An den Hängen des Fürstenberg (bei Hüfingen) züchtet Andreas Mayer seine Milchschafe. Über die mögliche Rückkehr des Wolfs freuen sich die Städter – aber er nicht. Foto: Fricker Foto: Schwarzwälder-Bote

Naturphänomen: Schäfer fürchten Rückkehr des Wolfs / Manche Züchter denken bereits ans Aufhören

Von Uli Fricker

Typen wie ihn findet man auch in den Schottischen Highlands oder auf der Schwäbischen Alb. Andreas Mayer ist Schäfer auf der Ostbaar. Dort, wo der Wolf zurück ist.

Hüfingen. Andreas Mayer trägt eine robuste Cargo-Hose mit Riss, Sportjacke sowie eine Baseballmütze. Dazu einen Ohrring. Lässig schwingt er sich in einen Vierrader japanischer Bauart und braust über Feldwege von seinem Wohnhaus auf die Weide. Von dort schweift der Blick über die satten Wiesen und Berge der Ostbaar. Mayer ist Schafhalter im Nebenberuf und weidet seine Schafe in dieser lässigen Landschaft. Ein Bild aus dem Bilderbuch.

Doch fürs Bilderbuch ist dieser kernige Schäfer nun gar nicht gemacht. Eine harmlos klingende Nachricht scheuchte Mayer und seine etwa zehn Kollegen auf der Baar (Kreis Schwarzwald-Baar) kürzlich auf. "Der Wolf kommt zurück", stand in dieser Zeitung. Eine stattliche Schar von Wolfs-Experten meldete sich sogleich zu Wort – wie immer, wenn bedrohte Arten aus dem Museum der Evolution in der realen Landschaft auftauchen. Der Tenor dieser Wortmeldungen war pro-wölfisch, stellenweise euphorisch – als ob dem Tier schweres Unrecht geschehen wäre. Peter Hauk, der neue Landwirtschaftsminister und gelernte Förster, freut sich über den Fleischfresser. Und die Freiburger Wissenschaftler (Wolfs-Monitoring) frohlockten nach der Weise "Je mehr Arten, desto besser."

Andreas Mayer zieht die Mütze tief ins Gesicht, wenn er vom Wolf und der jungen deutschen Wolfs-Welle hört. ""Wenn ich in der Stadt wohnen würde, fände ich das auch super", meint er im breiten Alemannisch. Doch kann er mit den kursierenden romantischen Vorstellungen zur Artenvielfalt nicht viel anfangen. Das ist eine andere Welt, die nicht seine ist. Wie beim Wolfsmonitoring jeder einzelne Schritt des Rückkehrers gemessen und vielfach dokumentiert werde, das befremdet ihn.

Er wohnt mit seiner Familie in Fürstenberg, einem Ortsteil von Hüfingen. Das Dorf hat seinen ländlichen Charakter bewahrt. Im Zivilberuf schafft der gelernte Zimmermann als Hausmeister in Bad Dürrheim. Sobald er zuhause ist, wirft er sich auf die Schäferei. Sie ist Leidenschaft und Zweitberuf. Auf jeden Fall mehr als ein Hobby.

Für Mayer ist das harte Arbeit zwischen Weide und Melkstand. Er unterhält eine große Scheune, kümmert sich um die etwa 200 Tiere, repariert Zäune.

Seit einigen Monaten hat der Mann seine Wirtschaft vergrößert. Neben Fleischschafen hält er jetzt auch Milchschafe. Zum Melken der Tiere hat er eine Melkanlage gebaut, die viel Geld kostete. Sein Kalkül geht so: Wenn er gut bezahlte Schafsmilch verkauft, dann werden sich die Kosten eines fernen Tages auch amortisieren.

Er hat einen Abnehmer und freut sich über den wachsenden Markt für regionale Produkte. Da passen Schafskäse und Schafsjoghurt gut hinein. Alles wäre gut, wenn der Wolf nicht die Szene beträte und unter allgemeinem Beifall über die weiten Felder der Baar schleichte. Bisher ist es nur ein Exemplar, das zudem kränkelt. Doch geben Experten der Gattung gute Chancen. Der Süden ist Wolferwartungsland – rein tierkundlich gesprochen.

Was würde er dann tun als Herdenbesitzer? Mayer zählt auf, er spricht von Hirtenhunden sowie Hütehunden. Die Zäune müsste er erhöhen. Bisher sind sie 90 Zentimeter hoch, damit kein Schaf rauskommt. In Zukunft müssten sie 1,20 Meter oder noch höher sein, damit der Wolf nicht reinkommt. Das kostet alles Geld. Viel Geld, sodass er sich irgendwann überlegen muss, ob er diese Arbeit weiterführt.

Andreas Mayer hat Frau und zwei Kinder. Alle helfen mit, was bei den Kindern nicht nur Begeisterung auslöst. Die Tiere wollen 365 Tage im Jahr betreut sein, Urlaub gibt es im Zuchtbetrieb nicht. Familie Mayer macht das alles gerne, weil die Schafzucht etwas Besonderes ist. Aber der Wolf, der hat ihnen gerade noch gefehlt.

Wölfe sind scheu. Sie meiden Menschen in aller Regel. Falls einem ein Wolf begegnen sollte, sollte man sich bemerkbar machen und das Tier verscheuchen. Dazu genügt lautes Rufen oder Klatschen. Ausnahmen sind tollwütige Tiere, die den Menschen angreifen und infizieren können.