Michael Riecher (†) vor dem Offizierskasino, das er vor einigen Jahren erworben hatte Foto: Hopp Foto: Schwarzwälder Bote

Getöteter Geschäftsmann engagierte sich für jüdischen Betsaal. Umstrittene Persönlichkeit in Stadt.

Horb - Wer war das Opfer Michael Riecher? Einerseits ein geschätzer Geschäftspartner, andererseits auch eine nicht unumstrittene Persönlichkeit in Horb.

"Wir hatten am gleichen Tag – am 12. Januar – Geburtstag, er war nur ein paar Jahre älter", sagt der frühere Horber Oberbürgermeister Michael Theurer, der geschockt auf die Nachricht vom Tod des 57-jährigen Horber Immobilien-Experten und den polizeilichen Ermittlungen wegen eines Kapitalverbrechens reagiert. "Er war ein versierter Baufachmann. Ich bin erschüttert", erzählt der FDP-Bundestagsabgeordnete weiter.

Wie Theurer war auch Riecher ein echter Horber, verwandt mit weiteren bekannten Horber Namen. Sein Onkel war selbst einer der größten Bauherren in Horb: Willy Kreidler. Bei ihm arbeitete er auch bis zum Mauerfall. Dann hatte er das richtige Gespür und investierte in den neuen Bundesländern, hauptsächlich in Leipzig. Das Geschäftsmodell: baufällige Häuser in bester Altstadtlage aufkaufen, sanieren und wieder verkaufen.

In Horb trat er erst wieder so richtig in Erscheinung, als er sich bei einem wichtigen Bauprojekt einschaltete: Die Sanierung des jüdischen Betsaals war ihm eine Herzensangelegenheit. Riecher kaufte das komplette Gebäude, teilte es in Eigentumswohnungen auf und finanzierte so die Sanierung des jüdischen Betsaals. Barbara Staudacher sagt: "Ohne Michael Riecher hätten wir dieses Projekt nie zustande bekommen." Auch Theurer würdigt die Verdienste des Gestorbenen um das historische Gebäude in der Fürstabt-Gerbert-Straße. "Wenn Michael Riecher nicht das finanzielle Risiko der Bauträgerschaft übernommen hätte, säßen wir heute nicht in einem grundsolide sanierten Betsaal", erklärte Theurer im Jahr 2014.

Für den damaligen Fachbereichsleiter Wolfgang Kronenbitter war es ein Beispielprojekt, weil die Ziele der Sanierung an kaum einen anderen Haus in der Region so vorbildlich erreicht wurden: Erhaltung historischer Bausubstanz und Funktion des Stadtbildes, Restaurierung eines denkmalgeschützten Hauses und Sicherung des Wohnens als städtebauliche Grundfunktion

Damals rief Riecher sogar noch eine Spendenaktion ins Leben, um die Dauerausstellung im Museum zu finanzieren. Für jeden gespendeten Euro, der in sechs Monaten auf das Konto des Fördervereins für die Einrichtung dieser Dauerausstellung einging, legte er einen Euro drauf. Das er es ernst meinte, unterstrich er mit dem Satz: "Und dies bis zu einer Summe bis 30 000 Euro."

Riecher verbindet man mit einem weiteren exponierten Gebäude in der Stadt. Als die Konversion der Kaserne anstand, sicherte er sich das ehemalige Offizierskasino. Er liebte dieses Anwesen und den Ausblick auf seinen Heimatort Nordstetten.

Er zeigte auch ein Herz für Flüchtlinge. Bei der Horber Vesperkirche organisierte er Busse, damit Flüchtlinge das Steinhaus besuchen konnten. Zuletzt vermietete er sein Elternhaus an eine Flüchtlingsfamilie.

Doch das Leben von Riecher hatte wohl auch seine Schattenseiten. Als junger Mann habe er einen Hang zur Arroganz gehabt, erinnern sich Weggefährten. Auch mit Teilen der Familie gab es Streit. "Er war nicht überall beliebt und hat wohl auch den ein oder anderen mit seiner direkten Art verprellt", sagen Bekannte. In den letzten Monaten zog er sich immer mehr zurück.