Das Team des Hornberger Stephanus-Hauses hat den Kraftakt erfolgreich vollzogen und das Haus auf Erfolgskurs gebracht (von links): Regine Epting (Teamleitung Hauswirtschaft), Petra Moser (Teamleitung Pflege), Heimleiter Torsten Dalichow, Andrea Furtwangler-Joos (Teamleitung Betreuung) und Daniela Meier (Verwaltung). Foto: Gräff

Stephanushaus: Torsten Dalichow leitet seit einem Jahr die Hornberger Einrichtung und zieht eine gute Bilanz.

Hornberg - Seit gut einem Jahr leitet Torsten Dalichow das Hornberger Stephanushaus. Im Interview im April 2015 sah er seine Hauptaufgaben darin, so schnell wie möglich den Druck von den Mitarbeitern zu nehmen. Dieser lag zu der Zeit belastend auf ihnen lag. Auch das verloren gegangene Vertrauen in das Haus sollte wieder zurückzugewonnen werden. Im Gespräch mit dem SchwaBo erzählt Dalichow heute, was sich in den neun Monaten geändert hat.

Herr Dalichow, geht es Ihnen immer noch gut so wie damals bei unserem ersten Interview?

Immer noch gut (lacht). Es ist auf jedenfall ein spannendes Jahr gewesen mit sehr vielen Herausforderungen für mich und meine Kollegen. Aber wir haben auch viel geschafft. Es ist uns auch durch die Unterstützung unseres Haupthauses, dem evangelischen Stift Freiburg und dessen Vorstand Hartmut von Schöning, gelungen, das Stephanushaus in ein ruhiges Fahrwasser zu bekommen.

"Wir wünschen ihnen, dass Sie Ihre Aufgabe mit Vollgas erledigen können", sagte Bürgermeister Scheffold bei Ihrer Vorstellung vor einem Jahr. Das haben Sie wohl ziemlich wörtlich genommen.

Es war in der Tat ein Vollgasjahr. Wir haben zum Beispiel ein völlig neues Betreuungskonzept auf die Beine gestellt. Als ich hier angefangen habe, war es so, dass wir zwei Mitarbeiter in der Betreuung hatten. Inzwischen sind es fünf. Nun gibt es bei uns auch eine Wochenendbetreuung, das gab es früher nicht. Die Betreuung ist dann entweder vormittags oder nachmittags. Neu sind täglich ein oder zwei zusätzliche Angebote und das Konzept der basalen Stimulation.

Können Sie das mal näher erklären?

Basale Stimulation ist ein pädagogisches und pflegerisches Konzept. Es fördert durch körperbezogene Interaktionen körperlich schwer beeinträchtigte Menschen in ihren Wahrnehmungs-, Kommunikations- und Bewegungsfähigkeiten.

Das wird nur bei diesen Menschen angewendet?

Richtig, also bei denjenigen, die beispielsweise nicht an der Lesestunde teilnehmen können. Bei ihnen werden dann durch eine speziell dafür ausgebildete Mitarbeiterin Massagen an der Hand oder einem Teil des Körpers durchgeführt. Übrigens ist auch in der Demenz ganz viel über den Geruchssinn machbar.

Wie steht es mit der Kommunikation zwischen Heimleitung und Angehörigen?

Inzwischen findet alle drei Monate ein Angehörigenabend statt. Dieser Turnus ist auf Anregung der Angehörigen unserer Bewohner ins Leben gerufen worden. Da wird sich informiert und ausgetauscht. Ich gebe immer einen Ausblick auf die Aktivitäten der kommenden drei Monate. Mir ist es wichtig, dass die Angehörigen über die Prozesse informiert sind und, wenn sie es wollen, sich auch beteiligen können.

Gehören dazu auch die Veranstaltungen, die momentan im Stephanushaus anlaufen?

Genau, wir haben beispielsweise 2015 ein Frühlings- und ein Sommerfest gehabt, letzteres zusammen mit dem DRK. Das war richtig toll, und wir haben jetzt einen herzlichen Kontakt zum DRK und dem betreuten Wohnen nebenan. Das tut beiden Seiten so richtig gut. Dann gab es das Oktoberfest, die Weihnachtsfeier und zwischendurch immer wieder kleine interne Veranstaltungen.

Und wie sieht es beim Pflegepersonal aus? Ist das immer noch dasselbe wie vor einem Jahr?

Ja, da freue ich mich, dass wir einen konstanten Stamm haben. Wir haben wenig Fluktuation. Das Team wächst immer fester zusammen. Jeder kennt seine Aufgabe und bringt sich gern ein.

Gibt es jetzt in der Pflege Veränderungen?

In diesem Jahr werden wir den Schwerpunkt auf die Palliativversorgung richten. Wir wollen uns zum Thema Sterben noch intensivere Gedanken machen, dass der alte Mensch bei uns sterben darf, ohne noch mal ins Krankenhaus zu müssen.

Das ist rechtlich sicherlich ein schwieriges Gebiet.

In der Tat. Aber ich finde es wichtig, dass jemand dort, wo er die letzten Jahre verbracht hat, auch sein Leben beenden kann und dabei eine gute Begleitung findet. Dazu möchten wir uns fachlich stärken und auch die Zusammenarbeit mit den Ärzten intensivieren. Ein entsprechendes Gespräch strebe ich an.

Worauf legen die Bewohner besonderen Wert?

