Der "Ahldorfer Aufstand" in Klein: Stolz schleppen die Kinder ihre bunt bemalten Pfosten. Protest gegen das geplante Gewerbegebiet. Foto: Jürgen Lück

Kreativ-Aktion: "Wir pfosten euch eins!" BI wehrt sich im Schneetreiben gegen geplantes Gewerbegebiet in Ahldorf.

Horb-Ahldorf - Das GAHLische Dorf (AHL steht für Ahldorf) mit "Waldgebenix" und "Haunix" zur Fasnet war schon klasse. Am Samstag bewies die Bürgerinitiative gegen das geplante Gewerbegebiet, dass auch "Wickie und die starken Männer" ihre Freude an dem Ahldorfer Widerstand hätten…

Die Grillhütte in Ahldorf, 10.30 Uhr. Schneeflocken fallen vom Himmel, die Bäume des Hau und die Holzwiese sind dicht mit dem weißen Puder bedeckt. Ein Winter wie bei "Wickie – der Wikinger".

Doch hier gibt es keine Schwerter, sondern Holzpfosten. Gut fünfzig Erwachsene und Kinder sind gekommen. Im Hänger liegen 70 bunt bemalte Holzpfosten. Sie sollen die geplanten 200.000 Quadratmeter Gewerbegebiet abgrenzen.

Christina Nuss, Sprecherin der Bürgerinitiative Hau und Holzwiese: "Die Kinder aus dem Dorf haben die Pfosten zwischen Weihnachten und Neujahr bemalt. Nachdem wir wenige Wochen vorher davon erfahren haben, dass unser Wald wegen des Gewerbegebiets abgeholzt werden soll, war das ein fröhlicher Frustabbau!"

Und weil die Bürgerinitiative davon ausgegangen war, dass der Gemeinderat Anfang März über das weitere Vorgehen berät, sollte die Pfostenaktion rechtzeitig an den Start gehen. Nuss sagt: "Nachdem wir zur Fasnet Ahldorf als gallisches Dorf des Widerstandes gezeigt haben, wollten wir gleich darauf die nächste, kreative Aktion starten! Damit die Spaziergänger sich nicht nur an der Natur, sondern auch an den bunten Pfosten freuen können. So lange der Wald noch steht."

Da stört dann auch der Schnee nicht. Im Gegenteil: Ortsvorsteher Hartmut Göttler gibt noch das letzte Kommando: "Wir haben 70 Pfosten. Alle 50 Meter wird einer eingeschlagen. Das müsste dann für das gesamte Gebiet reichen."

Die Kinder reihen sich dann um die bunten Pfähle im Hänger. Nehmen sich ihren Pfosten raus. Marschieren mit den bunten Hölzern los. Eine Frau hat auch noch Nachschub – am Holzstab einer Silvesterrakete hat sie eine Zeichnung festgetackert. Das Motiv: Ein Junge und ein Mädchen in einer Lichtung. Text: "Im Wald gibt es kein WLAN – aber du wirst nirgendwo eine bessere Verbindung zu dir selbst finden." Laminiertes Material, das dann einen Pfosten noch schmücken wird.

Göttler und sein "Rammteam" zeigen dann dem ersten Mädchen den Platz für ihren Pfosten. Dreimal reingedreht, Vorschlaghammer raus und rein mit dem Ding. Stolz lächelnd posiert die Kleine neben ihrem Pfahl, den sie mit einer Sonne bemalt hat.

Dann kommt Thomas Bauer an den nächsten Pfahl und tackert seine laminierte Message dran: Fotos mit Wildschweinen, Rehen und Hasen. Christina Nuss: "Vorhin habe ich noch zwei Rehe am Waldrand gesehen."

An der Hütte verbleiben noch ein paar Erwachsene. Beispielsweise Ursula Nagel. Sie sagt: "Natürlich unterstütze ich die Bürgerinitiative gegen das Gewerbegebiet. Ich will zeigen, dass nicht nur 18 Ortsteile gegen Ahldorf abstimmen! Ich bin SPD – und ich werde meine Leuten schon noch kräftig stupsen!"

BI-Sprecherin Nuss diskutiert mit Nagel, wie sie noch weitere Unterstützer für die Bürgerinitiative gewinnen kann: "Ich werde nach Mühlen in den Ortschaftsrat gehen und danach mit den Leuten sprechen. Ich denke, nach dem Kahlschlag der Kastanienallee können die Nordstetter noch besser nachvollziehen, was wir befürchten." Sie wundert sich schon über das Rathaus.

Nuss: "Im Mitteilungsblatt sagt das Rathaus, dass jeder Bürger Fragen zum Gewerbegebiet stellen kann. Die werden beantwortet. Mein Mann hat zehn Fragen schriftlich gestellt – und bis heute keine Antwort bekommen. Das würde OB Peter Rosenberger persönlich übernehmen." Doch wann der Treff mit dem Stadtoberhaupt sein wird, weiß die BI noch nicht. Nuss: "Wir haben drei Termine nach Mitte März vorgeschlagen."

Auch Ahldorfs Ortsvorsteher Michael Keßler – der gleichzeitig CDU-Fraktionsvorsitzender im Gemeinderat ist – spricht noch vor der Grillhütte. Er sagt: "Ich finde es gut, wenn sich die Kinder aktiv an der Dorfgemeinschaft beteiligen. Das ist doch eine schöne, kreative Aktion!"

Keßler geht bisher nicht davon aus, dass der Gemeinderat schon am 6. März über das weitere Vorgehen zum Gewerbegebiet entscheidet. Er zählt an seinen Handschuhfingern ab: "Grundstückeigentümer, Geologie und Artenschutz – ich wäre überrascht, wenn all diese Erkenntnisse schon so schnell vorliegen würden. Aber man weiß ja nie!"

Gut 40 Minuten später ist das Rammteam um den Hau rum. Taucht von der Bundesstraße her wieder am Waldrand auf. Die Kinder werden jetzt auf dem kurzen Weg schnell zur Grillhütte gebracht – denn inzwischen schneit es noch heftiger. Doch nur die Harten kommen in den Garten. Mit flotten Sprüchen wie "Hartmut, wir sind dein Vermessungsamt" geht es am Rand der Holzwiese durch den tiefen Schnee. Und der Spruch ist berechtigt. Bei jedem Holzpfosten wird mit der Wasserwaage noch mal nachgeprüft, ob das Teil auch perfekt steht.