Elena Horowitz, Sprecherin der Bürgerinitiative "Rettet das Käsenbachtal" aus Tübingen, und weitere Bürgerinitiativen aus dem Land trafen sich in Horb. Foto: Lück

Bündnisse im Land treffen sich in Horb. Widerstand gegen Flächenverbrauch.

Horb - Der Widerstand formiert sich im Steiglehof. Beim Vernetzungstreffen der Bürgerinitiativen im Lande. Das Ziel: gemeinsam bei der Landesregierung gegen den Flächenverbrauch kämpfen.

Thomas Bauer, Mitglied der Bürgerinitiative (BI) Hau und Holzwiese, bringt das Problem der BIs im ganzen Land auf den Punkt: "Man hat schon das Gefühl, dass die Gemeinden jetzt auf Teufel komm heraus Gewerbeflächen ausweisen. Als Vorratshaltung. Weil das politische Ziel auf Bundesebene ist, bis 2030 den Flächenverbrauch auf Null zu reduzieren. Deshalb wollen die Gemeinden bis zu diesem Zeitpunkt möglichst viele Gewerbeflächen haben. Das führt zu einem Überangebot, das dazu führt, dass die Flächen dann verschleudert werden."

Ein Mitglied der BI Wimsheim, die gegen eine Gold- und Silberscheideanlage – also eine "Müllverbrennung" kämpft: "Die Gemeinden haben die absolute Planungshoheit. Wenn die Gewerbesteuer vom Land erhoben werden würde, dann könnte das Land auch den Landschaftsverbrauch für Gewerbegebiete steuern."

Dietmar Lipkow: "Ich habe den Eindruck, dass die Landesregierung beim Flächenverbrauch schon auf unserer Seite steht. Und das wir überlegen müssen, was wir tun können, damit die Landesregierung dieses Ziel auch umsetzt."

Und genau um dieses Thema ging es am Freitagabend auf dem Vernetzungstreffen der verschiedenen Bürgerinitiativen. Christina Nuss, Sprecherin der BI Hau und Holzwiese, die sich gegen das 25 Hektar große Gewerbegebiet in Ahldorf wehrt: "Aus dem Besuchen von Landes- und Bundespolitikern haben wir den Impuls erhalten, dass wir uns als BIs vernetzen sollen, um dann gemeinsam mit Experten und der Landesregierung ins Gespräch zu kommen." Das Ziel des Treffens im Steiglehof: Wie und mit welchen Kernthemen tritt man auf?

Wenn man die Bürgerinitiativen so hört – es wird teilweise vonseiten der Gemeinden getrickst, damit die Gewerbegebiete kommen. Andre Martin von der BI Wimsheim: "Unsere Gemeinde hat extra Anwälte eingesetzt, damit der Bürgerbescheid nicht durchkommt. Auch die Bürgerbefragung wurde abgeschmettert. Auf dem Modell, welches die neue Silber- und Goldscheide zeigt, wurden die Schornsteine nicht draufgebaut. Für das neue Gewerbegebiet für diese Anlage wurden genau 4,9 Hektar Wald gerodet. Ab fünf Hektar hätte man eine Umweltverträglichkeitsprüfung machen müssen! Als wir eine Demonstration im Gemeinderat gemacht haben, ließ der Bürgermeister die Polizei rufen und die Bürger räumen."

Inzwischen habe man hier fünf Gemeinderäte im Rat, aber nicht die Mehrheit. Erst eine Normenkontrollklage war erfolgreich – der Bebauungsplan wurde für ungültig erklärt.

BI Hau und Holzwiese rechnet mit Bürgerentscheid

Und der Bürgerentscheid – er wird auch von der BI Hau und Holzwiese in Horb angestrebt. Sprecherin Christina Nuss: "Die Gutachten zum geplanten Gewerbegebiet sollen im August kommen. Wir rechnen damit, dass es über kurz oder lang zum Bürgerentscheid in Horb kommen wird."

Dietmar Lipkow von der BI Galgenfeld, die sich gegen das geplante Gewerbegebiet Galgenfeld/Herdweg in Rottenburg-Kiebingen wehrt: "Wir haben es mit 4277 rechtsgültigen Unterschriften geschafft, dass es am 21. Oktober zum Bürgerentscheid kommt. Als Oberbürgermeister Stephan Neher mitbekommen hat, wie viel Unterschriften wir bekommen haben, hat er geschluckt. Weil er weiß, dass er jetzt viele seiner Anhänger aktivieren muss."

