Foto: Hopp

Als Fahrradtourist im Neckartal sollte man vor allem eines nicht: sich in die Irre führen lassen. Mit Kommentar

Horb - Seit mehr als zwei Jahren brütet das Rathaus an einem Radkonzept für die Stadt. Kann das wirklich so kompliziert sein? Der Schwarzwälder Bote hat sich selbst aufs Rad geschwungen.

Szenario 1. Ich bin Tourist, komme mit meinem Fahrrad am Bahnhof an. Horb ist mein Startpunkt für den Neckartalradweg. Vor Haags Bistro sehe ich ein Schild: Neckartalradweg zeigt nach links und nach rechts. Ich versuch’s erst mal nach links.

Viele Autos kommen mir entgegen, ehe ich an einem Kreisel ankomme. Ein Schild? Fehlanzeige. Rechts sehe ich den Neckar. Also rüber. Und siehe da: Unten ist der Neckartalradweg. Muss ich mein Fahrrad jetzt die Böschung runterschieben?

Ich zögere noch ein bisschen. Da kommen Rennradfahrer auf den Kreisel zu, einer sagt: "Da muss es langgehen." Er biegt noch vor dem Aldi rechts ab. Ich sehe dort ein weißes Schild von hinten. Drüben kann ich es dann entziffern: "Fußweg nach Isenburg." Ich fahr mal runter. Siehe da: Hier ist der Neckartalradweg. Okay. Soweit mal der "Fußweg nach Isenburg". Echt eine gelungene Beschilderung.

Okay. Dann will ich mal die andere Strecke testen. Wieder zurück zum Bahnhof. Ab nach rechts. Plötzlich stecke ich im Stau. Hinter mir Busse, links und rechts rauschen die Autos vorbei an der Mega-Kreuzung. Immerhin: Rechts geht es jetzt wirklich zum Neckartal-Radweg.

Ich habe das Gefühl, dass hier ist nicht alles so optimal beschildert in Horb. Ich werde mal in der Tourist-Info fragen, ob es eine Radfahr-Karte für die Stadt gibt. Also zurück zum Bahnhof, zum Schild. Es zeigt mir den Weg zur Tourist-Info. Ein herrlich breiter, ruhiger Weg an der Arbeitsagentur vorbei (die Lindenstraße) führt mich zu einer Ampel. Ich gehe rüber. Das nächste Schild. Ich denke, mich trifft ein Schlag.

Denn: Direkt an der Brücke geht es fein bergab gut 100 Meter runter zu einem breiten Radweg. Dürfte wohl der Neckartalradweg sein. Und ich frage mich: Warum führen mich die Schilder nicht gleich hier hin? Hier gibt es zwar einen Schildermasten, auf dem vieles angeschrieben steht (siehe Foto oben), aber ausgerechnet der Neckartal-Radweg, den man hier so toll anfahren könnte, fehlt.

Da muss ich denen mal in der Tourist-Info den Marsch blasen. Also weiter über die rote Brücke. Dann zeigt das Schild nach rechts. Ich fahre die Straße runter, ehe ich zwischen Volksbank und Bäcker Randecker stehen bleibe. Wieder jede Menge Autos. Das ist mir zu heftig. Ich gehe links auf den schmalen Fußweg, bis ich vor Drogerie Müller stehe. Das nächste Schild: "Tourist-Info rechts".

Wieder den schmalen Fußweg hoch? Ach ne, lieber die Straße. Doch hinter mir stauen sich die Autos. Ein BMW Z4 überholt mich rasant. Sattelschlepper kommen mir entgegen. Ganz wohl ist mir nicht. Endlich bin ich an der Tourist-Info. Doch die ist schon zu. Ich frage mich: Kommt man hier als Radfahrer eigentlich durch die Stadt, ohne sich durch den Riesen-Verkehr zu schlängeln?

Okay. Raus aus dem Touristen-Modus. Ich lenke mein Rad rechts in das Reibegässle rein. Hier kommen mir jede Menge Radfahrer entgegen. Autos sind hier Fehlanzeige. Ich denke mir: Geradeaus weiter wäre der perfekte Radweg zu Marmorwerk, Duale Hochschule und Neckarbad. Doch ich fahre jetzt links die Saarstraße rein Richtung Neckarstraße zurück. Jetzt will ich mal testen, ob man wenigstens die Radfahr-Magistrale Neckarbad-Altes Freibad fahren kann.

Die Überquerung der Neckarstraße dank zweier Ampeln kein Problem. An der Musikschule entdecke ich dann das nächste Schild. "Altes Freibad". Okay. Also weiter durchs Ihlinger Tor. Vor dem jüdischen Betsaal fehlt der Richtungszeiger. Naja, einfach mal nach links. Und dann am Kinderspielplatz – doch halt, was ist das? Das Schild "Fußgänger" stoppt mich. Also rolle ich links die breite Straße weiter. Sie führt dann wieder nach rechts auf den Fußweg. Und ich glaube, meinen Augen nicht zu trauen: Hier hängt jetzt das Schild: Rad- und Fußweg. Entspannt fahre ich weiter, ehe ich das Alte Freibad sehe. Ich drehe mich noch mal um: Und da, wo ich eben noch legal fahren durfte, darf ich mit meinem Mountain-Bike nicht zurück. Das Schild Fußgänger verbietet mir jetzt die Rückfahrt.

PS: Laut einem Rathaus-Sprecher ist das Thema in der zweiten Jahreshälfte auf der Agenda.

Kommentar: Rad ab

Von Jürgen Lück

Als Radfahrer denkst du, die haben ein Rad ab in Horb. Die Beschilderung lässt Radtouristen, die auf dem Neckartal-Radweg unterwegs sind, nur mit viel Glück den richtigen Weg finden. Sie leitet einen garantiert über die unangenehmste Strecke. Sie führt Radfahrer über die viel befahrene Neckarstraße – ohne Radfahrstreifen. Die ruhige Alternative durch das Mühlgässle – sie wird nicht vorgesehen. Nicht mal die absolut machbare Radfahr-Magistrale zwischen Altem Freibad und Neckarbad ist reibungslos geregelt. Das spricht nicht gerade für die bewegte Kommune, die ja auch Schulkinder zu mehr Bewegung animieren soll. Es spricht auch nicht gerade für den Tourismus im "Neckar-Erlebnis-Tal". Statt nur im Rathaus zu sitzen und große Arbeitsgruppen zu bilden, sollten die Verantwortlichen sich einfach mal selbst aufs Rad schwingen.