25 Zuhörer folgten der Podiumsdiskussion im Kloster zum Thema Kunst. Foto: Morlok Foto: Schwarzwälder-Bote

Diskussion des Fördervereins Künstlerhaus: Die Kunst im Dreieck von Verwaltung, Bürgern und Kunstschaffenden

Von Peter Morlok

Horb. Der Förderverein Künstlerhaus arbeitet seit zehn Jahren daran, dem Horber Kulturleben mit einer neuen Institution zusätzliche Impulse zu geben und hat erste Erfolge vorzuweisen, wie etwa den überregionalen Künstlertreff und den Medienkunstpreis 2014.

Das Jubiläum feierte man mit unterschiedlichen Aktionen und einer prominent besetzten Podiumsdiskussion am Sonntagabend im Kloster. Diese stand unter dem Überbegriff "Kunst interessiert keine Sau", was tatsächlich zu stimmen scheint. Kein Borstenvieh weit und breit zu sehen, dafür fanden zwei Dutzend Zuhörer den Weg in den Veranstaltungsraum des Horber Klosters.

Ein Umstand, den Michael Zerhusen, Vorsitzender des Fördervereins Künstlerhaus, als Triumph über die Ignoranz feierte und damit die These der Autorin Sandra Danicke "Kunst interessiert keine Sau" zumindest für Horb als widerlegt ansah. Ließ man jedoch den Blick durch die Zuhörerreihen schweifen, stellte man schnell fest, dass an dieser These doch was dran sein muss. Die Hälfte der Zuhörer war eng mit dem Künstlerhaus verbandelt, der Rest setzte sich aus Kunstschaffenden und den paar Dauergästen zusammen, die man sonst auch in jeder Vernissage trifft.

Auch in puncto Diskussionsteilnehmer musste Zerhusen etwas improvisieren, da weder Sandra Danicke noch VHS-Direktor Sascha Falk kommen konnten, da beide erkrankt waren und Oberbürgermeister Peter Rosenberger anderweitige Verpflichtungen wahrnehmen musste. Für ihn sprang Bürgermeister Jan Zeitler ein und für das Duo Danike/Falk der Freiburger Kunsthistoriker Christoph Schneider und der Horber Künstler und Kommunalpolitiker Josef Nadj. Der Einzige, der vom ursprünglichen Quartett übrig blieb, war der überaus souverän argumentierende Künstlerhaus-Beirat Ludger Hünnekens, der nach seinem Engagement im Museum Frieder Burda nun als Kulturreferent der Wissenschaftsstadt Darmstadt aktiv ist.

Warum interessieren sich die Leute für Kunst? "Weil es ein Geschäft ist oder weil es die einzigen Spuren sind, die wir hinterlassen"? Zwei Ansichten, die alles andere als einen Konsens ergeben und doch das ganze Thema präzise einkreisen. Ist eine einzelne Fahrradspeiche Kunst und folglich ein ganzes Fahrrad eine Kunstsammlung? Ist es wirklich Kunst, dass drei Künstler, darunter der Bremer Kunstakademieprofessor Markus Löffler, aus den Überresten der Beuysschen Fettecke einen Schnaps brannten? Fragen, die nicht wirklich geklärt werden konnten, die Hünnekens aber als spannende und originelle Aktion, die als Anstoß für einen Diskurs dienen kann, wertet. "Ob nun Fahrradspeiche, Filzanzug oder nur ein Wort, das spielt keine Rolle – die Frage ist, gefällt’s mir oder gefällt’s mir nicht", so Schneider, der betonte, dass man zwar kein Experte sein, sich jedoch mit der Kunst auseinander setzen muss, um ihre Strukturen, ihre Botschaft, zu begreifen. "Kunst ist nicht ultimativ endlich, und um ihre Facetten zu erkennen, muss man genau hinschauen", so Schneider weiter, und Nadj ergänzte, dass man das "Sehen lernen muss".

"Interessiert Kunst in den Entscheidungsgremien der ›Provinz‹ keine Sau"?

Im Themenbereich "Kunstvermittlung", bei der sich Zerhusen an die These "Es geht nicht darum, die Auswahl von Kunst zu verändern, sondern die Qualität der Vermittlung" anlehnte, hatte Jan Zeitler einen revolutionären Gedanken: "Bei den Vernissagen passiert immer alles gleich – ein paar Grußworte, ein Experte spricht – das war’s. Hier müsste sich was ändern. Lasst doch mal bei so einer Ausstellungseröffnung den Bürgermeister ein Bild malen", lehnte er sich ziemlich weit aus dem Fenster. Mit der Präsentation von Kunst im öffentlichen Raum ist man zwar in Horbs Kunstkreisen so einigermaßen zufrieden, mit dem kommunalen Umfeld für Kunst und Kultur jedoch nicht wirklich. "Interessiert Kunst in den Entscheidungsgremien der ›Provinz‹ keine Sau"? wurde der Buchtitel angepasst und der "Schuldige" war schnell gefunden.

Der malende Bürgermeister Zeitler, der leichtsinnigerweise den Satz "Ich orientiere mich am Machbaren" aussprach, wurde für jede Skulptur, die nicht aufgestellt oder jedes Bild, das nicht aufgehängt – oder gar angekauft – wurde, höchstpersönlich verantwortlich gemacht.

Kristina Sauter rief ihm zu: "Wenn alle so denken würden, gäbe es kein Künstlerhaus und kein Kloster." Was am Schluss der Diskussion blieb, das war weiterhin die Frage, warum sich so wenige Menschen für Kunst interessieren – vielleicht, weil sie gar nicht wissen, oder wissen können, was nun Kunst ist oder was auf die Deponie kann – und warum in Deutschland durchschnittlich nur ein Prozent aller öffentlichen Gelder für Kunst und Kultur ausgegeben wird.