Auf das Essen und die Betreuung. Die Pflege wird da nicht so wahrgenommen, das gehört dazu, wird als selbstverständlich angesehen. Aber ob das Essen schmeckt oder ob man sich beteiligen kann an der Beschäftigung, das wird schon sehr klar zu den Angehörigen transportiert. Natürlich soll die Feststellung nicht den Wert und die Wichtigkeit der Pflege schmälern, aber wer redet schon gern darüber dass er Pflege benötigt?

2015 war das Stephanushaus zeitweise nur noch zur Hälfte belegt. Wie sieht es heute aus?

Es ist zwar noch nicht an jedem Tag zu 100 Prozent voll, aber über das Jahr gesehen haben wir eine sehr gute Belegung.

Und wie steht das Haus finanziell jetzt da?

Gut. Wir haben es geschafft, in diesem Jahr schwarze Zahlen zu schreiben.

In Hornberg gehen die Daumen nach oben, wenn die Sprache auf das Stephanushaus kommt. Der schnelle Wandel hat viele positiv überrascht. Macht Sie das stolz?

Stolz macht mich das schon. Aber ich bin auch stolz auf das Team, was ich hier habe. Zwar habe ich als Heimleiter die Gesamtverantwortung, aber ohne das Team wäre das nicht soweit gekommen. Eine Einzelperson schafft das nicht allein. Ich vergleiche das gerne mit einem Ruderboot. Sie können als Steuermann den Takt angeben, so oft Sie wollen, wenn Sie nicht das Team haben, welches mitrudert, bringt das alles nichts.

Der negative Ruf war ja noch eine Weile da.

In der Tat, der war immer noch da, und das wollten wir natürlich wegbekommen. Das Team und ich wollten die Veränderung und wir alle waren auch bereit, das vergangene Jahr sehr hart dafür zu arbeiten.

Was hat sich denn konkret verändert?

Inzwischen haben die Pflegemitarbeiter einen sehr guten Kontakt zu den Angehörigen. Zudem haben wir monatliche Teamsitzungen und es gibt regelmäßige Besprechungen mit den Teamleitern. Ich sehe das als eine sehr wichtige Veränderung, dass man nämlich im Team im Gespräch ist.

Wie sehen Sie die Zukunft, was wollen Sie noch besser machen oder verändern?

Ich habe bei den monatlichen Besprechungen gemerkt, dass es im Team doch unterschiedliche Interessen gibt. So hat das Team 87B-Betreuung ganz andere Inhalte als das Team Altersbegleitung. Und ein Pflegehelfer andere Interessen als eine Fachkraft oder die Hauswirtschaft. Darum gibt es in diesem Jahr mit den Gruppen Einzelgespräche.

Und wo bleiben dabei die Bewohner?

Das wollte ich gerade sagen. Einmal im Monat wird es künftig auch – bei Kaffee und Kuchen natürlich – Gespräche zwischen Bewohnern und der Heimleitung geben, damit diese auch den direkten Kontakt zum Chef haben, ohne Umwege über irgend jemand anderes. Das ist mir ganz wichtig.

Also ein riesiges Austauschen.

Ja genau. Im ersten Moment mag man sicherlich meinen, das ist aber sehr viel. Aber es ist effektiv.

Thema war schon vor einem Jahr der Fachkräftemangel. Hat sich die Lage inzwischen entspannt?

Das ist leider immer noch ein Thema, leider im ganzen Kinzigtal. Viele Einrichtungen haben das Problem, keine Fachkräfte zu bekommen, sie sind auf dem Markt einfach nicht verfügbar.

Wie steuern Sie für das Stephanushaus dagegen?

Indem wir selber Schüler zu Pflegekräften ausbilden. Zum andern versuchen wir, Mitarbeiter ohne fachliche Qualifikation, die schon lange bei uns sind, zu Fachkräften auszubilden. Dazu gibt es die Wegebauförderung, die Pflegehelfer unterstützen. Diese bekommen ihr Gehalt weiter bezahlt und der Betrieb bekommt einen Zuschuss von der Arbeitsagentur. Nur dadurch können es sich die Pflegehelfer erlauben, die Fachausbildung durchzuziehen. Interesse ist auf jedenfall da, allerdings ist es nicht sicher, ob das Wegebauprogramm in diesem Jahr noch weitergeführt wird. Und das hoffe ich sehr.

Warum ist dieser Beruf so unattraktiv?

Zum einen ist er sehr anstrengend. Das größte Problem ist allerdings das gesellschaftliche Ansehen. Dann kommt noch die Bezahlung, die nicht unbedingt in dem Verhältnis zu dem steht, was die Pfleger leisten. Und hier müsste die Politik mehr tun, damit der Beruf auch gesellschaftlich aufgewertet wird.

Derzeit wohnen Sie ja noch in Seelbach. Gibt es doch mal einen Umzug mit der Familie nach Hornberg?

Ja, wir ziehen nach Hornberg, und wenn alles so läuft wie geplant schon im März. Wir haben das vergangene Jahr einfach gebraucht, um uns umzuschauen, um auszutesten, wie wir uns in Hornberg fühlen.

Mit einem guten Ergebnis, privat und beruflich?

Ja ich bin total happy in Hornberg und meine Frau fühlt sich pudelwohl, wenn sie hier ist. Und wir hatten nur schöne Begegnungen mit den Hornbergern, egal, wo wir hingegangen sind. Irgendwann haben wir uns gesagt: Das passt. Und ich bin jetzt auch vor Ort. Mir ist das Stephanushaus so sehr ans Herz gewachsen, dass ich einfach auch hier präsent sein möchte.