Marion und Christoph Koch erzählten aus der Zeit nach dem schweren Unfall ihres Sohnes. Foto: Kornfeld

Ehepaar zu Gast in Hornberger Gottesdienst. Offener Umgang mit Leid. In der Zeit nach dem Unfall auch Fehler gemacht.

Hornberg - Warum? Das war das Leitmotiv der Veranstaltung im Rahmen der "Punkt 11 Gottesdienste" in der evangelischen Kirche in Hornberg. Dass es etwas ganz Besonderes werden würde, war von vorneherein klar.

Zu Gast waren die Eltern des im Dezember 2010 bei einer "Wetten dass"-Sendung schwer verunglückten Samuel Koch. Marion Koch ist ausgebildete Pantomimin und so stand am Anfang eine Aufführung von ihr. Doch wer eine von Trauer und Leid geprägte Vorstellung erwartet hatte, wurde überrascht.

Koch hatte den Psalm 23, den Psalm Davids für ihre Darstellung gewählt. "Der Herr ist mein Hirte, mir wird an nichts mangeln": Diese Zuversicht und diese Kraft, die der Glaube den Menschen geben kann, stellte sie auf wunderbare Weise dar.

"Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal, fürchte ich kein Unglück, denn du bist bei mir": Besser als Worte es ausdrücken können, zeigte Marion Koch auf beeindruckende Weise durch ihre Mimik und ihre Bewegungen die Bedeutung dieses Psalms. Nicht Trauer und Tränen zeigte sie, sondern Lächeln und Dankbarkeit, Zuversicht und Freude.

Leid - warum?

Das war auch das Thema der folgenden Bildsequenz, die den Gottesdienstbesuchern noch einmal die Schrecken der heutigen Welt zeigte: Natur- und von Menschen gemachte Katastrophen sowie die Folgen daraus.

Die Bilder zeigten Hunger, Gewalt, Flucht, Vertreibung, Trennung, Betrug, Einsamkeit, Armut, Krankheit. Begleitet wurde die Bildsequenz von dem Lied "What, if God was one of us": Wenn Gott einer von uns wäre, was würdest du ihn fragen? Pfarrer Thomas Krenz nahm diese Bilderflut zum Anlass, die Frage nach dem "Warum" erneut zu stellen. Einfache Antworten helfen da nicht. Kein: "Hättest du doch das oder das getan, dann wäre das nicht passiert." Pfarrer Krenz stellte in seiner Predigt fest, dass die Frage nach der Schuld nicht weiter führt.

Im Anschluss an die Predigt berichteten Marion und Christoph Koch aus der Zeit nach dem schweren Unfall ihres Sohnes. Dabei stellten sie nicht das eigene Leid in den Vordergrund, sondern berichteten offen auch über Fehler, die sie in der Zeit gemacht haben.

Kleine wichtige Details

Sie verbrachten nach eigenen Angaben neun Monate lang regelmäßig, oft betend, am Krankenbett ihres Sohnes. Die Bibel und das Gesangbuch waren ständige Begleiter.

Das Ehepaar Koch berichtete auch von kleinen, wichtigen Details, an die sich die ganze Familie noch erinnert, wie zum Beispiel die schmerzenden Finger vom Stützen von Samuels Kopf. Details, die einem die Situation sehr nahe bringen. "Es ist klar, dass in solchen Zeiten manches andere in den Hintergrund gestellt wird: Der Partner, die anderen Kinder, Freunde, der Beruf. Man kann nicht allem gerecht werden", sagte das Ehepaar.

Wie sind sie damit umgegangen? Freimütig erzählten beide von ihren Erfahrungen. Darüber, dass man sich gegenseitig verzeihen muss.

Das wurde deutlich gemacht durch das Verbrennen von "Knöllchen". Diese standen nicht nur für zu schnelles Fahren, sondern auch für die kleinen Unachtsamkeiten der Mitmenschen gegenüber. "Für diese Kleinigkeiten im Alltag die allen passieren, besonders in sehr angespannten Situationen. Auch davon, dass viele Fragen unbeantwortet bleiben", erzählte das Ehepaar. Und von der Erfahrung das oft die Einstellung hilft: "Nicht denken, sondern handeln."

Darum geben sie seit fast sechs Jahren Interviews und geben dadurch etwas von der Kraft, die sie selber erfahren haben, weiter. Sie zeigen den Menschen, dass sie nicht allein sind mit ihrem eigenen Leid.

Stiftung soll helfen

Das Ehepaar Koch möchte eine Stiftung gründen, die Angehörigen hilft, den Menschen, die pflegen oder trauern und oft die eigenen Bedürfnisse in den Hintergrund stellen. Es soll in der Stiftung darum gehen, diesen Menschen Auszeiten zu ermöglichen, in denen sie auch an sich selbst denken können. Es geht auch um Geschwisterkinder, die manchmal unbeabsichtigt im Hintergrund stehen und zu kurz kommen und dann sagen möchten: "Ich bin auch noch da."

Wie sehr das Ehepaar Koch andere Menschen durch ihr Beispiel ermutigt, wurde im Anschluss an die Veranstaltung deutlich. Menschen kamen zu den beiden und bedankten sich für die Kraft die sie aus ihrem Beispiel und dem Beispiel Samuel Kochs geschöpft haben.