Nicht nur Berufspendler machen sich in Horb mit der Bahn auf den Weg nach Stuttgart. Rund um die Landeshauptstadt und besonders in Richtung Heilbronn müssen sie derzeit mit Verspätungen und Zugausfällen rechnen, aber auch eine Fahrt von Horb nach Stuttgart (Bild) kann zur Geduldsprobe werden. Foto: Hopp

Probleme der Bahn in Stuttgart und Umgebung wirken sich auch auf Horber Fahrgäste aus.

Horb - Wer mit dem Zug rund um Stuttgart unterwegs ist, muss mit Schwierigkeiten rechnen. Die Gäubahn zählt zwar nicht zu den Nebenstrecken, auf denen sich Verspätungen und Ausfälle derzeit häufen, ist aber mit betroffen.

Viele Berufspendler a us Horb und Umgebung fahren unter der Woche täglich Richtung Stuttgart und zurück. Aber auch für Schüler und Privatleute, die Verwandte besuchen wollen oder spezielle Arzttermine haben, ist die Zugverbindung in den Großraum wichtig.

Sollte es also auf der Gäubahn zu ähnlichen Zuständen kommen wie derzeit zwischen Stuttgart und Heilbronn, würde es wohl den Alltag und das Leben vieler Horber Bahnpassagiere massiv umkrempeln. In der Bietigheim-Bissinger Region erboste sich kürzlich ein Bürgermeister, dass manche Fahrgäste zwei Stunden mehr für eine Fahrt einplanen müssen, um pünktlich anzukommen.

Längst ist das Problem Chefsache. Aber: Wie die Stuttgarter Zeitung am Montag berichtete, hat sich die Situation trotz Spitzengesprächen im Verkehrsministerium und einem strengen Kontrollregime nicht gebessert.

Wie schlimm die Zustände sind, zeigt der geschilderte Fall eines Pendlers, der jeden Tag von Ulm nach Heilbronn pendelt, und auf die Züge angewiesen ist: "Am Montag fielen ab 20 Uhr alle Regionalbahnen aus, und am Dienstag der Zug um 20.12 Uhr, sodass ich in Stuttgart eine Stunde Aufenthalt hatte."

Ein Ministeriumssprecher erklärte, dass die Betriebsqualität der Bahn "anhaltend miserabel" sei. Zwischen 7 und 8 Uhr gebe es täglich mindestens zwei Komplettausfälle.

Doch auch auf der Gäubahn zwischen Stuttgart und Rottweil kommt es immer wieder zu Störungen – und das schon seit Monaten. Über Verspätungen, ausgefallene Anschlüsse und defekte WCs in Zügen berichtete bereits Ende Juli der Horber SPD-Stadtrat Dieter Rominger-Seyrich, der täglich mit dem Zug nach Rottweil pendelt. Seine Einschätzung deckte sich mit dem, was der Heilbronner Pendler beobachtet hat: Es gibt Zugausfälle wegen technischen Defekten oder Personalausfall.

Die Missstände sind noch nicht behoben. Wie Rominger-Seyrichs Fraktionskollege Thomas Mattes – er pendelt täglich nach Stuttgart – auf Anfrage des Schwarzwälder Boten berichtet, ist erst vor Kurzem der Zug ab 16.45 Uhr in Stuttgart ausgefallen. Auch er glaubt, dass es mit Personalmangel zusammenhängt. Verspätungen gebe es immer wieder. Das Pendeln zwischen Horb und Stuttgart ist laut Mattes an manchen Tagen "in höchstem Maß unbefriedigend".

Neue Waggons allein lösen die Probleme nicht

Deutlich nachgelassen habe auch der Fahrkomfort. Wie Mattes schildert, sind viele der bislang eingesetzten Doppelstock-Waggons mit ihren Gleittüren durch Waggons älterer Bauart ersetzt worden. Bei denen muss man die Türen per Hand öffnen – nicht selten mit Kraftaufwand. Mattes hat sogar schon eine Zugtür gesehen, an der innen ein gelber Warn-Zettel hing, dass sich die Tür nicht öffnen lässt.

Über alte Waggons hatte bereits Rominger-Seyrich im Juli geklagt. In einem der Züge habe es nur eine einzige Toilette gegeben – und die sei defekt gewesen.

Was die Waggons angeht, ist laut Bahn Besserung in Sicht. Auf der Gäubahn werden "für einen kurzen Übergangszeitraum von Oktober bis Mitte Dezember die Doppelstockwagen abgezogen und gegen lokbespannte Züge mit einstöckigen Nahverkehrswagen getauscht. Danach verkehren wieder die gewohnten Doppelstockwagen, die im Dezember 2017 durch fabrikneue elektrische Triebwagen ersetzt werden."

Die neuen Wagen allein werden die Probleme nicht lösen. Das glaubt auch ein weiterer Berufspendler auf der Strecke Eutingen-Stuttgart: Martin Zerrinius aus Eutingen, ehemaliger stellvertretender Leiter der Freudenstädter Polizeidirektion und heute im Referat Innenpolitik des Staatsministerium tätig. Er ist außerdem Mitglied des Fahrgastbeirats Baden-Württemberg für den schienengebundenen Personennahverkehr, in dem er die Verkehrsgemeinschaft Freudenstadt (VgF) vertritt. Auch Zerrinius kommt häufig drei bis zehn Minuten zu spät an und verpasst deshalb Anschlusszüge. "Es kommt immer wieder vor, dass bei den Weichen und Signalen Störungen auftreten." Wenn dann zum Beispiel die S-Bahn aus dem Takt gerate und auf einem Gleis stehen bleibe, habe automatisch der nachfolgende Regio-Zug Verspätung. Ein zusätzliches Problem ist, dass die Bahn Ausschreibungen von Nahverkehrslinien verloren hat (zum Beispiel an Go Ahead oder Abellio) und langfristig Personal abzieht. "Das führt offenbar zu Frustration und Krankmeldungen bei den betroffenen Angestellten", so Zerrinius. Zum Beispiel bei DB-Regio-Mitarbeitern, die jetzt Zukunftsängste haben (ähnlich wie im Fall des Ferienfliegers Tuifly). Für viele der DB-Beschäftigten ist unklar, ob sie mit ihrem Tarif von einem anderen Unternehmen übernommen werden. Zerrinius: "Dann kommt noch dazu, dass der Service für Fahrradfahrer verbessert werden soll." Das heißt: mehr Züge, in die man Fahrräder mit reinnehmen kann. Zerrinius befürchtet: "Für die Bahn kommt da im Moment ziemlich viel zusammen."