Der Vorsitzende des Forums Pro Schwarzwaldbauern Siegfried Jäckle (links) und Sozialwissenschaftler Jakob Weiss freuten sich über den guten Besuch des Abends. Foto: Störr

Forum Pro Schwarzwaldbauern diskutiert mit Buchautor Jakob Weiss über die Berglandwirtschaft

Hornberg/Fohrenbühl (stö) - Ob die Berglandwirtschaft leise stirbt, oder ob sie kaputt geredet wird, haben Landwirte auf Einladung des "Forum Pro Schwarzwaldbauern" auf dem Fohrenbühl diskutiert. Mit dem Sozialwissenschaftler und Buchautor Jakob Weiss vom "Bioforum Schweiz" hatten sie einen kompetenten Vortragenden und Gesprächspartner.

"Im Schwarzwald verschwindet vieles ganz leise und die Menschen brauchen lange, bis sie merken, was es ihnen wert war", begrüßte Siegfried Jäckle als Vorsitzender des Forum Pro Schwarzwaldbauern. Über das Zitat von EU-Abgeordnetem Albert Deß: "Der Pflug ist schlimmer als Glyphosat" ärgerte sich Jäckle: "Besser kann man ›kaputt reden‹ nicht beschreiben." Die Berglagen könnten mit den Gunstlagen nicht konkurrieren, die Bauern seien in der Minderheit und immer weniger Menschen hätten einen Bezug zur Landwirtschaft. Statt Ernährungssouveränität herrsche das Recht auf Profit für einige Wenige. Das Artensterben laufe ziemlich parallel zum Bauernsterben, das Direktzahlungssystem nehme immer weniger Rücksicht auf die Rahmenbedingungen. Die EU-Agrarpolitik schere alles über einen Kamm, der "Hektar" heiße. Für den ehemaligen Landwirt und Referenten Weiss warf das Thema "Die Berglandwirtschaft stirbt leise – oder reden wir sie kaputt?" dann mehr Fragen auf, "als ein Fragezeichen am Schluss andeuten kann."

Von der natürlichen Schönheit profitieren Andere

Es gebe eine stille Unterscheidung zwischen der Berg- und anderer Landwirtschaft. Die Berglandwirtschaft erodiere, nur Touristen würden sich in den Bergen wohl fühlen. Aber von der natürlichen Schönheit, die auf die eine oder andere Art verkauft werden könne, habe die Berglandwirtschaft nichts. Die große Frage, die sich unabhängig von der Form der Landwirtschaft stelle, betreffe das Herauskommen aus der Abwärtsspirale. "Ich glaube, es gibt einen Weg heraus. Die des Faktischen und das mit der Kraft der Sprache dagegen halten", betonte Weiss. Im Betrieb gehe es in erster Linie um das praktische Handeln, darüber hätten viele die subversive Kraft der Sprache vergessen. "Doch giftige Wörter haben meist ein verseuchtes Umfeld", ist Jakob Weiss sicher und sagt: "Vorsichtiges Reden hilft dem eigenen Denken."

Man könne für oder gegen etwas sein, aber wie etwas beschrieben werde, bestimme die öffentliche Diskussion. "Mit verseuchten Redewendungen, die ihre Pestizidwirkung entfalten." Deshalb sei allein der Begriff Landwirtschaft ein viel zu großes Wort, weil dabei jeder etwas anderes denken würde. "Ein grenzenloses Aneinandervorbei", nannte es der Referent und spezifizierte die Kern-Landwirtschaft, in der es ausschließlich um das Land, den Boden und die natürlichen Bedingungen gehe. Die "große" Landwirtschaft beschäftige sich in den sekundären Bereichen, mit dieser würde sich die Politik auseinandersetzen. "Die Zukunft hängt davon ab, ob die Böden fruchtbar bleiben und nicht davon, wie viel Dünger oder Traktoren verkauft werden", mahnte er. Nachhaltigkeit sei heute nur noch eine Worthülse, die gedankenlos verwendet werde. Die Kern-Landwirtschaft dürfe nicht vom Profit her gedacht werden, die Natur kenne keinen Preis und deshalb auch keinen Markt. "Der Glaube an den Markt strapaziert das schwächste Glied der Kette."

Während sich für das Wohl der Tiere sehr viele Menschen engagieren würden, mache sich für den Boden keiner stark. Unter dem Druck des ökonomischen Denkens und "dem heiligen Markt" habe sich das Vokabular mit falschen Tönen wie "Wettbewerb" oder "Wachstum" entwickelt. Die Fremdbestimmung in der Landwirtschaft mache einen Protest dringend notwendig. "Für die in der modernen Landwirtschaft erlittenen Übergriffe war die Sprache ausschlaggebend", ist Weiss sicher und sieht Parallelen zum Gesundheitswesen, wo die Ökonomie keine Zeit mehr für Gespräche lässt. "In der Landwirtschaft ist der Boden der Patient und die Bauern sind das Personal. Zuspruch würde beiden gut tun", endete Weiss und stellte sich der Diskussion mit den Landwirten.

2002 wurde von der Uno zum internationalen Jahr der Berge ausgerufen. Geblieben ist der 11. Dezember als Tag der Berge und die damals verfassten "Schwarzwälder Thesen", von denen einige Details politisch umgesetzt wurden. "Die Kernprobleme der Berglandwirtschaft, wie der Landwirtschaft überhaupt, bestehen weiter. Aus der gelobten Kulturlandschaft ist die Phrase von der Offenhaltung der Landschaft geworden", sagt Siegfried Jäckle als Vorsitzender des Forums Pro Schwarzwaldbauern. Weitere Infos gibt es im Internet unter www.sforum.eu.