Zwei Hornberger Urgesteine: Schwabo-Berichterstatter Fritz Gebauer (rechts) und sein einstiger Zeitungskollege und heutiger Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble, der Gebauer zu dessen redaktionellem Ruhestand einen sehr persönlichen Brief geschrieben hat. Foto: Archivfoto: Dorn

Fritz Gebauer legt nach mehr als 60 Jahren Schwabo-Berichterstattung Block und Kamera beiseite

Hornberg - In Hornberg geht eine fast unglaubliche Ära zu Ende: Nach mehr als sechs Jahrzehnten Einsatz als Zeitungsreporter verabschiedet sich unser Mitarbeiter Fritz Gebauer (89) jetzt in den Ruhestand.

"Ich hab’ einfach gerne über Hornberg und seine Menschen geschrieben, über all’ die Sachen, die hier so das Jahr über passieren", fasst Fritz Gebauer zusammen, was für ihn Antrieb war, in seiner Stadt jahrzehntelang der Ortschronist zu sein. Über andere Menschen hat der Reporter in dieser Zeit unglaublich viel geschrieben. Aber über sich selbst? Nein, da mag er nicht so viel reden. "Ich bin zurückhaltend", sagt er in seiner bescheidenen Art.

1928 kommt Fritz Gebauer in der östlichen Mark-Brandenburg zur Welt. Das Leben ist hart, in dieser Zeit, vor bald 90 Jahren. Nach der Schule ereilt ihn in den letzten Kriegsjahren des zweiten Weltkriegs der Ruf an die Front. "Wir waren mit unseren Flaks auf Sylt stationiert", erinnert sich Gebauer. 1945 endet der Krieg für ihn in den Händen der britischen Besatzer. Zum Glück unversehrt.

Als neutraler Beobachter wird Gebauer von den Hornbergern geschätzt

1952 wird Hornberg seine neue Heimat. Er heuert bei der Firma Schiele an, zunächst als Fahrer des Chefs und später wird ihm die Leitung des Vertriebs übertragen. 1956 heiratet er seine Frau Renate und kommt mit dem Journalismus in Kontakt. "Ich habe den Posten quasi von meinem Schwiegervater geerbt", erzählt Gebauer. Er übernimmt Termine, besucht Veranstaltungen, trifft Menschen und merkt schnell, wie spannend diese Aufgabe ist. Immer tiefer wächst der Stadtchronist in seine neue Heimat hinein, wird wegen seiner neutralen Berichterstattung von den Hornbergern schnell geschätzt und geachtet. "Ich bin eher der sachliche Typ", schätzt er sich selbst ein. Mit dieser objektiven Art kommt Fritz Gebauer bestens an. Er wird zur journalistischen Institution – und soll dies auf Jahrzehnte bleiben.

Über was er denn am liebsten geschrieben hat, in den mehr als 60 Jahren, die er für den Schwarzwälder Boten im Einsatz war? Fritz Gebauer sitzt in seinem Wohnzimmer im Buchenbronn und grübelt lange. "Über alles. Da hatte ich keine Präferenzen."

"Die Zeitung kam bei ihm immer zuerst. Noch vor der Familie, noch vor dem Urlaub", erinnert sich seine Tochter Martina Reinhardt an den nahezu hauptamtlichen Neben-Beruf ihres Vaters. "Wenn für die Zeitung etwas anstand, hatte alles andere zu warten. Das war sein Leben, das war ihm wichtig". Auch dieser treue, unbedingte Einsatz zeichnet Fritz Gebauers Wirken für seine Heimatzeitung auf herausragende Weise aus.

Wie viel hat er eigentlich über Hornberg verfasst, in diesen mehr als 60 Jahren Einsatz? "Ich weiß es nicht, ich habe kein Archiv geführt", erklärt Fritz Gebauer. Dann müssen wir grob rechnen: Bei rund 300 Erscheinungstagen der Zeitung im Jahr kommen da hochgerechnet locker nahezu zwei Millionen Zeilen Text zusammen, wenn man von 100 Zeilen für einen durchschnittlichen Text ausgeht. Oft waren es aber mehrere Berichte an einem Tag. Fotos dürften es mehrere Zehntausende gewesen sein, die Fritz Gebauer schoss.

