Der Brunnenheilige blickt aufs MVZ – das wieder einmal eine Arztpraxis verliert. Der Wegfall des Chirurgen könnte laut Ärzten schwere Folgen haben. Foto: Hopp

Mediziner aus Horb und Umgebung befürchten "erheblich schlechtere Versorgung".

Horb - Zum drohenden Wegfall der Chirurgiepraxis im MVZ Horb hat sich am Donnerstag eine Gruppe von 20 Ärztinnen und Ärzten aus Horb und Umgebung zu Wort gemeldet. In einem offenen Brief warnen sie vor "unzumutbaren Härten", die künftig auf Patienten zukommen.

Der Sachstand: Das Defizit des Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) steigt, die Zukunft des Hauses ist unklar, man hofft auf einen neuen Chirurgen zum Jahresbeginn 2018, der aber zu günstigeren Bedingungen arbeitet. Ob wirklich einer kommt, ist ebenfalls unklar.

Zum möglichen Wegfall der Chirurgiepraxis in Horb nehmen jetzt 20 Ärztinnen und Ärzte in einem offenen Brief an den Landrat, die Krankenhausverwaltung, die Stadtverwaltung, Abgeordnete und Medien Stellung. Die Ärzte unterstützen es, dass Olinczuk seiner Tätigkeit als ambulanter Chirurg weiter nachkommt, um die Versorgung der Bevölkerung von Horb und Umgebung sicherzustellen. Olinczuk "wird von uns Kollegen sowie von seinen Patienten als sehr sorgfältig arbeitender und beliebter Kollege und Arzt geschätzt", heißt es in dem Brief.

Darauf hob kürzlich auch Horbs Oberbürgermeister Peter Rosenberger in der Kreistagssitzung ab. Die Horber hätten die Leistung und Arbeit von Olinczuk "schätzen und lieben gelernt". Der OB geht davon aus, dass man sich einigen kann.

Peter Paul Olinczuk ist als Durchgangsarzt der einzige Mediziner in Horb, der im Auftrag der Berufsgenossenschaft Arbeitsunfälle behandeln, begutachten und weiterleiten darf. Die Berufsgenossenschaft hat ihr nächstes Krankenhaus in Tübingen.

In dem offenen Brief werfen die Mediziner einen kritischen Blick aufs MVZ Horb: "Dass es bereits in der Vergangenheit Schwierigkeiten bei der Nachbesetzung von Fachärzten im MVZ Horb gab und gibt, ist bekannt. Dr. Fridrich, unser gynäkologischer Kollege, hat den Praxisbetrieb so lange aufrecht erhalten, bis jetzt eine Nachfolgerin gefunden wurde."

Davor war bereits die psychiatrische Sprechstunde mit Astrid Tontsch weggefallen. Seitdem hat Horb keine psychiatrische Praxis mehr. Auch einen Urologen und einen Hautarzt hatte es in früheren Jahren zeitweise im MVZ gegeben.

Die Ärztinnen und Ärzte warnen: "Wir befürchten, dass im chirurgischen Bereich eine entsprechende Versorgungslücke entsteht. Für den Bereich Horb und Umgebung wäre dies eine unzumutbare Härte. Die Patienten müssten nach Oberndorf, Nagold, Tübingen, Herrenberg oder Freudenstadt ausweichen, was mit erheblichem Zeitaufwand verbunden wäre. Ganz abzusehen von Situationen, wenn Patienten auf den öffentlichen Nahverkehr angewiesen sind. Dies würde eine erheblich schlechtere ambulante Versorgungssituation des Ostbereiches des Landkreises Freudenstadt zur Folge haben."

Die 20 Unterzeichner des offenen Briefs fordern die Stadt Horb, den Landkreis sowie die KLF-Führung auf, "sich im Sinne einer ortsnahen, lückenlosen Patientenversorgung im chirurgischen Bereich zu entscheiden."

Abschließend heißt es: "Wir hoffen nicht, dass, wie bereits in der Vergangenheit geschehen, die Idee darin besteht, dass bei einer Schließung der chirurgischen Praxis im MVZ Horb die Patienten dann automatisch, da ohne Alternative, im Krankenhaus Freudenstadt behandelt werden müssen. Dies funktioniert, wie die jüngere Vergangenheit schon gezeigt hat, nicht. Es käme unweigerlich zu einer Abwanderung der Patienten in die umliegenden Kreise. Ob das gewollt ist, ist fraglich."

Ein Umstand, auf den die Unterzeichner gar nicht erst abheben, ist die Frage, warum Olinczuk überhaupt geht. Da stehen widersprüchliche Antworten im Raum.

Er selbst hatte mitgeteilt, dass er zwar 67 werde, aber nicht in Ruhestand wolle. Er wolle weiterhin als Chirurg und Durchgangsarzt für seine Patienten und die Horber Bevölkerung arbeiten, wenn man ihn lasse.

Der Geschäftsführer der Krankenhäuser Landkreis Freudenstadt (KLF) Ralf Heimbach hatte das anders dargestellt. Der Weggang Olinczuks sei dem Umstand geschuldet, dass er das 67. Lebensjahr erreiche. Sucht das MVZ einfach nur eine kostengünstige Lösung?

Oder befürchten die 20 Ärztinnen und Ärzte sogar Schlimmeres? Am Ende des Briefes steht: "Wenn wir die neuerlichen Artikel in der Presse lesen, scheinen wir auf eine Schließung des MVZ vorbereitet zu werden" – in das der Landkreis vor wenigen Jahren mehr als 11 Millionen Euro investiert hat.