Die Firma Volz Luftfilter hat mit dem gekündigten Betriebsrat einen Vergleich vereinbart.   Foto: Hopp Foto: Schwarzwälder-Bote

Geschäftsführer muss noch zustimmen / Arbeitsrechtliche Situation offenbar nach wie vor in der Schwebe

Von Peter Morlok

Horb/Freudenstadt. Im Saal des Arbeitsgerichtsdirektors am Arbeitsgericht Pforzheim, Hans Weischedel, der gestern am Freudenstädter Amtsgericht seine Sitzungen leitete, waren gestern mehrere Prozesse aus dem Raum Horb anhängig.

Zuerst musste sich die Stadt Horb, vertreten durch Joachim Patig, wegen einer Kündigung rechtfertigen, die sie gegen eine Mitarbeiterin ausgesprochen hatte. Danach wurde Richter Weischedel mit zwei völlig konträr laufenden Aussagen des Leiters eines Horber Baumarktes und dessen fristlos gekündigter Angestellten konfrontiert.

Dann kam das Thema an die Reihe, das offenbar zahlreiche Besucher und Medienvertreter interessierte: der weitere Verlauf des Rechtsstreits, den ein gekündigter Betriebsratsvorsitzender in Kooperation mit der IG Metall Freudenstadt, vertreten durch Gewerkschaftssekretär Stefan Kirschbaum, gegen die Firma Volz Luftfilter aus Horb führt. Alex Rossoschanski, so heißt der Betriebsratsvorsitzende des Luftfilterherstellers, kann selbst keine klaren Kündigungsgründe aus seinem Verhalten heraus erkennen, wie er nach der Verhandlung erklärte.

"Man unterstellt mir so einiges", sagte er, nannte aber keinen konkreten Kündigungsgrund. "Für mich ist das Verhalten meines Mandanten am Arbeitsplatz ehrenhaft, und ich halte ihn für einen engagierten Betriebsratsvorsitzenden", sagte dazu sein Rechtsbeistand Detlef Ernst von der Tübinger Kanzlei "DEHR Anwälte". Ernst betonte, dass zwar alle möglichen Behauptungen im Raum stehen, die aber mit einem Vergleich, wie ihn beide Parteien noch vor dem Beginn der richterlichen Anhörung abgesprochen haben, abgegolten wären. Über den Modus des ausgehandelten Vergleiches gaben weder der Personalleiter des Beklagten, Thomas Odenwälder, noch dessen Rechtsanwalt Ehrenfried Göhrke Auskunft.

Im Kern dieses Prozesses geht es darum, dass man einen Betriebsrat oder Betriebsratsvorsitzenden nicht so einfach entlassen kann. Hier muss der Betriebsrat zustimmen. Dies ist in diesem Fall nicht geschehen, und die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Patrica Kaupp hält so eine Kündigung auch nicht für rechtens. Sie saß deshalb mit auf der Klägerseite. Da gerade die Stelle eines Betriebsrats konfliktbehaftet ist, genießt sie ein Sonderkündigungsschutzrecht. Alex Rossoschanski arbeitet deshalb immer noch bei Volz, vertritt den Betriebsrat in Verhandlungen mit der Geschäftsleitung und wartet auf den Ausgang des Prozesses.

Gestern kam man zumindest einen formaljuristischen Schritt weiter. Man einigte sich auf einen sogenannten "bedingten Vergleich", der erst dann rechtswirksam wird, wenn sich auch Geschäftsführer Rainer Volz dafür ausspricht. Im Juristen-Deutsch heißt dies: "Der Geschäftsführer tritt dem Beschlussverfahren bei."

Richter Weischedel signalisierte, dass er hier keine Einwände entgegenbringt, wies aber darauf hin, dass ein solcher Vergleich bis zu seiner Rechtsgültigkeit auf wackeligen Füßen stehe. "Da braucht nur eine Partei zu widersprechen, und schon ist jede Absprache ungültig", machte er auf die fragile Rechtsnatur des Betriebsverfassungsgesetzes aufmerksam. "Die Sensibilität dieser Geschichte ist uns allen bewusst", wandte er sich an die beiden Rechtsanwälte, die jedoch ihr ausgehandeltes Konstrukt als tragbar erachten. "Wir brauchen zur Umsetzung die Zustimmung des Gerichtes", sagte Rechtsanwalt Ernst nach der Verhandlung und bezog sich auf die oben genannten Gründe des Sonderkündigungsrechtes.

Nun muss also nur noch Rainer Volz sein Okay geben, und keiner der Beteiligten darf bis zum nächsten Verhandlungstermin der "Geheim-Vereinbarung" widersprechen. Dann könnte es der Firma Volz gelingen, einen – für sie möglicherweise unbequemen – Betriebsratsvorsitzenden loszuwerden. Wie aus gut unterrichteten Kreisen zu erfahren war, wäre man sich schon lange einig, wenn da die finanzielle Schere nicht bis zum Anschlag auseinander klaffte.

Ob man den Inhalt des Vergleichs tatsächlich erfährt, bleibt auf jeden Fall abzuwarten. Die Fakten scheinen aber zu stehen. Für den Hauptbetroffenen, den Arbeitnehmer Alex Rossoschanski war – wie für die meisten Prozessbeobachter – der gestrige Prozessverlauf ein Buch mit sieben Sigeln. "Und wie sehen Sie die Sache?", wurde Rossoschanski später im Gerichtsflur gefragt. "Ich habe keine Ahnung – ich habe nichts verstanden und muss mir das erst mal in Ruhe von meinem Anwalt erklären lassen", so sein schulterzuckender Kommentar. Gerichtsdeutsch kann schon recht kompliziert sein.