Bis zuletzt lässt es sich Fritz Gebauer nicht nehmen, für sein Hornberg da zu sein. Im kommenden August feiert er seinen 90. Geburtstag. Andere sind da schon Jahrzehnte im Ruhestand. Nicht aber unser Berichterstatter. Erst die angeschlagene Gesundheit, die ihm seit einiger Zeit zu schaffen macht, zwingt ihn nun dazu, Block und Stift samt Kamera beiseite zu legen. Sehr, sehr schweren Herzens. Loszulassen, nach so endlos langem Wirken, das schmerzt.

Für die Stadt Hornberg war Fritz Gebauer ein Glücksfall. Bürgermeister Siegfried Scheffold, der den Reporter mehr als 17 Jahre lang persönlich begleitete, schüttet ein Füllhorn des Lobes über Fritz Gebauer aus: "Ihn hat eine hohe Sachkenntnis über die Kommunalpolitik ausgezeichnet. Herr Gebauer verstand es stets, eine freundliche Distanz zu wahren und gerade über politische Themen sehr neutral zu berichten."

Und es gibt noch einen, der Gebauers Abschied würdigt: Keinen Geringeren als den Präsidenten des Bundestags, der Hornberger Wolfgang Schäuble. Der Grandseigneur der deutschen Politik hat Fritz Gebauer zu dessen redaktionellem Abschied einen persönlichen Brief verfasst, aus dem wir zitieren dürfen.

Schäuble war in Hornberg für eine kurze Zeit am Anfang von Gebauers Karriere sein Zeitungskollege. Mit 15 griff Schäuble damals zu Stift und Block und versuchte sich als Zeitungsmann. "Acht Pfennig gab es damals beim Schwabo für die Zeile", erinnert sich der heutige Bundestagspräsident. Sportberichterstattung fand er damals am besten, vor allem Tischtennis. Dann jedoch der Tiefschlag: Auf einen kritischen Bericht von Schäuble hin gab es Ärger mit dem Kantor. Der junge Mann warf den Bettel hin und machte in der Politik Karriere. Sein Kollege Gebauer jedoch blieb seinem Metier treu und wurde für sechs Jahrzehnte quasi Hornbergs Stadt-Chronist.

"Nach meinem Eindruck haben Sie immer viel Freude an Ihrer Arbeit gehabt und großes Interesse an den verschiedenen Themen gezeigt. Die Hornberger kennen Sie, bewaffnet mit Stift, Block und Kamera, und haben Sie immer geschätzt", würdigt Wolfgang Schäuble jetzt in seinem Brief an Fritz Gebauer. "Voller Dankbarkeit denke ich an unsere Gemeinsamkeit über viele Jahrzehnte."

Für den Ruhestand wünscht Wolfgang Schäuble seinem Hornberger Ex-Kollegen "von Herzen alles Gute". Dem schließt sich unsere Redaktion in großer Dankbarkeit an. Danke, Fritz Gebauer!

Das Lokale, so schreibt Schäuble, "droht ja im digitalen Zeitalter aus unserem Blickfeld zu geraten. Man glaubt heute manchmal mehr über die Ereignisse in der Welt zu wissen als über solche um die Ecke. Aber der lokale Journalismus bleibt wichtig, weil die Menschen gerade auch in der Zeit der Globalisierung Halt und Geborgenheit im Vertrauten, und damit im Lokalen suchen." Fritz Gebauer habe diese Aufgabe "immer sehr ernst genommen und sich einen leichten, lesbaren Schreibstil erhalten".

Lokaljournalismus und Regionalzeitungen würden in mancher Hinsicht unterschätzt, schreibt Wolfgang Schäuble weiter. "Dabei haben sie deutlich mehr Leser als die Hauptstadtpresse und die bekannten überregionalen Qualitätsblätter", relativiert der Bundestagspräsident.