Personenbezogene Daten müssen künftig wegen einer neuen Verordnung sicher gespeichert und verarbeitet werden. Foto: Gollnow Foto: Schwarzwälder Bote

Politik: Folgen neuer Verordnung: Narrenzunft sperrt Internetseite / SPD: "Muss nachjustiert werden"

Unzählige E-Mails mit Informationen zur Datenschutzgrundverordnung werden dieser Tage verschickt. Von Unternehmen, Behörden, Kirchen und Vereinen. Alle sind betroffen – und vor allem Vereine nicht selten verunsichert.

Horb. Wer am Freitag die Internetseite der Narrenzunft Horb ansteuert, findet nichts über Figuren wie Kropfer und Hexen – stattdessen steht da folgender Text: "Aufgrund der aktuellen Datenschutzverordnung müssen wir erst einige Dinge klären. Das kann dauern... Und solange ist hier erst mal Pause."

Seit Freitag gilt die neue Datenschutzgrundverordnung. Doch wie das für alle EU-Staaten verbindlichen Datenschutzgesetz mit seinen 100 Unterpunkten auszulegen ist, wissen viele Vereine nicht.

Die Narrenzunft Horb fürchtet offenbar, dass ihr bei Verstößen rechtliche Folgen drohen. So begründet sie jedenfalls die Pause im Netz: "Da weder Gesetzgeber noch Spezialisten Auskunft über die Verwendung bereits getätigter Veröffentlichungen von Bildern, Namen etc. geben können, klären wir nun erst mal, was wer so zu tun hat und wer für was verantwortlich ist. Da der Webmaster auch keine Lust auf Anzeigen beziehungsweise Abmahnungen hat, nehmen wir die Seite vorerst vom Netz!"

Der Verein Ehemalige Synagoge Rexingen hat vor einigen Tagen alle Mitglieder angeschrieben und um Erlaubnis gebeten, sie weiter per Mail kontaktieren zu dürfen. Der Rücklauf war gut, sagt Högerle. Im Grundsatz findet er es auch richtig, dass für große Unternehmen Rahmenbedingungen in Sachen Datenschutz geschaffen wurden. Die Verordnung sei Weltpolitik, die bis in den kleinsten Verein und Betrieb durchsickert. Er berichtet von einer Dokumentation, die er zur politischen Entscheidungsfindung in dieser Sache gesehen hat – "das war ja wie im Krimi". Im Endeffekt hat auch der Fall Edward Snowden – ein ehemaliger Mitarbeiter des amerikanischen Geheimdienstes, der Überwachung durch Geheimdienste öffentlich gemacht hat – dazu beigetragen, dass die Verordnung in der heutigen Schärfe kommt, wie Högerle erfahren hat.

Er ist aber nicht restlos überzeugt: "Auf dem anderen Ende, bei den Vereinen, hat die Bundesregierung aber versagt." Er meint, der Bund hätte zusammen mit den Bundesländern Beratung für Vereine anbieten sollen. "Man kann doch nicht sagen, wir lassen es mal so laufen, lassen die mal zappeln!" Die Vereine kratzten im Internet alles zusammen, was sie zu dem Thema finden können, so sein Eindruck. Und die Verantwortlichen seien aufgeschreckt, fragen sich, ob sie genug für die Datensicherheit tun. So gehe es auch ihm bei seiner Vereinsarbeit, sagt Högerle. "Ich weiß bis heute nicht: Reicht das?"

Auch Parteien sind betroffen, aber durch die Bundespartei beim Thema gut darüber informiert, was zu tun sei, sagt der SPD-Ortsvereinsvorsitzende Jérôme Brunelle. Die Stoßrichtung der neuen Verordnung findet Brunelle richtig. "Bei der Umsetzung muss noch nachjustiert werden, dass alles einfacher und praktikabler wird."

Auch die Kirchengemeinden mussten reagieren. Der katholische Pfarrer Elmar Maria Morein macht keinen Hehl daraus, dass er die Neuerungen für etwas überzogen hält. Von seinem Pfarrbüro ist zu hören, dass der elektronische Schriftverkehr umgemodelt werden musste. Sensible Informationen, beispielsweise Protokolle von Gemeinderatssitzungen, müssen jetzt passwortgeschützt verschickt werden. Ehrenamtliche Mitarbeiter können E-Mails von der Kirche erst lesen, wenn sie sich ein Passwort angelegt haben, das sie bei jeder Mail neu eingeben müssen. Seit gut einer Woche werde das Verfahren verstärkt angewendet.

Ehrenamtliche seien davon nicht begeistert, empfänden es als mühevoll, sagte eine Mitarbeiterin des Pfarramts. Die Folge nach den ersten Erfahrungen: Dass einige Mitarbeiter die Mails gar nicht lesen.

  Worum geht es?

Vom 25. Mai an gelten neue Datenschutzregeln der EU. Der Kern: Die Verarbeitung personenbezogener Daten soll geregelt werden. Zu personenbezogenen Daten gehören zum Beispiel Name, Adresse, E-Mail-Adresse, Ausweisnummer oder die IP-Adresse des Computers.

  Was soll das bringen?

Das Versprechen lautet, dass Bürger die Hoheit über ihre Daten zurückbekommen. Beispiele: Verbraucher müssen informiert werden, wer ihre Daten aus welchem Grund erhebt – und sie müssen zustimmen. Unternehmen und Organisationen müssen dem Bürger auf Anfrage die gespeicherten Daten zur Verfügung stellen. Daten müssen sicher gespeichert werden.

  Was bedeuten die neuen Regeln für Vereine?

Viele Vereine lassen jetzt bei der Anmeldung jedes neue Mitglied eine Erklärung über die Verwendung seiner Daten unterschreiben. Wie die Daten verarbeitet werden, muss ein Verein in einem Verzeichnis festhalten. Wer aus der Vereinsführung mit personenbezogenen Mitgliederdaten umgeht, muss eine Geheimhaltungserklärung abgeben. Wird der Datenschutz verletzt, muss dies dem Landesdatenschutzbeauftragten gemeldet werden. Wenn mindestens zehn Mitglieder oder Mitarbeiter eines Vereins personenbezogene Daten verarbeiten, muss der Verein einen Datenschutzbeauftragten ernennen.