Rottenburgs Stadtrat Emanuel Peter (Linke): "Rottenburg ist – wie Horb – in 17 Teilorte zersplittert. Ergenzingen ist der größte mit 4000 Einwohnern. Wenn Galgenfeld nicht durchkommt, ist die Chance groß, dass auch die anderen Bürger die Ausweitung der Gewerbegebiete verhindern können." Er war auch bei der Klausurtagung des Rottenburger Gemeinderats dabei. Peter: "Damals wurde von der Nachfrageorientierten Politik der Gewerbeflächen auf die Angebotsorientierung umgeschwenkt. Im Gutachten, welches dann vorgelegt wurde, wurden 1300 Rottenburger Unternehmen nach ihrem Bedarf an Erweiterungsflächen gefragt. Elf Prozent haben geantwortet. Fünf Prozent wollen erweitern. Das rechtfertigt wohl nicht die Ausweisung von 13 Potenzialflächen."

Es wurde intensiv diskutiert und Erfahrungen ausgetauscht. Horb Nabu-Vorsitzender Lambert Straub weist die BIs noch darauf hin, dass sie sich unbedingt mit dem Nabu vor Ort vernetzen sollen oder auch eintreten sollen. Straub: "In Horb konnten wir beim Windpark und beim Steinbruch einiges bewirken. Weil die Naturschutzverbände wie der Nabu immer alle Unterlagen in die Hand bekommen und auch Stellungnahmen abgeben, die bei den Verantwortlichen auch gehört werden."

Nach drei Stunden Diskussion appelliert noch einmal Dietmar Lipkow: "Die Federführung für die Fragen, die uns verbinden, liegt bei der Politik und nicht bei der Verwaltung. Deshalb ist es wichtig, die Politik mit ins Boot zu holen."

Und Christina Nuss ließ dann über die drei Kernthemen abstimmen. Keine Gegenstimme. Damit gehen die BIs mit folgenden Punkten zum Treffen in Stuttgart: Begrenzung des Flächenverbrauchs, Erhalt der Wohn- und Lebensqualität vor Ort und die Bürgerinitiativen beleben die Demokratie. Durch ihre Expertise würden durch "engagierte Bürger bessere Ergebnisse erzielt als ohne". Dazu müssen die Verwaltungen endlich transparent werden – "Klarheit, Wahrheit, Öffentlichkeit."

Walter Trefz: "Ich bitte und hoffe, dass die Bürgerinitiativen ihre Wertvorstellungen erhalten."

 BI "Rettet das Käsenbachtal" aus Tübingen mit Elena Horowitz. Die Uni-Klinik soll erweitert werden. Dabei soll das Käsenbachtal bebaut werden. Das ist eine Frischluftschneise und Heimat für neun Fledermausarten und 70 Schmetterlingsarten. 

  BI Wimsheim. Kämpft seit Jahren gegen eine Gold- und Silberscheideanlage. O-Ton Andre Martin: "Das ist eine Müllverbrennung." Die BI hat inzwischen fünf Stadträte von zwölf auf ihrer Seite. 

  Schutzgemeinschaft Filder. Seit 50 Jahren aktiv, um den Flächenverbrauch auf den Fildern einzudämmen. Größte Niederlage: 2004 wurde 100 Hektar Boden für die neue Landesmesse neben dem Flughafen verwendet.

 BI "Steinbruch Bölgental – Nein Danke!" Wo sich die A 6 (Heilbronn-Nürnberg) und die A 7 Ulm-Würzburg bei Kirchberg an der Jagst kreuzen, soll ein Steinbruch von 20 Hektar entstehen, weil der alte Steinbruch langsam abgebaut ist. Wolfgang Glasbrenner: "In Crailsheim am alten Steinbruch kann man sehen, wie die Häuser dort zerbröseln. Das wollen wir für Bölgental verhindern." Die BI hat jetzt einen Bürgerentscheid mit knapp 68 Prozent gewonnen.

  BI Galgenfeld Rottenburg. Das Aktionsbündnis kämpft gegen den Plan, das vor ihrer Ortschaft ein mindestens 20 Hektar großes Gewerbegebiet ausgewiesen wird (wir berichteten). Jetzt sind zwei Veranstaltungen geplant – unter anderem eine Podiumsdiskussion mit Vertretern der Stadt. Am 21. Oktober ist der Bürgerentscheid.

  BI Hau und Holzwiese. Hat sich sofort nach den ersten Presseberichten über den Plan der Stadt Horb über ein 25 Hektar großes Gewerbegebiet in Ahldorf gegründet.