Foto: Morlok

Gruppe aus Altheim bei Produktion in badischem Unternehmen Bachert dabei. Handwerkliche Meisterleistung.

Horb-Altheim - Wer kennt es nicht, das Lied von der Glocke? Zumindest der Anfangsvers ist vielen von der Schulzeit her noch recht geläufig: "Fest gemauert in der Erden, steht die Form aus Lehm gebrannt. Heute muss die Glocke werden. Frisch, Gesellen! seid zur Hand. Von der Stirne heiß rinnen muss der Schweiß, soll das Werk den Meister loben! Doch der Segen kommt von oben".

Friedrich Schiller schrieb "Das Lied von der Glocke" im Jahr 1799. Lange zuvor und noch heute rinnt der Schweiß, und die Form steht fest in ihrem sandigen Bett, wenn die 1100 Grad heiße Legierung, die aus 78 Teilen Kupfer und 22 Teilen Zinn besteht, in einem Guss in die vorbereitete Glockenform fließt.

Der Glockenguss selbst ist der Höhepunkt einer kunsthandwerklichen Meisterleistung, deren Arbeitsschritte seit weit mehr als 500 Jahren im Wesentlichen nach dem gleichen Prinzip ablaufen. Der Glockengießer benötigt zur Herstellung einer Glocke eine dreiteilige Form aus Lehm. Sie besteht aus dem Kern, der falschen Glocke, auch Modellglocke genannt, und dem Mantel.

Die deutschen Glockengießer, es gibt insgesamt noch vier Betriebe in der Bundesrepublik, fertigen noch heute prinzipiell nach diesem Verfahren.

Wie aufwendig und tatsächlich schweißtreibend die Herstellung einer Glocke ist, egal welcher Größe, davon durfte sich vor wenigen Tagen eine kleine Delegation aus dem Horber Stadtteil Altheim in der Glockengießerei Bachert im badischen Neunkirchen überzeugen. Die Altheimer waren eingeladen, beim Guss ihrer neuen Friedhofsglocke dabei zu sein. Die Altheimer Bevölkerung hat sich schon lange eine Glocke für ihren Friedhof gewünscht, und der frühere Ortsvorsteher Andreas Bronner hat deshalb um Spenden gebeten, die dann auch reichlich flossen. So war man in der glücklichen Lage, einen eigenen Campanile, einen freistehenden Glockenturm, der vor der neuen Aussegnungshalle errichtet wird, in Auftrag zu geben. Mit dem Glockenguss wurde die Gießerei Bachert, die auch die Glocken in der Altheimer Kirche wartet, beauftragt.

Glocken werden nur Freitag gegossen

Nun war es soweit. Die Altheimer durften beim wichtigen Schritt des Glockengusses dabei sein. Wie in diesem Traditionshandwerk üblich, werden die Glocken immer nur an einem Freitag gegossen. Dies deshalb, da Jesus Christus an einem Freitag gekreuzigt wurde. Kleinere Glocken und Friedhofsglocken, wie die rund 210 Kilogramm schwere Altheimer Glocke, werden am Vormittag gegossen, große Glocken nachmittags um 15 Uhr, der Todesstunde des Heilands. Für das Kunsthandwerk eine wichtige, glaubensgeprägte Zeit, für die arbeitende Bevölkerung eher eine unchristliche Zeit, und entsprechend klein war auch die Altheimer Abordnung. Ortsvorsteherin Sylvia Becht, ihr Stellvertreter Friedemann Schindele, Alt-Ortsvorsteher Andreas Bronner und Ortschaftsrat Jürgen Dettling repräsentierten den Ort.

Andreas Bronner, der in der Kirchengemeinde auch als Wortgottesdienst-Leiter aktiv ist, übernahm es, der neuen Glocke vor und nach dem Guss mit spirituellen Worten Kraft mit auf den Weg zu geben. Unter anderem las Bronner das Schriftwort: "Vertraue dem Herrn deine Werke an, so werden deine Pläne gelingen." Er erwähnte, dass die Glocke die Inschrift (die Glockenzier) "Ich bin die Auferstehung und das Leben" sowie den Zusatz: "Gespendet von Altheimer Bürgern im Jahres des Herren 2017" tragen wird.

Nach diesem kurzen Moment der Andacht hoben die Glockengießer das glühende Gefäß mit der Legierung aus dem Schmelzofen, setzten es auf eine Kippvorrichtung, die von einem Kran gehalten und hochgezogen über der bereitstehende Form ausgerichtet wurde. Zwei Männer, in feuerfesten Mänteln und mit Schutzbrillen vor dem Gesicht, kippten dann die glühend heiße Masse in einem Guss in die Form. Ein Arbeitsschritt, der vielleicht eine Minute dauerte, dem aber sehr viel Vorarbeit vorausging und dem noch sehr viel Nacharbeit folgt. Für die Besucher aus Altheim war es ein besonderes Erlebnis. Wer schon einmal bei einem solchen Gießvorgang dabei war, der hört das Geläut der Kirchenglocken wahrscheinlich auch mit ganz anderen Ohren.

Weitere Informationen: Wer selbst einen Blick in die Gießerei Bachert werfen will, kann dies vom heimischen Fernsehsessel aus tun. In der Mediathek des SWR ist unter der Rubrik: "Im Südwesten – Handwerkskunst! Wie man eine Glocke gießt" ein 45- minütiger Bericht zu sehen. (Ausgestrahlt am 12. Oktober).