte Kindergartenjahr vor der Einschulung müsse beitragsfrei werden. Bildungspolitisch notwendig sei auch, dieses letzte Kindergartenjahr zum Pflichtjahr zu erheben.

Die Hüfinger Sozialdemokraten halten den Einstieg in die beitragsfreie Kindergartenbetreuung für einen wichtigen Standortfaktor in der Stadt. "Wann denn soll das familienfreundliche Hüfingen diesen Schritt machen, wenn nicht in Zeiten, in denen die Finanzen in Bund, Land und Kommunen geradezu sprudeln", so Skodell. "Wir wissen, dass hier das Land oder gar der Bund eine wichtige Finanzierungsaufgabe haben. Aber auch dort mangelt es nicht an Steuereinnahmen. Es ist immer eine Frage, wofür man das Geld ausgibt", so Skodell weiter. Die SPD ist der Meinung, dass Bildung vom Kindergarten an eine staatliche Aufgabe sei und deshalb auch im Kindergarten kostenfrei sein müsse.

Mit der Forderung verknüpft die SPD nun auch eine Erwartung an die Stadt: Bürgermeister und Gemeinderat sollen sich zeitnah mit diesem Thema auseinandersetzen. Bereits vor rund zwei Jahren habe die SPD das beantragt. Der Gemeinderat habe auch bereits einen entsprechenden Beschluss gefasst, der bis heute nicht umgesetzt sei. "Das Mindeste wäre jetzt, dass der Gemeinderat umgehend eine Resolution oder Petition an die Landesregierung richtet. Darin enthalten muss die Forderung nach Pflicht und Kostenfreiheit für das letzte Kindergartenjahr als Einstieg in die kostenfreie Bildung im Kindergartenalter und Vorschulbereich sein", erklärt die SPD-Fraktion. In der immer noch offenen Klausurtagung zu diesem Thema müsse dann weiter an der kostenfreien Kleinkindbildung gearbeitet werden.

Es gebe zu diesem Thema auch bereits gegenüber Land und Bund intensive Bemühungen: So habe sich der stellvertretene Landesvorsitzende und Mitglied des Bundesvorstands der sozialdemokratischen Gemeinschaft für Kommunalpolitik (SGK), Hüfingens ehemaliger Bürgermeister Anton Knapp, in beiden Gremien für den Einstieg in die kostenfreie Kleinkindbildung eingesetzt. Beide Gremien hätten entsprechende Beschlüsse gefasst. Knapp habe erklärt, dass die SGK, sowohl im Landes-, als auch im Bundesvorstand, für den Fall, dass es Koalitionsverhandlungen geben sollte, vom SPD-Parteivorstand die kostenfreie Bildung im Kindergarten als wichtige Forderung einbringen müsse.

Laut SPD dürfe gute Bildung nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen. Jeder wisse inzwischen, dass es im Kindergarten schon lange nicht mehr um Aufbewahrung gehe, sondern, dass in diesem Alter Grundlagen für Sprache, geistige Beweglichkeit, Sozialkompetenz und vieles mehr für das spätere Leben gelegt werden.

"Wir wollen diesen Standortvorteil für die künftige Entwicklung der Stadt Hüfingen", sagt Kerstin Skodell. Deshalb müsse nicht nur nach Land und Bund gerufen werden, sondern die Stadt selbst müsse sich an dieser Stelle auch bewegen.

Hüfingens Bürgermeister Michael Kollmeier hat sich zur Forderung der SPD geäußert: "Für mich hat Priorität, dass wir dauerhaft in die Qualität der Kinderbetreuung investieren können, wofür die Elternbeiträge weiterhin unverzichtbare Finanzierungsbestandteile sind. Solange sich Bund und Land nicht weiter beteiligen, sind die Spielräume für eine Kostenfreiheit nicht da", so Kollmeier. 2016 betrugen die Elternbeiträge an die Kindergärten und Kindertagesstätten der kirchlichen Träger insgesamt 377 393 Euro, erklärt er weiter. Vom verbleibenden Zuschussbedarf von fast zwei Millionen Euro decke das Land zirka 700 000 Euro, und bei der Stadt verbleiben knapp 1,3 Millionen, die aus dem laufenden Haushalt zu finanzieren sind.

"Wir haben eine nach Kinderzahl gestaffelte Gebühr und unterstützen die Familien maßgeblich über den Familienpass. Damit tun wir in Hüfingen bereits mehr, als vergleichbare Kommunen. Dies gilt umso mehr, weil wir gleichzeitig stark in die Einrichtungen investieren", so Kollmeier.

Der Stadtrat habe sich für die Einführung des Württemberger Modells ausgesprochen. Das sei im Kern eine nach Kinderzahl der Familie sozial gestaffelte Gebührengestaltung. Dies werde seit 2009 in Hüfingen in bewährter Weise so angewandt. Die letzte Entscheidung, bei der sich der Stadtrat weiterhin für die Anwendung dieser Gebührenstaffelung ausgesprochen habe, sei am 9. Juni 2016 gefallen. "Ich bin zuversichtlich, dass wir uns im Stadtrat über den Termin und die Themen einer Klausurtagung einig werden können", sagt der Bürgermeister.

"Eigentlich ist das Landes- oder Bundesangelegenheit. Da wird in Berlin noch verhandelt, und man muss zuerst einmal abwarten", sagt Adolf Baumann, Fraktionssprecher FW/FDP/UWV. Die Fraktion habe das Thema bisher nicht besprochen, sei aber offen für eine Diskussion im Gemeinderat.

"Auf jeden Fall muss das Thema gut durchdiskutiert werden", sagt er. Es habe dazu bereits in der Vergangenheit einen entsprechenden Vorstoß der SPD-Fraktion gegeben, der damals jedoch vom Bürgermeister geblockt worden war.

"Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass Kindergartengebühren weg sollen. Allerdings dürfen damit dann nicht die Kommunen belastet werden. In dieser Frage sollte mehr Druck auf das Land ausgeübt werden, um von dort finanzielle Unterstützung für solch ein Vorhaben zu bekommen", so Baumann weiter. Kindergärten ohne Gebühr würden besonders sozial schwache Familien entlasten.

Ein gewichtiger Punkt sei auch, dass im Falle einer solchen Entscheidung, die Stadt mit einer dauernden finanziellen Belastung zu tun habe: "Dabei werden seitens der Stadt bereits ohne Gebührenfreiheit schon 800 000 bis 900 000 Euro in die Kindergärten investiert", so Baumann.

Die CDU habe sich bisher nicht mit der Thematik befasst. Wie Fraktionssprecher Franz Albert sagt, wolle man zuerst innerhalb der Fraktion darüber beraten und sich dann äußern.